Sie sind Gebrauchsgegenstände und Sammlerobjekte. Es gibt sie in schlicht oder mit Edelsteinen besetzt. Doch eines haben alle Füllfederhalter gemeinsam: Sie prägen die Handschrift ihres Besitzers.
Was für eine Liebeserklärung, die Elke Heidenreich da abgibt: „Er trinkt die Tinte, liegt ruhig und elegant in der Hand, fliegt übers Papier und schreibt direkt vom Kopf über das Herz durch die Hand die Worte, die hier wichtig sind.“ Abschließend fragt sich die Schriftstellerin: „Was hätte ich ohne Dich gemacht, all die langen Schreibjahre?“ Vielleicht wäre auch Heidenreich schwach geworden, hätte die Schreiberei am Ende sogar sein gelassen? Oder doch einfach nur ihren „elften Finger“ durch einen schnöden Bleistift oder einen Kuli aus Plastik ersetzt? Letzteres ist dem Füller nämlich schon einmal passiert, im letzten Jahrhundert. Doch in den 1980er Jahren erlebte er eine Renaissance: weg vom Gebrauchsgegenstand, hin zum begehrten Sammlerobjekt.
Aber alles nur, um jetzt den Kampf gegen Computer, E-Mail oder SMS zu verlieren und in die Bedeutungslosigkeit zu versinken? Der Trend ist nämlich recht eindeutig: 2008 haben die Deutschen noch für insgesamt 223 Millionen Euro Füllfederhalter gekauft. 2012 gaben sie nur noch 145 Millionen Euro hierfür aus. Aber Eva Barth-Gillhaus, Autorin der Studie „Marktmonitor Papier, Bürobedarf und Schreibwaren“ von BBE Handelsberatung und Marketmedia24 kann beruhigen: „Es wird sie immer geben: Diejenigen, die auf ihren Füllfederhalter stolz sind – und die gerade zu diesem Werkzeug greifen, wenn sie wichtige Dokumente unterzeichnen oder liebe und ganz persönliche Zeilen schreiben.“
Den Anfang der Erfolgsgeschichte „Federhalter“ machte 1636 der Altdorfer Daniel Schwenter: Er schob drei Gänsekiele ineinander, um zumindest einen kleinen Vorrat an „Dinte“ in seinem Schreibgerät vorzuhalten. Doch erst rund 250 Jahre später begann die Ära des Massenprodukts – dank Goldfeder mit Iridiumspitze, Hartgummidichtungen und einer gleichmäßig fließenden Tinte. Beflügelt wurde die rasante Entwicklung des Füllers aber ausgerechnet durch einen Tintenklecks: Ein wichtiges Versicherungsgeschäft musste nur noch mit der Unterschrift besiegelt werden. Doch statt der Signatur zierten plötzlich schwarze Spritzer das wertvolle Papier. Während sich der zuständige Makler Lewis Edson Waterman auf der Suche nach einer neuen, unbefleckten Abschrift machte, verließ der genervte Kunde einfach das Haus – ohne zu unterschreiben. Verzweifelt tüftelte der New Yorker lange an seinem Schreibgerät herum. Schließlich bohrte er ein kleines Loch in die Feder. Hier sollte sich die Tinte sammeln und gleichmäßig über feine Kanäle auf das Papier fließen – und tatsächlich: es funktionierte! Der moderne Füllfederhalter war geboren, Waterman meldete seine Idee 1884 zum Patent an.
In Europa befasste man sich eher mit der Weiterentwicklung. Bestimmten zunächst noch Schreiber den Markt, in denen die Tinte in einem Schlauch Richtung Feder transportiert wurde, gelang Günther Wagner, der sich bisher mit Schreib- und „Copirtinten“ der Marke Pelikan einen Namen gemacht hatte, der große Coup. Ende der 1920er Jahre kaufte der Unternehmer aus Hannover vom ungarischen Ingenieur Theodor Kovacs das Patent für eine innovative Technik auf: die „Kolbenmechanik mit Differentialschraubengewinde“ – so ähnlich kommt sie noch heute in den modernen Füllfederhaltern zum Einsatz.
