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Creditreform

Von Gerd Zimmermann

Parallel zu seiner Nachfolgeregelung will Karl Stubenhaar, Inhaber eines Autohauses in Dresden, gleich auch seine Altersversorgung regeln. Klar ist: Seine private Vorsorge fürs Alter reicht nicht aus – nun will der Unternehmer über den Verkaufspreis seines Betriebs diese Lücke schließen. In der Aufbauphase hat er nicht ausreichend an eine Vorsorge im Alter gedacht, heute stellt das Unternehmen sein wesentliches Vermögen dar. Doch unabhängig hiervon möchte Stubenhaar in der Firma auch künftig noch etwas mitmischen – hierzu will er einen Beratervertrag mit seinem Nachfolger abschließen. Als Anreiz schwebt ihm vor: Der Käufer übernimmt den Betrieb gegen Zahlung einer zeitlich begrenzten oder lebenslangen Rente. Dem neuen Inhaber würde ein solcher Schritt die Übernahmefinanzierung erleichtern, schließlich ist die Kaufsumme nicht auf einmal fällig.

Wie das Institut für Mittelstandsforschung beobachtet, sind solche Absichten derzeit typisch bei KMU, vor allem in Familienbetrieben. Allerdings: Nur wenigen Machern gelingt es, diese Ambitionen auch um- oder durchzusetzen. Häufig werde der richtige Zeitpunkt des Ausstiegs verpasst, weil der Inhaber sich für unentbehrlich hält oder seinen Betrieb „noch nicht im optimalen Übergabezustand“ sieht. Gemäß einer Institutsstatistik werden etwa 22.000 übernahmewürdige Familienunternehmen pro Jahr an einen oder mehrere Nachfolger – aus der Familie oder extern – übergeben. Rund 290.000 Beschäftigte sind davon betroffen. Ein Unternehmen gilt dann als übernahmewürdig, wenn es mindestens einen Jahresgewinn von 50.000 Euro abwirft.

Was die Versorgungsleistungen für den Verkäufer betrifft, so setzt der Kölner Steuerberater Lothar Jasper voraus, dass eine „existenzsichernde Wirtschaftseinheit“ übertragen wird – und die Versorgung des bisherigen Inhabers damit „aus dem übernommenen Vermögen zumindest teilweise sichergestellt“ ist. Mit einer solchen „existenzsichernden Wirtschaftseinheit“ ist übrigens nicht nur ein Betrieb gemeint: Die Finanzverwaltung kann durchaus auch Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile sowie Anteile an Kapitalgesellschaften als „existenzsichernd“ bewerten.

Rente statt Rate

Doch Vorsicht: „Wer die Nachfolgeregelung hinaus zögert und den richtigen Übergabezeitpunkt verpasst, muss nicht selten beträchtliche finanzielle Einbußen hinnehmen“, mahnt Erich Helfrich, Buchautor und früherer Leiter des Bereichs Existenzgründung und Unternehmensförderung bei der IHK Würzburg-Schweinfurt. Ein plötzlicher, zeitlicher Übergabedruck könnte etwa entstehen, wenn der Inhaber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weitermachen kann. Die mögliche Folge bei einem hastigen Rentenübergabemodell: geringere monatliche Zahlungen. Helfrich empfiehlt deshalb, schon zehn Jahre vor der geplanten Übergabe nach einer möglichen Nachfolgerlösung Ausschau zu halten – und dabei auch gleich den Verkauf gegen „wiederkehrende Zahlungen“, so die Fachbezeichnung, mit zu berücksichtigen. Dabei sei allerdings darauf zu achten, dass letztlich tatsächlich „Renten“ und nicht „Raten“ gezahlt werden. „Hier bestehen wesentliche Unterschiede in der Berechnung und steuerrechtlichen Behandlung“, betont der Oberndorfer Steuerberater Johannes Missel. So wird eine auf maximal zehn Jahre angelegte Ratenzahlung steuerlich wie ein Barkauf oder Kauf gegen Einmalzahlung behandelt. Folge: Der Veräußerungserlös ist sofort zu versteuern.

