Mein Mann, meine Frau, unsere Firma. Ehe- und Lebenspartner, die gemeinsam einen Betrieb führen, gibt es in Deutschland millionenfach, vor allem im Handwerk, in der Landwirtschaft, der Gastronomie und in freien Berufen. Worauf es ankommt, wenn man mit dem Kompagnon nicht nur geschäftlich verbunden ist.
Ohne Bertha wäre Carl nicht der, der er geworden ist. Aber seine Frau glaubte an ihn, unterstützte ihn mit ihrem Vermögen und machte ihm Mut, als die Fachwelt seinen Motorwagen noch als „Kutsche ohne Pferde“ verspottete. Und sie setzte sich schließlich 1888 selbst ans Steuer des Wagens und unternahm gemeinsam mit ihren Söhnen die erste automobile Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim. Damit eröffnete die damals 39-Jährige das Zeitalter des Autos und wurde neben ihrem Mann zur Mobilitätspionierin. Heute wäre sie vermutlich selbst Geschäftsführerin der Benz & Cie. Rheinische Gasmotoren-Fabrik geworden, was ihr in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts nicht gestattet war. Und doch können Bertha und Carl Benz als ein frühes Unternehmerehepaar gelten, das nicht nur den Haushalt miteinander teilte, sondern auch die Führung eines gemeinsamen Unternehmens – und alle damit verbundenen Ängste, Sorgen und Erfolge.
» Wenn die Beziehung gut funktioniert, dann entwickelt sich daraus auch fürs Unternehmen eine Energie, die sehr viel stärker ist als bei einer normalen Geschäftspartnerschaft. « Marianne Becker, Becker Consulting
Genauso wie Werner und Sandra Echsle. Der Koch und Hotelbetriebswirt und die Design- und Marketingexpertin haben 1999 ihr Unternehmen Vivanti gegründet. Heute bekocht der Catering-Dienstleister mit knapp 450 Mitarbeitern in mehr als 100 Betriebsrestaurants, Senioreneinrichtungen, Kliniken, Schulen und Kindergärten in Deutschland und Österreich täglich gut 9.000 Gäste. „Unsere Idee war, als Alternative zu den Catering-Konzernen von Anfang an auf frische und regionale Lebensmittel zu setzen“, sagt Werner Echsle. „Das klingt heute banal, war aber vor 20 Jahren nicht einfach, weil das Bewusstsein für Ernährung noch anders war.“ Auch das hohe Arbeitsaufkommen belastete. Wirklich alles drehte sich in dieser Zeit um das gemeinsame Firmenbaby. „Wir standen zu zweit im Imbisswagen und haben verschiedene Konzepte ausprobiert“, erinnert er sich. Doch das Ehepaar empfand es immer als großen Vorteil, sich mit dem Partner austauschen zu können, nicht auf sich allein gestellt zu sein. „Das Verständnis muss da sein, aber wir haben immer gemeinsam an einem Ziel gearbeitet“, sagt Sandra Echsle, die für Vivanti ihren Job beim Rundfunksender SWR3 aufgegeben hat. Hinzu komme der finanzielle Aspekt, ergänzt ihr Mann: „Hätte ich mit einem anderen Geschäftspartner gegründet, hätten wir mit unserem Unternehmen direkt zwei Familien ernähren müssen. So musste der Erlös zunächst nur für ein Familieneinkommen ausreichen.“
Grenzenlos vertrauen
Mehr als eine Million Unternehmerpaare gibt es in Deutschland, schätzen Marianne und Helmut Becker. Sie haben sich als Coaches mit ihrem Unternehmen Becker Consulting seit einigen Jahren auf genau diese Klientel spezialisiert und zwei Ratgeberbücher darüber geschrieben, wie Paare gemeinsam erfolgreich leben und arbeiten. In ihren Seminaren sprechen sie mit mittelständischen Unternehmern über die Stärken und Herausforderungen dieser Konstellation. „Wenn die Paarbeziehung gut funktioniert, dann entwickelt sich daraus auch fürs Unternehmen eine Energie, die sehr viel stärker ist als bei einer normalen Geschäftspartnerschaft. Schwierige Situationen lassen sich einfacher beherrschen, wenn man dem anderen völlig grenzenlos vertrauen kann“, weiß Marianne Becker – auch aus eigener Erfahrung. Vor der Karriere als Beraterin hat sie mit ihrem Mann eine Marketing- und Kommunikationsagentur mit bis zu 70 Mitarbeitern aufgebaut. Aber auch von den Schwierigkeiten kann sie aus eigener Anschauung berichten. „Oft sind es die Frauen, die bereit sind, erlernte Berufe zugunsten der gemeinsamen Firma aufzugeben, während die Männer ihren Themen fachlich treu bleiben“, sagt sie. „Doch gerade, wenn einer etwas zurücksteckt, ist es enorm wichtig, dass er im Betrieb ebenso die Chance hat, sich weiterzuentwickeln, und nicht als Bürokraft verkümmert.“
