
© Chris Liverani/Unsplash
Nachhaltige Geldanlagen boomen. Doch eine aktuelle Studie prangert Greenwashing bei Investmentfonds an. Wie Anleger vermeintlich nachhaltige Anlagestrategien hinterfragen.
Geben Vermögensverwalter ihren Fonds einen nachhaltigen Anstrich, weil das bei Anlegern den Absatz befeuert? Greenwashing-Vorwürfe wie dieser haben bereits den Aktienkurs von DWS, der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank, abstürzen lassen.
Die Debatte bekommt nun neue Nahrung. Wissenschaftler der französischen Wirtschaftsuniversität Edhec haben in einer Studie Klimaschutzfonds analysiert, die vorgeben, eine Netto-Null-Emissions-Investmentstrategie zu verfolgen.
Der Forschungslehrstuhl Scientific Beta an der Edhec hat in der Studie Strategien von großen börsengehandelten Klima-ETFs sowie deren Indizes untersucht. Diese sind bei Anlegern besonders beliebt.
Die zentrale Erkenntnis aus dem 65-seitigen Bericht: „Obwohl Investoren und Manager ausgiebig über die Verwendung von Klimadaten bei der Konstruktion ihres Portfolios kommunizieren, machen diese Daten im Durchschnitt nur zwölf Prozent bei der Gewichtung der Portfolioaktien aus.“
Traditionellen Strategien (noch) sehr ähnlich
Anders formuliert bedeutet das: Klimafonds lassen sich bei der Portfoliozusammenstellung zu 88 Prozent vor allem von der Marktkapitalisierung leiten, also dem Wert eines Unternehmens an der Börse.
Damit investieren sie wie herkömmliche Aktienindizes wie der S&P 500. Die Beimischung weiterer Nachhaltigkeitsfaktoren – neben Klima/Umwelt sind dies Soziales und gute Unternehmensführung – machten die Klimabilanz noch weniger wirksam.
Das Fazit der Autoren lautet, dass die Investmentbranche Klimastrategien anwende, die traditionell gewichteten Strategien sehr ähnlich seien. Und de facto tue sie wenig, um Unternehmen zu mehr Klimaschutz anzuhalten.
Konzerne, deren Tätigkeit stark zur Erderwärmung beitrage, müssten sich wenige Sorgen machen, deshalb aus den Portfolios der Asset Manager rauszufliegen.
Regulatorischer Druck wirkt
Die Studienautoren erwarten aber auch, dass mit regulatorischem Druck die Klimawirkung der Anlageprodukte zunehmen wird. Grundsätzlich sind nachhaltige Fonds für Privatanleger in Deutschland der Renner.
Laut einer Statistik des Fondsverbands BVI stieg das Volumen von 68 Milliarden Euro im zweiten Quartal 2020 binnen eines auf 251 Milliarden Euro.
Seit dem 10. März müssen Finanzunternehmen gemäß EU-Offenlegungsverordnung zwar belegen, wie nachhaltig ihre Angebote sind.
Doch damit hat das Thema Nachhaltigkeit auch aus Marketing- und Vertriebssicht eine größere Relevanz bekommen. Das mag erklären, warum plötzlich so viele Fonds ihre nachhaltige Seite zur Schau stellen.
EU-Taxonomie sorgt für Klarheit
Und Selbstdarsteller in puncto Nachhaltigkeit haben es aktuell noch leicht. Die Behörden geben bisher wenig Orientierung, was nachhaltige Investments genau sind. Für Klarheit soll die EU-Taxonomie-Verordnung sorgen.
Bisher hat die EU aber nur erste Leitplanken im Bereich Klima errichtet. Weitere inhaltliche Vorgaben auch für Fondsgesellschaften kommen im nächsten Jahr. Hierzulande bemüht sich zusätzlich die Finanzaufsicht BaFin um eine Richtlinie zur Ausgestaltung nachhaltiger Fonds.
Der Fondsverband BVI warnt vor einem nationalen Alleingang. „Um Deutschland als Standort für nachhaltige Fonds zu fördern und Grünwäscherei zu verhindern, sollte sich die BaFin für einheitliche Nachhaltigkeits-Mindeststandards und effektiven Anlegerschutz innerhalb der EU einsetzen, statt mit einem nationalen Goldstandard Vertriebshürden aufzubauen“, sagt BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter.
Seien Sie als Anleger kritisch
Wie viel Geld ESG-Fonds tatsächlich nachhaltig anlegen, lässt sich aktuell kaum beurteilen. In gewissem Rahmen können Asset Manager aber sehr wohl etwas bewirken.
So betont eine Sprecherin der Deka auf Anfrage: Wir wirken durch „unsere Aktivitäten auf Hauptversammlungen in Bezug auf Klimaaspekte direkt auf Unternehmen ein und fordern – wenn erforderlich – zur Strategieänderung auf“.
Henrik Pontzen, Leiter ESG im Portfoliomanagement bei Union Investment, ist vom Ansatz seines Hauses überzeugt. Nachhaltigkeit sei ein Generationenprojekt und lasse keinen Stillstand zu.
Um die Fortschritte von Unternehmen in Richtung Nachhaltigkeit besser quantifizieren zu können, entwickle Union Investment derzeit ein Transformationsrating. Solche Maßnahmen sind zu begrüßen. Solange es keine konkreten Vorgaben, Definitionen und Standards gibt, bleibt die Frage nach möglichem Greenwashing akut.
Für Anleger, die in grünen und nachhaltigen Investmentfonds ihr Geld anlegen wollen, heißt das: Sie müssen bei der Auswahl kritisch sein. Fondsgesellschaften wiederum sollten kritische Fragen ihrer Kunden eindeutig beantworten können.