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Arbeit, Arbeit, immer nur Arbeit? Der Job allein reicht selten aus, um ein erfülltes Leben zu führen. Eine Bucket List hilft Workaholics, die Dinge anzugehen, die sonst noch zählen.
Fallschirm springen, das schönste Mädchen der Welt küssen, den Mount Everest besteigen und so sehr lachen, bis man weint: In dem Film „Das Beste kommt zum Schluss“ (Originaltitel: „The Bucket List“) spielen Jack Nicholson und Morgan Freeman zwei unheilbar Krebskranke, die feststellen, dass sie noch längst nicht alles erlebt haben, was zählt.
Als Edward Cole und Carter Chambers türmen sie aus dem Krankenhaus, um ihre Bucket List abzuarbeiten. „Kick the bucket“ heißt übersetzt „den Löffel abgeben“ – also sterben. Bis dahin wollen die beiden so viele Punkte auf der Liste abhaken wie möglich.
Eine Bucket List – das ist nicht nur etwas für Hollywood-Produzenten und Drehbuchschreiber. Auch in der Realität fallen Wünsche wie die von Cole und Chambers dem Dauerlauf im Hamsterrad zum Opfer. Weil schlichtweg die Zeit fehlt – sowohl fürs Reflektieren als auch fürs Umsetzen.
„Mir wäre die Gefahr, auf dem Sterbebett etwas zu bereuen, das ich nicht getan habe, zu groß.“
Michael Portz, Unternehmer und Coach
Wer im Job Verantwortung trägt, darf als besonders gefährdet gelten: Führungskräfte kommen den Vergütungsanalysten von Compensation Partner zufolge in ihrem Berufsleben im Schnitt auf 15.430 Überstunden, was etwa einem Jahr und sieben Monaten entspricht.
Eine Studie des Softwareanbieters Sage ergab, dass mehr als die Hälfte aller Kleinunternehmer in Deutschland über 40 Stunden pro Woche arbeitet. Zeit, die an anderer Stelle fehlt: 52 Prozent von ihnen haben schon mal eine Verabredung wegen der Arbeit abgesagt, 19 Prozent gönnen sich nicht einmal Urlaub.
Ziele im Blick behalten
Eine Bucket List hilft dabei, Träume und Ziele trotz stressigem Geschäftsalltag im Blick zu behalten und sie Wirklichkeit werden zu lassen. „Für mich ist der Sinn einer Bucket List, meine Wünsche und Ziele auch wirklich anzugehen und sie nicht auf später zu verschieben“, sagt Unternehmer und Coach Michael Portz.
„Mir wäre die Gefahr, auf dem Sterbebett etwas zu bereuen, das ich nicht getan habe, zu groß.“ Um auf ein erfülltes Leben zurückzublicken, müsse man nicht gleich den Kilimandscharo erklimmen: „Vielleicht ist es für mich ja das Größte, meine Tochter von der Schule abzuholen.“
Portz merkte schon vor Jahren: Zufriedenheit, Glück und das Erfüllen seiner Wünsche liegen eng beieinander. Im Alter von 42 Jahren verkaufte er Anteile seiner Firma und hakte einige Punkte auf seiner Bucket List ab: in mehreren Ländern in unterschiedlichen Jobs arbeiten, eine Weltreise machen, Fallschirm springen. Schon im Studium hatte er in einer Band gespielt und professionell Musik gemacht – ein ganz wichtiger Punkt auf seiner Liste.
„Irgendwann passierte etwas Interessantes. Es kam der Moment, in dem ich dachte: Wenn ich jetzt sterbe – ist okay. Ich habe zwar viel gearbeitet, hatte meine Höhen und Tiefen, aber ich habe auch viele Privilegien genossen. Mir wurde klar: Ich habe ein erfülltes Leben gelebt.“
Diese Erkenntnis hat Portz geprägt. Deshalb motiviert er auch die Teilnehmer in seinen Führungskräfte-Coachings, sich mit ihren Lebenszielen zu befassen. Portz konfrontiert sie dabei schonungslos mit der Endlichkeit des eigenen Lebens: „Zu Beginn male ich einen Grabstein auf den Flipchart und frage: Was ist die eine Sache in eurem Leben, über die ihr an eurem Todestag denkt: Toll, dass ich das gemacht habe?“
Fünf Schritte zur Bucket List
Fragen stellen: Was bringt mich zum Lachen? Wovon habe ich als Kind geträumt? Welche Geschichte fasziniert mich und warum? Fragen wie diese helfen, passende Ziele zu finden.
Inspirieren lassen: Blogs und Bücher regen an – etwa der Reiseführer „1.000 Places to see before you die – die neue Lebensliste für den Weltreisenden“. Spannende Bucket-List-Ideen gibt es im Internet zum Beispiel im Blog daringtolivefully.com.
Ideen aufschreiben: Schreiben Sie zunächst alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt – aussortiert wird später.
