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Creditreform

Cash, Aktien und Renten, Beteiligungen – weitsichtige Anleger verteilen ihre privaten Vermögen zwecks Risiko­begrenzung möglichst breit. Als Geldanlage gefragt ist seit einiger Zeit auch Kunst. Das ist keine schlechte Idee, bisweilen aber auch spekulativ.

Salvator Mundi. Zwei Worte wie Musik, dunkel und vollmundig, harmonisch und beruhigend. Zu Deutsch: Erlöser der Welt. So lautet der Titel eines Ölgemäldes von Leonardo da Vinci, das vor wenigen Wochen in New York im Auktionshaus Christie’s rund 400 Millionen US-Dollar plus 50 Millionen Dollar Gebühren versteigert wurde.

Für den Firmenchef, der in der dritten oder vierten Generation einen mittelständischen Familienbetrieb leitet, wohl unzählige Nummern zu groß. Dennoch skizziert jener Rekordzuschlag einen Trend bei der Geldanlage: die Hinwendung zu Sachwerten. Also das Investieren in Dinge, die man sehen und anfassen kann. „Dazu zählen traditionell Immobilien und Edelmetalle, mittlerweile auch Kunst“, erklärt Michael Späth. Der 52-jährige Unternehmer und Versicherungsmakler in Hamburg ist in gleich zweifacher Hinsicht von den schönen Künsten angetan. Als leidenschaftlicher Museumsbesucher und Theatergänger – und als Investor mit einer besonderen Leidenschaft für zeitgenössische Fotografie. „Kunst ist ähnlich wie Immobilien und Gold eine gute Beimischung für das eigene Portfolio“, ist Späth überzeugt.

„Investitionen in Kunst sind nicht eben neu, sondern seit Jahrzehnten üblich“, sagt Bettina Riecke, Manager Customer Marketing & Sales bei der Fine Art Invest Group im schweizerischen Baar. Banken und Versicherungen kauften – oft als verlängerte Arme der vermögenden Privatkundschaft – im großen Stil etablierte Kunst, bei der auf einer Vervielfachung der Einstands­-preise spekuliert wird. „Auch Firmeninhaber – zumal in Familien­unter­nehmen – interessieren sich zunehmend für Kunstinvestments“, weiß Riecke. Zum einen, um das Privat- und teils auch die Struktur des Firmenvermögens zu diversifizieren. Oft aber auch uneigennützig, um etwa durch Ausstellungen Mitarbeitern, Kunden und anderen Personen die Teilhabe an der eigenen Begeisterung und Kunstleidenschaft zu ermöglichen.

Kunst als Milliardenmarkt

Im Jahr 2016 verzeichnete der weltweite Kunstmarkt einen Umsatz von rund 50 Milliarden Euro, so der „Art Market Report“ der Kunstmesse Tefaf in Maastricht. Regionale Platzhirsche mit einem Marktanteil von insgesamt rund 80 Prozent sind die USA, Großbritannien und China. Mit einem Umsatz von knapp 2,1 Milliarden Euro hängt Deutschland deutlich hinterher.
Wobei Kunst als solche ein recht heterogenes und komplexes Gebilde ist, das nicht als so transparent wie etwa die großen Aktienmärkte gilt. Und: Wer heute eine Skulptur, ein Gemälde oder auch eine Fotografie erwirbt, weiß – und da unterscheidet sich Kunst eben nicht von Aktieninvestments – selbstverständlich nicht, wie viel dieses Investment in zehn oder 20 Jahren wert sein wird.

Doch es gibt Indizien. Von den Finanzökonomen Jianping Mei und Michael Moses stammen die „Mei Moses World & Collecting Category Indices“, die in Unter-Indizes gegliedert sind. In den vergangenen 20 Jahren legte der umfassende „All Art Index“ im Jahresschnitt knapp 5,3 Prozent zu, der Dax rund 8,5 Prozent. Spitzenreiter bei den Kunst-Barometern der Ökonomen ist der „Post War & Contemporary Index“, der in 50 Jahren durchschnittlich um mehr als zehn Prozent zulegte. „Deshalb konzentrieren wir uns auf zeitgenössische Fotografie, welche der Kategorie ‚Post War & Contemporary Art‘ zuzuordnen ist“, erklärte Bettina Riecke von der Fine Art Invest Group.

