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Robo-Advisor bieten eine günstige Vermögensverwaltung. Doch der große Run bleibt bislang aus – noch halten sich Anleger in Deutschland zurück.

 

Die Digitalisierung hält in der Vermögensverwaltung Einzug. Sogenannte Robo-Advisor stellen für Anleger auf Basis ihrer individuellen Neigung, Risikobereitschaft und Ziele Portfolios automatisiert zusammen. Dazu setzen sie digitalisierte Fragebögen ein. Häufige investieren Robo-Advisor in günstige börsengehandelte Indexfonds (ETFs). Während Anleger bei der individuellen Beratung oft ein Vermögen mitbringen müssen, sind sie bei der automatisierten Geldanlage schon ab 1.000 Euro dabei.

So einfach und günstig die Anlage per Robo-Advisor auf den ersten Blick erscheint, bleibt die zentrale Frage: Wie finde ich den für mich passenden Vermögensverwalter? Denn die Anbieter wie zum Beispiel der Marktführer Scalable Capital, der in Deutschland 1,5 Milliarden Euro verwaltet, sind jung und Produkte nur schwer vergleichbar. Aussagekräftige Ratings, wie sie bei Investmentfonds üblich sind, gibt es noch nicht. Insofern kommt diese Form der Geldanlage vor allem für erfahrene Anleger infrage.

 

Persönliche Beratung schlägt Robo-Advisor

Und so sehr auch die Digitalisierung den Lebensalltag erobert, legen viele Menschen bei langfristigen finanziellen Entscheidungen Wert auf persönliche Beratung. Laut einer Umfrage der Lebensversicherungsgesellschaft Canada Life wird sich auch in zehn Jahren der Großteil der Bundesbürger bei der Altersvorsorge die Hilfe eines Beraters suchen. Mehr als ein Viertel würde sogar ausschließlich ihm vertrauen. „Die Altersvorsorgeberatung bis hin zum Abschluss assoziieren die Menschen hierzulande noch stark mit dem persönlichen Versicherungsvermittler. Dies wird sich zeitnah auch nicht ändern“, sagt Florian Elert, Professor für Versicherungsmanagement an der HSBA Hamburg School of Business Administration.

Anleger in Deutschland sind also noch kritisch, der große Run ist bislang ausgeblieben. So hat sich zwar das durch Robo-Advisor in Deutschland verwaltete Volumen laut der Beratungsgesellschaft Oliver Wyman 2018 im Vergleich zum Vorjahr auf 2,8 Milliarden Euro verdoppelt. Gemessen an den 600 Milliarden Euro, die deutsche Privatanleger in Investmentfonds halten, ist das ein Klacks. Dennoch rechnen die Experten mit einem starken Wachstum: 2020 könnten das Volumen dann erstmals die Schwelle von zehn Milliarden Euro überschreiten, schätzen die Berater von Oliver Wyman.

Experten sehen vor allem Potenzial bei hybriden Modellen, die Beratung durch einen Finanzberater mit automatisierten Prozessen verbinden. So ließen sich digitale Dienstleistungen bei erklärungsbedürftigen Finanzprodukten gut kombinieren, sagt Betina Wunderlich, Bankenexpertin bei der Beratungsgesellschaft Accenture: „Die Vorteile einer voll digitalisierten und automatisierten Lösung werden so mit den Vorzügen eines persönlichen Ansprechpartners kombiniert. Dadurch kann sich der Berater wieder verstärkt auf die Kundenbeziehung und die ganzheitliche Beratung des Kunden konzentrieren.“