Fokussieren: Sind Sie wirklich der Typ, der Paragliden will? Vielleicht bereitet es Ihnen mehr Freude, öfter mal mit Ihrer Frau zu Ihrem Lieblingsitaliener zu gehen. Schauen Sie sich Ihre Ideen an und streichen Sie, was nicht so wichtig ist.
Ordnen: Verschieben Sie nicht alles auf den Ruhestand. Sortieren Sie Ihre Ziele in kurz-, mittel- und langfristig und achten Sie darauf, dass von allem etwas dabei ist. Vielleicht gibt es einen Punkt, den sie sofort umsetzen können?
Ulrike Luckmann nutzt Visualisierung als Methode, um herauszuarbeiten, was ihren Kunden wichtig ist. Luckmann hilft als Autorencoach Trainern und Speakern beim Schreiben von Expertenbüchern und sucht häufig zu Beginn gemeinsam mit ihren Klienten nach deren Zielen und deren Positionierung.
Dazu drückt sie ihnen einen Stapel Zeitschriften unterschiedlicher Genres in die Hand – von der „Vogue“ bis zum „Manager Magazin“ – und bittet sie, auszuschneiden, was sie anspricht, es auf Karton aufzukleben und daraus eine Collage zu machen. „Am Ende kommt ein Vision Board heraus, das ‚Da möchte ich in fünf Jahren stehen‘ visualisiert.“
Das müssen ihre Kunden dann verschriftlichen, denn das Aufgeschriebene hilft dabei, gesteckte Ziele umzusetzen. „Das geschriebene Wort entfaltet eine größere Kraft als das Gesagte oder Gedachte“, sagt Luckmann. „Menschen, die ihre Ziele aufschreiben, verinnerlichen sie stärker.“
Michael Portz weiß: „Auch wenn ich die Liste nicht ständig vor Augen habe, arbeitet sie doch in meinem Unterbewusstsein. So nehme ich beispielsweise Gelegenheiten eher war, die mich meinen Zielen näherbringen.“
Bloß nicht kneifen
Serien-Unternehmensgründer Thomas Jakel nimmt sich viel Zeit, um seine Ziele zu reflektieren, ihre Umsetzung zu planen und sie zu korrigieren: Jeden Sonntag hält er sich frei und zwei komplette Wochenenden im Jahr. Dann fragt er sich: „Ist mir dieser oder jener Punkt noch wichtig? Gibt es ein neues Ziel, das auf die Liste kommt? Und vor allem: Was muss passieren, damit die einzelnen Punkte wahr werden?“
Er nutzt verschiedene Methoden, sich selbst in die Pflicht zu nehmen und dafür zu sorgen, das Geschriebene auch wirklich in die Tat umzusetzen. „Als ich zum Meditieren ins Kloster gehen wollte, habe ich einen Termin geblockt und einen Flug gebucht – damit war klar, dass ich das auch wirklich mache.“
Unter Zugzwang setzte sich Jakel auch bei seinem Ziel, als Coach arbeiten zu wollen: „Ich habe auf Facebook gepostet, dass ich ein Coaching gratis anbiete. Da konnte ich schlecht kneifen.“
Stehen größere Ziele auf der Liste, empfiehlt Beraterin Luckmann die Arbeit mit Teilzielen: „Wenn sich jemand vornimmt ‚Ich werde der wichtigste Experte in meiner Branche‘ kann ihn das leicht erschlagen. Viel einfacher ist es, zu sagen: Ich veröffentliche jede Woche einen Blogbeitrag, spreche einmal im Monat auf einer Konferenz und schreibe in diesem Jahr ein Fachbuch.“
In dem Film „Das Beste kommt zum Schluss“ sorgte die Bucket List für ein Happy End – wenn auch für ein tränenreiches. Edward Cole und Carter Chambers alias Jack Nicholson und Morgan Freeman konnten noch viele Haken an die Punkte auf der Liste machen. An welche – das soll hier nicht verraten werden.
Einfach machen
So bekommen Sie Haken an die Punkte auf Ihrer Bucket List:
Kleine Erinnerungen in den Alltag einbauen. Legen Sie die Liste ausgedruckt an Stellen aus, an denen Sie sie oft sehen. Installieren Sie ein Bild, das eines Ihrer Ziele visualisiert, als Hintergrund auf dem Handy oder als Bildschirmschoner. Auch ein Passwort dient der Erinnerung an Ihre Bucket List: etwa Prio1_Buck@t!
Ziele in Teilziele zerlegen. Beispiel: Sie wollen eine Reise nach New York planen und können dafür drei Sonntage lang eine Stunde erübrigen. Erster Sonntag: Termine suchen und blocken; zweiter Sonntag: Reiseführer besorgen, Flug und Unterkunft buchen; dritter Sonntag: Aufenthalt planen (etwa Visum beantragen, Aktivitäten falls nötig vorbereiten).
Zeit zum Reflektieren blocken. Nehmen Sie sich die Liste regelmäßig vor und prüfen Sie, ob sie Punkte hinzunehmen oder streichen möchten.