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Herr Feldbusch, Sie sind der Tea-Master von Meßmer. Trinken Sie morgens zum Wachwerden trotzdem erst mal eine schöne Tasse starken Kaffee?

Fast. Zu Hause starte ich mit einem Latte Macchiato in den Tag. Im Büro angekommen, brühe ich mir als Erstes eine Kanne schwarzen Tee, entweder einen Darjeeling oder einen Assam, die ich dann im Laufe des Vormittags zu mir nehme.

Wenn Sie Tee trinken, was machen Sie anders als andere Menschen?

Meine Erwartungshaltung ist wohl höher als bei jedem anderen. Das heißt: Ich schmecke mehr als der normale Konsument. Ein Assam oder eine Ostfriesische Mischung soll zum Beispiel kräftig mit einem malzigen Charakter daherkommen, die sich durch etwas Kandis noch weiter herausarbeiten lässt und so den vollen Geschmack bietet. So trinke ich auch meinen Tee am liebsten. Und wenn ich mir einen Moment dafür nehme, dann möchte ich ihn auch genießen und abschalten können.

„Man trinkt Tee, um den Lärm der Welt zu vergessen“, sagte der chinesische Gelehrte T’ien Yiheng. Das gelingt Ihnen also?

Ja, da ist schon viel Wahres dran. Wenn ich Stress habe, schenke ich mir bewusst eine Tasse Tee ein, lehne mich zurück und schalte kurz ab. So bekomme ich doch immer mal wieder eine andere Sichtweise auf Dinge, gerade wenn ich mich an einem Thema festgebissen habe. Dazu kann ich jedem nur raten, um sich ein höheres Bewusstsein für Situationen zu schaffen und neue Wege zu finden. “ Seit dem Ende Ihrer Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann beschäftigen Sie sich mit dem Import, dem Testen und den passenden Mischungen von Tee-Pflanzenteile.

Kann jeder Tea-Master werden?

Jeder, der gut oder überdurchschnittlich gut riechen und schmecken kann, ist zunächst einmal für den Beruf geeignet. Doch es ist eine Frage der Zeit, die ein Interessent investieren muss. Er braucht einen guten Lehrmeister, der ihm die äußerst spezifischen Eigenschaften der Teesorten vermitteln kann. Und er muss vor allem viel Geduld haben. Die Ausbildung dauert fünf bis sieben Jahre und erst im Laufe dieser Zeit werden sich die sensorischen Fähigkeiten entwickeln.

Probieren geht dabei über studieren?

Ja, und das immer und immer wieder. Jeden Tag probiere ich rund 200 Tassen Tee. Da mein Team und ich für die sensorische Qualitätskontrolle sämtlicher Produkte und Verkaufschargen der Ostfriesischen Tee Gesellschaft, kurz OTG, zuständig sind, haben wir ständig etwas geschmacklich zu bewerten.

Nur, was ist, wenn Sie jahreszeittypisch eine Erkältung haben? Dann können Sie Ihren Job nicht ausüben.

Ein richtig kräftiger Schnupfen ist das Schlimmste, was mir passieren kann. Ich kann nicht richtig probieren und muss mich frühzeitig ausklinken aus den Verkostungen, damit ich nicht auch noch meine Kollegen anstecke. Das passiert uns allen aber zum Glück meist nur einmal pro Jahr, ansonsten sind wir sehr fit.

In einem Beutel sind gerade mal rund zwei Gramm Tee. Wie kriegen Sie da immer wieder neuen Geschmack rein, wo sie doch ausschließlich natürliche Zutaten verwenden dürfen?

Wir arbeiten mit dem Marketing zusammen und adaptieren allgemeine Genusstrends auf Tees. Zurzeit ist das zum Beispiel Ingwer, zu dem wir verschiedene Mischungen entwickelt haben, von denen auch noch welche in diesem Jahr neu auf den Markt kommen. Natürlich ist es auch immer wieder ein Ausprobieren mit Verkaufserfolgen und Ladenhütern. Manche Trends verschwinden schnell wieder, andere, wie beispielsweise Rooibus-Tee, etablieren sich fest. Das klappt bei Beuteltee genauso wie bei loser Ware. Denn, um gleich noch ein Gerücht auszuräumen, in den Beuteln sind genau dieselben Zutaten drin, nur dass sie kleiner geschnitten oder ausgesiebt sind.

Um deren hohe Qualität sicherzustellen, sind Sie weltweit unterwegs. Welche Momente auf Ihren Reisen werden Sie nie vergessen?

Das schlimmste Erlebnis war ein Flug in Nordindien von Darjeeling nach Assam. Da geriet die Maschine in heftige Turbulenzen, das ganze Essen flog durch die Kabine. Als ich wieder gelandet war, habe ich doch mehr als einen Moment innegehalten. Aber sonst sind die Reisen immer sehr positiv, vor allem geprägt von spannenden menschlichen Begegnungen.

Was fasziniert Sie daran?

Mich beeindruckt es immer wieder, wie freundlich und gut gelaunt die Menschen in den Teegärten sind. Sie wissen um den großen Wirtschaftsfaktor, den sie durch die Pflanzen haben. Mittlerweile sind durch die Begegnungen auch freundschaftliche Kontakte entstanden, sodass die Wiedersehensfreude bei jedem Besuch groß ist. Aber wenn es dann um den Tee geht, gilt bei mir einzig und allein die Einhaltung aller Qualitätsstandards.

Als einer von gerade mal 20 Tea-Mastern in Deutschland mit diesem großen Erfahrungsschatz könnten Sie sich den Arbeitgeber doch sicher aussuchen.

Es ist ein Geben und Nehmen. Meine Kollegen und ich werden vom Unternehmen gehegt und gepflegt. Doch der Markt ist auch sehr klein und es wäre blauäugig zu denken, dass ich mir den Job komplett frei aussuchen könnte. Zur meiner Freude habe ich mit der OTG einen Arbeitgeber gefunden, der gut zu mir passt. Somit bin ich auch schon seit 19 Jahren im Unternehmen. Und, nicht zu unterschätzen, ich habe einen der wenigen sehr krisensicheren Jobs. Denn Tee wurde und wird in Deutschland immer getrunken. Für diese Aussage bräuchte ich noch nicht mal Experte zu sein.