Nicht die schlechteste Idee. Die im Jahr 2009 verstorbene Fotografin Vivian Maier etwa zählt zu den Entdeckungen der jüngsten Zeit. Der Wert ihre Fotografie „Chicago, IL“ zum Beispiel konnte sich zwischen 2011 und 2016 fast verdoppeln. Noch drastischer ist die Performance von Richard Avedons Fotografie „Nastassja Kinski“. Der Wert des Bildes stieg seit 1990 von gut 5.000 Euro auf jetzt nahezu 130.000 Euro.

Ein Risiko bleibt

Gleichwohl sind Kunstkäufe wie Aktien oder Immobilien keine Selbstläufer in puncto Wertsteigerung und Rendite. Wer auf fette Gewinne spekuliert, fällt auch mal auf die Nase. Für das Gemälde „The Stolen Mirror“ von Max Ernst bezahlte ein Investor 2011 immerhin 16 Millionen Dollar, fünf Jahre später wurde das Gemälde für 11 Millionen Dollar verkauft. Ähnlich bei einem Bild von Roy Lichtenstein namens „Still Life with Mirror“. Der Preis fiel in nur drei Jahren von nahezu zehn auf knapp sechs Millionen Dollar.

Immerhin – einige Regeln könnten dabei helfen, einen Treffer zu landen. Grundsätzlich gilt: Werke junger Künstler sind günstiger zu haben, oft schon für weniger als 1.000 Euro. Mit entsprechender Geduld fiele der Gewinn bei einer Wertsteigerung tendenziell höher aus. Gleichwohl gehört auch etwas Glück dazu, auf den richtigen Künstler zu setzen. Ein Anhaltspunkt könnte die Ausbildung sein. So rechnen Experten bei Werken von Künstlern, die eine Akademie besucht haben, mit größeren Chancen auf eine Wertsteigerung als bei Autodidakten. Ebenso gilt als Anhaltspunkt, ob der Kandidat bereits national oder international ausgestellt hat und in welchen Sammlungen er möglicherweise vertreten ist. Eine gründliche Recherche ist also ein Muss. Denn in jedem Fall gilt: Wer erfolgreich in Kunst investieren möchte, sollte auch etwas Zeit investieren, um sich mit dem Thema zu beschäftigen. Und es muss ja nicht gleich ein Leonardo da Vinci für alles in allem 450 Millionen US-Dollar sein. Zumal sich die eigentliche Rendite von Kunst nicht nur in Geld, sondern eben auch in Emotionen bemisst.

 

Kunstkäufe sinnvoll absichern:

Experten fragen und klein anfangen – so minimieren
kunstinteressierte Investoren das Risiko eines Reinfalls.

Experten: Kaufen Sie Kunst bei jemandem, der etwas davon versteht. Etwa einem Galeristen mit Erfahrung und Know-how,
der unbekannte Künstler hegt und pflegt. Auch ein sogenannter Art-Consultant, seit den 1980er-Jahren eine etablierte Berufsbezeichnung für Personen, die Investoren beim Kaufen und Sammeln von Kunst zur Seite stehen, könnte ein guter Berater sein.

Kosten: Auktionshäuser, Galeristen und auch Art-Consultants wollen Geld verdienen. Das heißt: Die Spanne zwischen dem aktuellen Wert eines Kunstgegenstandes und dem Kaufpreis muss der Anleger erst einspielen, bevor er mit dem Weiterverkauf des Kunst­objekts Geld verdienen kann.

Investitionsbetrag: Gehen Sie nicht direkt in die Vollen, sondern fangen Sie klein an. Denn Kunst sollte nur eine Beimischung zum Vermögen sein, kein Kerninvestment.

Diversifizierung: Setzen Sie bei Kunstinvestments nicht alles auf eine Karte, sondern streuen Sie breit. Am besten durch den
Erwerb eines kleineren Portfolios. Dadurch lässt sich das Risiko, wie bei Aktienanlagen auch, spürbar dämpfen.