„Übersteigt der Zahlungszeitraum hingegen zehn Jahre, so wird steuerrechtlich von einer Rentenzahlung ausgegangen, für die hinsichtlich der Besteuerung Wahlmöglichkeiten bestehen“, stellt der Berliner Unternehmensberater Thomas Schmidt klar. Der Firmenveräußerer kann sich für eine Sofortbesteuerung, die sich auf den Veräußerungsgewinn bezieht, entscheiden – oder für eine Zuflussbesteuerung, die von nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb ausgeht. Steuerliche Behandlungsunterschiede ergeben sich auch aus dem Verhältnis des Firmenchefs zum Nachfolger: Ist er ein Familienmitglied oder ein Außenstehender?

Für Norman Peters, Geschäftsführer des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV), birgt jede Betriebsübergabe für Veräußerer und Übernehmer Steuerfallen, die sich aber mit Hilfe eines versierten Steuerberaters umgehen lassen. Steuerfallen gibt es unter anderem bei der Einkommens-, Gewerbe-, Umsatz-, Schenkungs- und Grunderwerbsteuer. Grundsätzlich gilt: Eine Ratenvereinbarung bezieht sich hauptsächlich auf die Kaufpreisfinanzierung des Nachfolgers. Bei einer Rentenvereinbarung wiederum steht die Altersvorsorge des Firmenveräußerers im Vordergrund.

Mit Leibrente in den Ruhestand

Mit Leibrente in den Ruhestand

Bei den widerkehrenden Rentenbeiträgen ist zu differenzieren zwischen „dauernde Lastrente“, „Zeitrente“ und „Leibrente“. Welche Variante zum Tragen kommt, gibt der Firmenverkäufer vor, so Kurt Hamann, Steuerberater im württembergischen Güglingen. Bei der „dauernden Last“ handelt es sich um regelmäßige, für mindestens zehn Jahre vereinbarte Versorgungszahlungen, deren Höhe unterschiedlich ausfallen kann. Denn die Zahlungsverpflichtung hängen von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und des Nachfolgers ab – also etwa vom erzielten Umsatz und Gewinn. Letztlich bestimmt der Nachfolger die jeweilige Beitragshöhe. Die regelmäßige und in der Höhe gleichbleibende „Zeitrente“ läuft einen definierten Zeitraum lang, ebenfalls mindestens zehn Jahre. In der Machart gleicht sie einer längerdauernden Ratenzahlung.

Und der dritte Weg? „Die Leibrente ist eine typische Versorgungsrente“, sagt Jens Laugesen, Steuerberater in Hannover. Sie wird vom Unternehmensnachfolger bis zum Tod des früheren Firmeninhabers in gleichen Zeitabständen und in gleicher Höhe geleistet. Die Höhe ist von der Lebensdauer des Rentenempfängers abhängig. Diese wird theoretisch nach der amtlichen Lebensdauerstatistik für Männer und Frauen des Statistischen Bundesamts bestimmt. Die Lebenserwartung in Deutschland steigt, die Statistik wird ständig angepasst. Heute neugeborene Jungen werden durchschnittlich 77 Jahre und 9 Monate, neugeborene Mädchen 82 Jahre und 9 Monate alt. „Gewöhnlich erlischt der Zahlungsanspruch mit dem Tod des einstigen Betriebsinhabers“, informiert Steuerberater Jaspers. Nicht ganz unüblich seien aber auch Vereinbarungen, die die Weiterzahlung an Erben oder die Auszahlung einer Restsumme vorsehen.

Wer sich auf eine Firmenübergabe gegen Rentenzahlung einlässt, ist gut beraten, wenn er seinen Anspruch absichert: „Zahlungen sollten wertgesichert erfolgen“, meint der Berliner Berater Schmidt. Zumal sie vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens und damit auch vom unternehmerischen Geschick des Nachfolgers abhängen. Zu empfehlen ist eine dingliche Absicherung über Grundstücke, Gebäude oder über einen Eigentumsvorbehalt. Eine Alternative ist eine Bankbürgschaft, welche die künftigen Zahlungen garantiert. Nicht selten wird in Absicherungsverträgen auch festgehalten, unter welchen Voraussetzungen die Unternehmensübertragung rückgängig gemacht werden kann. Die Rückabwicklung könnte zum Beispiel bei Ausscheiden des Nachfolgers aus dem Unternehmen ratsam sein. Überlegenswert ist auch eine Veräußerungsbeschränkung für den Unternehmensnachfolger, mit ihr kann der Übergang der Firma an Dritte verhindert werden.

Zuerst erschienen in: Creditreform 4-2013

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