Gleich geblieben ist auch der Aufwand, der für die Herstellung betrieben wird: Bis zu 60 Arbeitsschritte sind notwendig, um ein Schreibgerät aus dem Hause Montblanc fertigzustellen. Neben Gold, Edelstahl und feinsten Lacken kommen auch Diamanten oder andere Edelsteine für limitierte Serien zum Einsatz.
Kleine Kostbarkeiten
Für das teuerste Exemplar der Welt, den „Boheme Royal“ von Montblanc, wurden immerhin rund 110.000 Euro bezahlt – mit mehr als 1.400 Diamanten und einer Feder aus 18-karätigem Weißgold versehen, ist er eine wahre Zierde für jeden Schreibtisch. Weniger üppig ausgestattet, dafür aber ähnlich hoch wurde ein anderes Modell der Hamburger Manufaktur gehandelt: Ende des Zweiten Weltkriegs diente es als Zahlungsmittel auf dem Schwarzmarkt. Für ein „Meisterstück“ gab es ein Pfund wertvoller Butter.
Doch auch manch schlichtere Füllfederhalter werden in Kennerkreisen verehrt. Zum Beispiel der „Parker 51“. Ein solches Modell kam in der Vergangenheit immer dann zum Einsatz, wenn die USA federführend waren. Die Kapitulationserklärung Japans und der Schlussstrich unter den Koreakrieg wurden mit dem „Pencil of Peace“ besiegelt. Und mal ehrlich: Wer möchte nicht ein solches Stück Geschichte neben dem Smartphone auf seinem Schreibtisch liegen haben?
Auf die Pflege kommt es an
Tinte, sagt man, sind flüssige Gedanken. Damit sie ungehindert fließen, muss das Schreibgerät ordentlich in Schuss sein. Mit diesen Tipps behält der Füllfederhalter über viele Jahrzehnte hinweg seine gute Form:
- Füllfederhalter sollten grundsätzlich stehend aufbewahrt werden – mit der Feder nach oben, damit sich Tintenrückstände, der sogenannte Knaster, nicht festsetzen.
- Zum Befüllen halten Sie die Feder komplett in das Tintenfass und drehen den Knopf langsam im Uhrzeigersinn zu. Der Tank ist voll, wenn es im Tintenfass nicht mehr blubbert. Zum Abschluss einige Tropfen Tinte wieder herauslassen und die Feder mit einem weichen, fusselfreien Tuch vorsichtig reinigen.
- Verwenden Sie nur Markentinte beziehungsweise Patronen, die vom Hersteller empfohlen werden. Tinte muss kühl und dunkel gelagert werden, ist aber nicht unbegrenzt haltbar, sondern nur für etwa zwei Jahre. Verschiedene Tinten niemals mischen.
- Etwa nach jedem vierten Auffüllen das Schreibgerät so lange mit circa 20 Grad warmem Wasser durchspülen, bis keine Tinte mehr herauskommt. Anschließend gut trocknen lassen. Diese Prozedur auch durchführen, wenn der Füller länger nicht mehr gebraucht wurde oder Sie ihn für längere Zeit nicht benutzen werden.
- Federn gibt es in unterschiedlichen Varianten, zum Beispiel in der geraden Ausführung EF (extra fein), F (fein), M (medium) oder B (breit). Federn, die links beziehungsweise rechts angeschrägt geschliffen wurden (Oblique beziehungsweise Reverse Oblique), sind in der Regel für Personen, die den Füllhalter sehr steil auf das Papier aufsetzen oder nach einer Seite hin verkanten. Spezielle Federn für Linkshänder gibt es übrigens nicht.
- Wenn der Füller mit auf Reisen soll: Vor dem Fliegen den Tank mindestens zur Hälfte leeren, um ein Auslaufen zu verhindern.