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Creditreform

Viele börsengehandelte Indexfonds (ETFs) versprechen einen nachhaltigen Investmentansatz. Doch nicht immer werden sie diesem Anspruch gerecht.

 

Nachhaltigkeit erobert alle Lebensbereiche. Auch die Geldanlage. In diesem Jahr legen Anleger zehn Prozent ihres Kapitals nachhaltig an, 2025 sollen es bereits 20 Prozent sein. ­Immer mehr Anleger wünschen, dass ihre Geldanlage umweltverträglich ist und dabei auch soziale Standards eingehalten werden. Das geht aus der aktuellen Studie „Nachhaltige Geldanlage in Deutschland“ der Quirin Privatbank hervor.

Immer stärker beherrschen ESG-Faktoren Anlageentscheidungen. Hinter dem Kürzel stehen die Begriffe Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (nachhaltige Unternehmensführung). Laut der Umfrage der Quirin Privatbank wären 30 Prozent der Anleger hierzulande bereit, für eine nachhaltige Anlage sogar auf Rendite zu verzichten. Und 47 Prozent würden dafür auch mehr bezahlen.

Doch das ist gar nicht notwendig. „Wenn mehr Anleger wüssten, dass sie sich Nachhaltigkeit bei der Geldanlage nicht teuer erkaufen müssen, würden wahrscheinlich noch deutlich mehr Menschen nachhaltig investieren. Das wäre für Umwelt und Gesellschaft ein enormer Gewinn“, sagt Philipp Dobbert, Chefvolkswirt und Nachhaltigkeitsexperte der Quirin Privatbank.

 

Nachhaltige ETFs – günstige Alternative zu aktiv gemanagten Fonds

Nachhaltige Investments müssen nicht teuer sein. Das zeigen börsengehandelte Indexfonds (ETFs). Diese Produkte haben im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds deutlich geringere Kosten. Schließlich bilden sie lediglich einen Aktienindex eins zu eins ab. Kein hoch bezahlter Fondsmanager wählt Wertpapiere aus. Einfacher, leichter und günstiger lässt sich also nicht in den Mega­trend investieren. Aber auch bei diesen Produkten müssen Anleger genau hinsehen, wie sich die Indizes zusammensetzen und ob sie den eigenen Ansprüchen in Sachen Nachhaltigkeit genügen.

Eine der häufigsten Strategien bei nachhaltigen Finanzprodukten ist der „Best in Class“-Ansatz. Dabei werden Unternehmen ausgewählt, die innerhalb ihrer Branche als Vorreiter in puncto Nachhaltigkeit gelten. In diesen Indizes können dann auch Unternehmen aus Branchen vertreten sein, die Autos oder Flugzeuge herstellen.

Ein Beispiel ist der Dow Jones Sustainability Index. Hier finden sich auch Unternehmen aus der Ölbranche, die mit fossilen Rohstoffen für hohe CO2-Emissionen verantwortlich sind. So war lange Zeit auch der Ölkonzern BP Mitglied dieses Index. Erst als die Bohrinsel Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko eine Umweltkatastrophe verursachte, flog BP aus dem Index.

Es gibt deshalb auch Produkte, die das „Best in Class“-Konzept mit dem Ausschluss von Branchen kombinieren. Wie der MSCI World Responsibility Index, der Unternehmen aus Branchen wie Alkohol, Glücksspiel oder Tabak ausschließt. Doch auch hier sollten Anleger kritisch bleiben. Denn bei vielen Indizes werden Unternehmen nur dann aus dem Index eliminiert, wenn sie mindestens fünf Prozent ihrer Umsätze in den kritischen Geschäftsfeldern erzielen. Bei einem weltweit agierenden Großkonzern können auch fünf Prozent noch eine große Summe bedeuten.

 

ETFs mit Fokus auf geringen CO2-Emissionen

Eine weitere Gruppe von ETFs wählt Unternehmen aus, die in Relation zum Umsatz nur geringe CO2-Emissionen verursachen. So wie der ETF Equity Global Low Carbon von Amundi. Größte Position ist dabei Apple. Dabei steht der Konzern immer wieder für seinen Einsatz von seltenen Erden in iPhone und Tablets in der Kritik.

Eine Alternative sind ETFs, die auf Unternehmen setzen, die sich bei ihrem Geschäftsmodell auf umweltfreundliche Energieerzeugung fokussieren. Sei es, dass sie Solar- oder Windenergie erzeugen oder die Technologien dafür entwickeln. Der Lyxor S&P Eurozone Paris-Aligned Climate etwa will aktiv dazu beitragen, dass die globale Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt wird.

Die Beispiele zeigen, wie vielfältig das Spektrum an ETFs im Bereich der Nachhaltigkeit ist. Selbst für Experten ist es schwierig zu bewerten, wie nachhaltig diese Produkte sind. „Ich kenne keinen ETF, der sich bei genauer Überprüfung zu 100 Prozent als nachhaltig erweist“, sagt Menglu Zhang, Expertin für Nachhaltigkeit im Finanzwesen an der Frankfurt School of Finance and Management. Ein Problem übrigens, das auch bei aktiv gemanagten Fonds existiert.

 

EU-Ökolabel für Finanzprodukte geplant

Das grundsätzliche Problem: Es gibt kein übergreifendes Verständnis dafür, was nachhaltiges Handeln auf Unternehmensebene genau ist und wie dieses verglichen werden kann. Immerhin plant die Politik, auf EU-Ebene ein einheitliches Ökolabel für Finanzprodukte aufzulegen. Das würde für etwas mehr Durchblick im Dickicht der ETFs sorgen. Bisher sind auch diese Siegel nicht standardisiert und damit auch nicht vergleichbar.

Fazit: Auch wenn ETFs als einfaches, günstiges und transparentes Investment gelten, müssen Anleger bei komplexen Themen genau hinsehen. Sie müssen kritisch bleiben, sonst fallen sie möglicherweise auf „Greenwashing“ herein. Anleger sollten sich also in jedem Fall intensiv mit der Zusammensetzung solcher Indizes beschäftigen, bevor sie investieren.