Etwas, das Bettina Ortner voll und ganz bestätigt. Sie hat 2003 gemeinsam mit ihrem Mann Josef in Passau die H2Ortner GmbH gegründet, ein Unternehmen für biologische und chemische Abwasserreinigung in kommunalen und industriellen Kläranlagen. „Mein Mann ist Chemiker und für die Produktentwicklung, die Anwendung bei den Kunden und alles Fachliche zuständig“, sagt Bettina Ortner. Sie selbst verantwortet als Co-Geschäftsführerin vor allem die Bereiche Finanzen, Steuern, behördliche Zulassungen und Kundenbetreuung. „Die Aufteilung funktioniert sehr gut“, sagt sie. Mit dem Wachstum des Unternehmens auf heute zwölf Mitarbeiter und gut zwei Millionen Euro Jahresumsatz kamen ganz andere Schwierigkeiten auf. „Am Anfang lief vieles noch auf Zuruf und es lief auch gut.“ Als die Ortners aber irgendwann nicht mehr alle Kunden persönlich und beim Namen kannten, und weder fünf noch sechs Zehn-Stunden-Tage pro Woche ausreichten, um die Arbeit zu bewältigen, musste das Paar etwas ändern. „Wir haben dann tatsächlich eine gegenseitige Stellenbeschreibung erarbeitet.“ Wer hat welche Kompetenzen, wer darf was entscheiden – auch ohne den anderen? Alles, was darüber hinaus relevant ist, kommt beim wöchentlichen zweistündigen Jour Fixe auf den Tisch.
Nichts ist selbstverständlich
Damit machen die Geschäftsführer von H2Ortner bereits vieles von dem richtig, was die Berater Marianne und Helmut Becker in ihren Workshops empfehlen. „Es klingt so einfach, ist aber in der Umsetzung immer schwierig“, sagt Helmut Becker. „Unsere drei wichtigsten Tipps sind: Erstens, besprechen Sie nichts Privates in der Firma und nichts Berufliches im Privaten. Zweitens, verabreden Sie sich in der Firma in einem festen Rhythmus zu Besprechungen. Und Drittens, setzen Sie nicht als selbstverständlich voraus, dass der andere einen guten Job macht, sondern zeigen Sie Wertschätzung.“ Wer das beherzige, sei auf einem guten Weg.
Sonst kann das gemeinsame Unternehmertum eine Gefahr für die Beziehung bedeuten wie auch eine kriselnde Beziehung eine Gefahr für die Firma. Genau danach haben die Unternehmensberater 2015 in einer Umfrage gefragt. So vernachlässigen Unternehmerpaare oft ihre Gesundheit, sind unzufrieden mit der Qualität ihrer Kommunikation, kümmern sich zu wenig um ihre Paarbeziehung und haben Schwierigkeiten, Firma und Privatleben zu trennen. Positiv fällt auf, dass sie in Krisensituationen fest zusammenstehen wie auch Erfolge gemeinsam feiern. „Allerdings ist die Auswertung der gut 160 Antworten, die wir bekommen haben, nicht repräsentativ“, schränkt Helmut Becker ein. Zumal disharmonische Paare generell eher davon absehen werden, gemeinsam ein Unternehmen zu gründen oder zu führen, welches sie noch enger miteinander verbindet. Partner wie Ortners oder Echsles genießen es tatsächlich, auch bei der Arbeit zusammen zu sein. „Wir haben zwei Familien“, drückt es etwa Bettina Ortner aus. Sandra und Werner Echsle übertragen Erfolgsrezepte aus der Firma sogar zurück ins Private. „Wir haben im vorigen Jahr ein Haus gebaut“, sagt Sandra Echsle – und dabei entgegen den Unkenrufen und Ratschlägen von Freunden auf die gewohnte Rollenverteilung gesetzt. „Mein Mann war für die Technik verantwortlich, ich für das Design.“ Im Herbst 2017 sind sie eingezogen. Ganz nach Plan, versteht sich.
Sieben Regeln für eine erfolgreiche gemeinsame Unternehmensführung
– Definieren Sie Ihre Rollen.
– Verteilen Sie die Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar und nachvollziehbar.
– Reden Sie dem anderen nicht in seine Bereiche rein, stehen Sie ihm bei Bedarf aber mit Rat und Tat zur Seite.
– Vergessen Sie Konkurrenzdenken und Eifersucht. Wertschätzen Sie einander.
– Verabreden Sie, wie Sie zu Entscheidungen kommen – und halten Sie sich daran.
– Einigen Sie sich auf Grundsätze für Mitarbeiterführung und Entwicklung.
– Trennen Sie Dienstliches und Privates und handeln Sie im Betrieb stets als Unternehmer(paar).