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Welche Erwartungen hat ein Käufer an ein Unternehmen? Welche Ziele verfolgt er mit dem Unternehmenskauf? Diese Fragen müssen beantwortet werden, bevor ein Unternehmen verkauft werden soll. Denn: „Je nach Investorengruppe sind die Motive unterschiedlich – und das hat Konsequenzen für Verkäufer und Unternehmen“, mahnt Matthias Tröger, geschäftsführender Gesellschafter der seneca Corporate Finance GmbH, die als M&A-Beratungsunternehmen auf mehr als 200 erfolgreich realisierte Transaktionen zurückblicken kann. „Und: Es kann den Kaufpreis erheblich beeinflussen.“

Strategische Investoren zum Beispiel streben seiner Beobachtung nach in der Regel eine Verbesserung der eigenen Marktposition an. Die Möglichkeit eines Technologiesprungs, die Ergänzung des Produktportfolios, die Chance, durch Synergieeffekte Kostenvorteile zu erzielen – all das wirkt sich positiv auf den Kaufpreis aus, den strategisch agierende Käufer bereit sind zu zahlen. Zudem ist bei strategischen Übernahmen meist das Kapital vorhanden, um das Unternehmen weiterzuentwickeln.

Positiv also für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Dennoch sollte der Verkauf an einen strategischen Investor gut überlegt sein, mahnt Experte Tröger: „Eine Realisierung der besagten Synergieeffekte kann eine Reduzierung von Mitarbeitern oder Standorten bedeuten.“ Ein Risiko liege auch in der unvermeidbaren Weitergabe von Interna und Produktionsgeheimnissen an den Konkurrenten im Vorfeld des Unternehmensverkaufs. Im Falle eines Scheiterns der Verhandlungen muss der Interessent integer und vertrauenswürdig sein, er darf die erworbenen Informationen also nicht zu seinem Nutzen verwenden.

Gewinnbringender Weiterverkauf
<BR/> Finanzinvestoren dagegen sind laut seneca Corporate Finance an Betriebsoder Produktionsgeheimnissen kaum interessiert: „Sie zielen auf einen gewinnbringenden Weiterverkauf des erstandenen Unternehmens nach einigen Jahren ab – weniger auf die Mitwirkung am Firmengeschehen“, erklärt Matthias Tröger. Deshalb kämen grundsätzlich nur Firmen mit erfahrenem Management, einem etablierten Marktauftritt und konstantem, deutlichem Ertrag für eine Investition in Frage. Und: Die Wachstumsperspektiven eines Unternehmens müssten zum Zeitpunkt der Veräußerung klar auf der Hand liegen. Für das Unternehmen brauche das kein Nachteil zu sein, beruhigt der Experte: „Finanzinvestoren können mit großer Kapitalkraft die Entwicklung eines Unternehmens unterstützen und bieten oft ein weites Netzwerk aus dem Kreis der Fondsunternehmen.“ Analysen bestätigen dem M&A-Beratungsunternehmen zufolge diese Vorteile, doch sei darauf zu achten, dass die Finanzierung der Transaktion stabil ist, „damit bei einer verschlechterten Wirtschaftslage keine existenziellen Probleme entstehen“.

Als interessante Alternative haben sich Management-Buy-in oder -Buyout erwiesen. Da externe oder interne Manager selten über die erforderlichen Mittel zur Realisierung einer Transaktion verfügen, werden diese häufig gemeinsam mit Beteiligungsgesellschaften finanziert. Die Kombination der fachlichen Kompetenz des Managers mit der Finanzkraft der Beteiligungsgesellschaft ist für den Erhalt des Unternehmens, der Standorte und Mitarbeiter positiv zu bewerten. Für den Verkäufer birgt der Buy-out des eigenen Managements jedoch das Risiko, dass die Verhandlung eines möglichst vorteilhaften Kaufpreises schwierig wird. Dieser ist nicht im Interesse des Managers, der zudem wie kein anderer über substanzielle Argumente verfügen sollte, warum dieser Kaufpreis nicht gerechtfertigt sein könnte.

Seit einigen Jahren treten auch verstärkt Family Offices als Unternehmenskäufer auf. „Nach den negativen Erfahrungen mit Investments auf den Finanzmärkten und der aktuell uninteressanten Verzinsung von Kapitalanlagen suchen diese alternative Investments“, beobachtet Matthias Tröger. Da der Immobilienmarkt aktuell zur Blasenbildung neige, gerieten Investitionen in Unternehmen immer mehr in den Vordergrund: „Sie bieten interessante Renditen und weitgehenden Schutz vor der in Zukunft erwarteten Erhöhung der Inflation.“ Positiv für die Unternehmen sei, dass die Strukturen erhalten bleiben und durch das Netzwerk und die Expertise des Family Office oft neue Impulse gegeben werden. „Solvenz und Diskretion stehen hier außer Frage“, heißt es bei seneca Corporate Finance in Nürnberg.

Seit nunmehr einigen Jahren interessieren sich Investoren aus BRICS-Ländern (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) für deutsche Unternehmen. Kein anderes Land in Europa ist unter technologischen Aspekten und im Hinblick auf den Zugang zu den internationalen Märkten von vergleichbarer Attraktivität. Befürchtungen, der ausländische Investor könne Technologie und Know-how abziehen, um im Heimatland selbst günstiger zu produzieren, haben sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Oft bietet die wechselseitige Platzierung von Produkten auf dem jeweiligen Markt beiden Transaktionspartnern neue Absatzmöglichkeiten. Der kulturelle Austausch bietet für beide Unternehmen eine Herausforderung und birgt Impulse für Innovation und Flexibilität.

Interessante Renditen gesucht

„Natürlich ist die Abwicklung einer Transaktion mit einem Investor aus diesen Ländern komplex“, räumt seneca-Mann Tröger ein. Zuerst müsse geprüft werden, welche Interessen der Investor verfolge – und ob er überhaupt die erforderlichen Mittel zur Finanzierung der Transaktion besitze. Darüber hinaus würden beide Seiten mit einer „unbekannten Verhandlungsmentalität“ konfrontiert, die einen nachvollziehbaren Interessensausgleich erschwere. „Das kann ein M&A-Professional jedoch in der Regel leisten“, versichert der Fachmann gewiss nicht ohne Hintergedanken.

Die Suche nach Investoren in den unterschiedlichen Bereichen mag der Suche nach der „Nadel im Heuhaufen“ gleichen. Doch M&A-Berater dürften zahllose Kontakte, gute Verbindungen zu Banken und Geschäftspartnern haben und können in der Regel auf aktive Käufer und Verkäufer zurückgreifen. Außerdem würden nationale und internationale Datenbanken durchforstet, Verbände und öffentliche Institutionen kontaktiert, versichert Tröger. Den richtigen Transaktionspartner zu finden, sei eben kein Zufall – sondern das Ergebnis akribischer Arbeit, professionellen Networkings und langjähriger Erfahrung.

Ingo Schenk