Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Während die US-Notenbank das Leitzinsniveau in kleinen Schritten bereits wieder anhebt, wird die Europäische Zentralbank weiter abwarten. Die Volkswirte der befragten Banken und Verbände sind sich einig: Unternehmer sollten sich darauf einstellen, dass die Zinsen erst im Laufe des Jahres 2019 nennenswert steigen. 

Pia Jankowski, Deutscher Sparkassen- und Giroverband

„In den USA ist die Zinswende bereits eingeleitet und wird sich 2018 voraussichtlich in mehreren Schritten fortsetzen. Da die EZB ihre Zinsinstrumente erst nach dem Ende ihres mindestens bis September 2018 laufenden Anleiheankaufprogramms anfassen will, ist im Euroraum frühesten 2019 mit ersten Normalisierungen aus dem negativen Leitzins heraus zu rechnen. Am Kapitalmarkt, bei längeren Zinsbindungslaufzeiten, kann allerdings schon eine Zinssteigerungen vorwegnehmende Entwicklung einsetzen. Solange die Einlagefazilität und andere Zentralbankgelder mit negativen Zinssätzen belegt sind, ist allerdings nicht auszuschließen, dass auch für Kundengelder in größerer Stückelung Negativzinsen oder Guthabengebühren weitergegeben werden müssen.“

Andreas Bley, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR)

„Die Zinswende ist noch weit entfernt. Ich rechne angesichts der jüngsten Äußerungen der EZB erst für 2019 mit einem ersten Zinsschritt. Sinnvoll wäre es natürlich, wenn die Geldpolitik schon vorher handeln und zumindest auf Negativzinsen verzichten würde. Wahrscheinlich werden jedoch die Belastungen durch die extrem niedrigen Zinsen noch lange anhalten. Doch es kann auch sein, dass die EZB die Inflationsgefahren unterschätzt. Unternehmen sollten sich daher auch darauf einrichten, dass die Löhne und die Inflation im Euroraum mittelfristig doch schneller anziehen könnten. Dann würde der Realzins noch stärker negativ werden und die Geldpolitik müsste dann noch schneller und deutlicher an der Zinsschraube drehen.“

Stefan Bielmeier, DZ-Bank

„Die EZB hat sich mit der Verlängerung der Anleihekäufe bis September 2018 für eine sehr vorsichtige und langsame Normalisierung der Geldpolitik entschieden. Dies werten wir als Hinweis darauf, dass die Leitzinsen im Euroraum noch für eine beträchtliche Zeit niedrig bleiben werden. Eine Erhöhung des Refinanzierungssatzes dürfte erst Mitte 2019 anstehen. Insgesamt bleibt die Geldpolitik in den kommenden Quartalen sehr expansiv. In Deutschland war zuletzt ein deutlicher Anstieg der langfristigen Unternehmenskreditbestände mit einer Laufzeit von über fünf Jahren zu beobachten. Dafür sorgten die anhaltend niedrigen Zinsen in Verbindung mit der Angst vor längerfristig steigenden Zinsen. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen.“

Jörg Zeuner, KfW Bankengruppe

„Die Wende bei den Kapitalmarktzinsen haben wir bereits im Herbst 2016 gesehen. Deren sanfter Anstieg dürfte sich im Jahr 2018 fortsetzen. Die Europäische Zentralbank wird ihre Leitzinsen wohl erst 2019 anheben. Aufgrund des etwas höheren Kapitalmarktzinsniveaus sollten die Belastungen durch zusätzliche Pensionsrückstellungen leicht zurückgehen. Bereits existierende Guthabengebühren dürften angesichts des als unverändert erwarteten, negativen Einlagensatzes der EZB allerdings bestehen bleiben.“

Klaus Bauknecht, IKB Deutsche Industriebank

„Noch dominiert auf beiden Seiten des Atlantiks die Einschätzung, dass trotz niedriger oder sinkender Arbeitslosenquoten kein bedeutender Inflationsdruck entstehen sollte. Dennoch ist das Risiko einer Korrektur am langen Ende der Zinskurven nicht zu unterschätzen. Jahrelang haben Prognosen die Inflation überschätzt; im Schatten der anhaltend guten Konjunktur könnte sie durchaus auch nach oben überraschen. Unternehmen sollten deshalb die aktuell immer noch sehr niedrigen Renditen und positiven Risikobewertungen der Märkte für sich nutzen.“

Dominik Lamminger, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB)

„Exogene Schocks wie der Brexit oder die überraschende Wahl von Donald Trump wurden auch aufgrund der zu expansiven Geldpolitik zuletzt nahezu ohne Auswirkungen von den Märkten weggesteckt. Die Konjunktur ist robust. Je länger diese Geldpolitik anhält, desto größer werden allerdings die Risiken bei einer deutlichen Zinswende. Die EZB sollte schnell und sehr transparent ihren Pfad darstellen. Die Kreditvergabe könnte spätere Zinserhöhungen antizipieren und auf einem geringen Zinsniveau bereits leicht steigen.“

 

Zurück zu Teil I: Weiter auf Wachstumskurs

Weiter zu Teil III: Nicht nachlassen