Gefragt nach der wirtschaftlichen Lage Deutschlands sind sich Politiker unterschiedlicher Färbung einig: die Konjunktur ist stabil, die Zeichen stehen sogar auf Wachstum. Vorbei scheint die zögerliche Haltung, die sich nach der Finanzkrise etablierte – „nicht sparen, sondern investieren“ lautet das Motto. Was liegt näher als den Niedrigzins für Kredite als Segen zu begreifen und ein Bankengespräch über Prolongation, Erhöhung der Kreditlinie oder Kreditaufnahme zu initiieren?
Besonders der Mittelstand mit seinen Familienunternehmen könnte profitieren, könnte moderner, digitaler, globaler werden. Auch diese Sehnsucht mag ein Zeichen der Zeit sein. Denn 135.000 Unternehmensnachfolger brechen in den nächsten Jahren auf, um der deutschen Wirtschaft wieder eine Vision zu geben. Ohne die Begleitung der Banken wird dieser Aufbruch kaum gelingen.
Doch Obacht: So mache Bank hat sich verabschiedet von dem Geschäftsmodell der langjährigen Kredite. Viele reagieren kritisch auf eine Änderung im Management, auf ein Changement in der Strategie. In so manchem Bankgespräch wird die Tonalität schroff. Der Berater wechselt. Die Kommunikation versiegt.
Viele Kredite währen nur noch ein Jahr. Doch solch rasanten Schritten kann kaum ein langfristig denkender Mittelständler folgen. Das Denken und Handeln in Dekadenzeiträumen müsste dann auch er durch den vordergründigen Quartalserfolg ablösen. Wer könnte es dann einem Unternehmensnachfolger verdenken, wenn er seine Firma zerschlagen lässt oder ins Ausland verscherbelt, um den großen Rest des Lebens sonnenbeschienen am Strand von Hawaii zu genießen?
Corporate Finance als Abwehrstrategie: Wie es einer Unternehmenserbin trotz ungeregelter Nachfolge mit viel Mut, Entschlossenheit und einer kreativen Corporate-Finance-Strategie gelang, das Lebenswerk des Vaters zu bewahren, erzählt das Buch „Unternehmenszerstörer“ aus dem Springer Gabler Verlag, von dem wir 3 Exemplare verlosen: creditreform-magazin.de/gewinnspiele
Es wäre gut, würden die Banken bei allem eigenen Existenzkampf, bei aller Überregulierung die Wurzeln ihres Geschäftes wiederentdecken und die Empathie für unternehmerische Ziele und Sorgen nicht verlieren. Denn noch sind Familienunternehmen bereit, um Arbeitsplätze zu kämpfen. Sie sind bereit, in die Zukunft zu investieren und Banken als Partner zu wählen, auch wenn einzig die Banker die Spielregeln bestimmen.
Warum Unternehmer ein Corporate-Finance-Konzept brauchen
Bankberater errechnen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Sie triggert ihre Entscheidung zu einem Ja oder Nein bei der Kreditvergabe. Eine Änderung im Management oder eine Nachfolge in Familienunternehmen verbuchen sie daher schnell auf der Contra-Seite im System. Eine Melange aus Umsatz- und Ertragsrückgängen wird negativ betrachtet. Ein Ertragsknick – und sei er noch so kurzfristig – ist für sie kein Schönheitsfehler. Ein Ertragsknick, so der Unternehmer nicht pro-aktiv entgegensteuert, kann schnell die folgende Maßnahmenkette in Gang setzen:
- Brief schreiben und sämtliche Details zu Kennzahlen, Liquidität, Verbindlichkeiten und Sicherheiten einfordern,
- Im Zweifel Einfrieren der Konten, Fälligstellung des Kredites, Ablehnen jeglicher Lösungsvorschläge,
- Verschieben des Falls in die Abteilung ´Work-Out´ (früher auch unter dem Begriff Abwicklung geläufig) und damit Ende der wertschätzenden Kommunikation
Der Unternehmer wiederum hat die Chance, diese Maßnahmenkette zu stoppen, indem er
- den ersten Brief samt Anlage sehr detailreich, sorgfältig und schnell ausfüllt und zurücksendet
- in einem Gespräch fachlich, sachlich Klartext redet.
- eine krisenhafte Situation weder beschönigt noch verschleiert – und niemals emotional wird eine Strategie nach den Corporate-Finance-Regeln vorlegt
- ein Bankengespräch mit höchster Detailverliebtheit vorbereitet. Er sollte Experten um Rat und Begleitung bitten — und zwar solche, die wissen wie Banker denken.
In einem Bankengespräch geht es um Voraussicht der Argumente und um die Kreativität eines Corporate-Finance-Konzeptes. Dieses Konzept entspricht den Standards der Analysten, erklärt den Unternehmenswert, berücksichtigt die einzelnen Wertschöpfungsstufen. Es bricht das komplexe Unternehmen auf eine nachvollziehbare Ebene herunter. Es integriert ratingrelevante Aspekte aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Liquidität, berücksichtigt die finanziellen Anforderungen des Unternehmens und synchronisiert diese mit den Erfordernissen der Kreditgeber und bildet somit die Substanz für eine stabile Zukunfts-Prognose.
Konkret umfasst dieses Papier:
- Ist-Darstellung der wirtschaftlichen und finanziellen Unternehmens im laufenden Geschäftsjahr
- Abgleich zu Vorjahres- und Planergebnis
- Erläuterung wesentlicher Abweichungseffekte und deren quantitativen Auswirkungen
- Darlegung und Bezifferung konkreter Maßnahmen zur Erreichung der Planergebnisse sowohl auf der Zeitachse als auch nach Härtegrad der Erreichbarkeit
- In drohender Verlustsituation Untermauerung der Planprämissen durch einen externen Gutachter
Derart präpariert kann das Werben um die partnerschaftliche Begleitung des Kreditinstitutes gelingen, weil ein solch vorbereitetes Gespräch auf Augenhöhe stattfindet. Handelt es sich um einen temporären Ertragsknick und konnten die Ursachen und deren Behebung herleitbar dargelegt werden, sind die Erfolgschancen hoch.
Peter Tsao-Adolphs ist Geschäftsführer und Mittelstandsberater eines Unternehmensverbundes mit den Schwerpunkten Unternehmens- und Steuerrecht, Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Corporate Finance/strategische Finanzierungsberatung. Im Rahmen seiner Mandate agiert er als Interim-Manager und begleitet Unternehmen als CFO während kritischer Sanierungs- und Restrukturierungsphasen.