Die Wirbelsäule macht vieles mit: schweres Heben genauso wie ruckartige Drehungen. Was sie allerdings nicht mag, ist Passivität: Sitzen, noch dazu in nach vorne gebeugter Haltung oder nachlässig hingelümmelt, führt zu schwachen Muskeln. Beim eintönigen Stehen hingegen sind viele Muskelgruppen dauerhaft angespannt und schlecht durchblutet.
Berufstätige sollten ihren Arbeitstag daher möglichst abwechslungs- und bewegungsreich gestalten. Die folgenden Ausgleichsübungen für Schreibtischpiloten, Vielsteher und Anpacker helfen dabei.
Illustrationen: © Tomnamon / iStock
Schreibtischpiloten
Fitnesspause
Gleich fünf kurze Übungen im Verbund empfiehlt Dr. Anette Wahl-Wachendorf vom Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte: „Setzen Sie sich aufrecht hin, richten Sie die Arme nach oben und strecken Sie sich. Atmen Sie dabei mehrmals tief ein und aus.“ Danach mit einer Hand an der Sitzfläche des Stuhls festhalten: „Greifen Sie mit der anderen Hand über den Kopf und fassen Sie die gegenüberliegende Kopfseite. Ziehen Sie den Kopf behutsam zur Seite.“ Für die dritte Übung wieder aufrecht hinsetzen, ohne den Rücken anzulehnen. Dann mit den Schultern kreisen: Erst in Richtung nach vorne-oben, dann nach hinten unten. Dreimal wiederholen. Für Lektion vier die Fingerspitzen auf die Schultern legen und mit den Ellbogen langsam vorwärts und rückwärts kreisen. Und zum Schluss die Hände am Hinterkopf verschränken und den Kopf sechs bis acht Sekunden lang in die Hände drücken. Anschließend die Spannung lösen und den Kopf 20 Sekunden lang mit den Händen nach vorn ziehen.
Leichte Schulter
„Wer im Stress ist, zieht oft unbewusst die Schultern hoch, was zu schmerzhaften Verspannungen führt“, weiß der Münchner Orthopäde Dr. Martin Marianowicz. Er empfiehlt daher: Während der Arbeit immer wieder bewusst aufrecht hinsetzen und die Beine fest auf den Boden stemmen. Den rechtwinklig gebeugten rechten Arm diagonal vor den Körper strecken, die Handfläche zeigt zum Gesicht. Nun die linke Hand von außen an den Oberarm legen und langsam in Richtung Körpermitte ziehen. Die Spannung so lange steigern, bis sie im Schulterbereich zu spüren ist. Drei Atemzüge lang halten und dann wieder entspannen. Danach Seite wechseln. Fünf Wiederholungen.
Vielsteher
Hüftbeuge
Aufrecht hinstellen, Schultern zeigen tief Richtung Becken. Bauch anspannen, hierfür den Bauchnabel nach innen saugen. „Beugen Sie dann die Beine leicht – und lehnen Sie sich aus der Hüfte gerade nach vorne vor“, empfiehlt Marianowicz: „Führen Sie beide Arme gerade ausgestreckt über den Kopf.“ Anschließend den Oberkörper nach rechts und links wie ein Pendel bewegen, der Blick geht dabei zur jeweiligen Seite mit. Das Pendeln zu jeder Seite fünfmal wiederholen, dann zurück in die Ausgangsposition.
Einbeinstand
Entspannt hinstellen, Füße parallel mit leichtem Abstand zueinander. Nun das Gewicht auf ein Bein verlagern und das andere Bein leicht anheben. Becken dabei stabil halten – auf die Balance achten. Das angehobene Bein nun in leichten Acht- Formen in der Luft bewegen. „Versuchen Sie, auch die Arme in Achten durch die Luft schwingen zu lassen“, rät Orthopäde Marianowicz. Mutige probieren diese Übung auch mal mit geschlossenen Augen.
Regengebet
Diese Übung stärkt die Bein- und Bauchmuskulatur und den Gleichgewichtssinn: Gerade hinstellen und ein Bein anwinkeln. Die Fußsohle liegt dabei in Höhe der Wade des anderen Beins. Die Arme zur Seite ausstrecken, die Handflächen zeigen nach oben. Die Bauchmuskulatur kräftig anspannen – das hilft, die Balance zu halten. Das ruhige Atmen nicht vergessen: „Spüren Sie, wie der Atem tief in ihren festen Bauch fließt“, so Marianowicz. Fortgeschrittene versuchen es mit geschlossenen Augen. Diese Übung sechsmal ausführen und dann das Standbein wechseln.
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Anpacker
Diagonale Streckung
Für die, die auch am Arbeitsplatz eine Matte ausbreiten können: Auf die Hände und Knie kommen, die Füße und Knie sind dabei hüftbreit geöffnet. Das Ellbogengelenk im linken Stützarm ist locker, die Schulter bleibt vom Ohr weg. Den rechten Arm und das linke Bein heben und strecken. Im Wechsel Knie und Ellbogen unter dem Körper zusammenführen, der Rücken wird dabei rund und der Kopf wird mitgeführt. Während des Streckens einatmen, beim Zusammenziehen ausatmen. Nach zehn bis 15 Wiederholungen Seitenwechsel. Diese Übung mobilisiert die Wirbelsäule und kräftigt gleichzeitig das Gesäß.
Drehsitz
Aufrecht hinsetzen, je nach Örtlichkeit: „Fortgeschrittene sitzen im Schneider- oder Lotussitz auf einer Matte, auf der Arbeit reicht aber auch ein Stuhl oder Hocker, solange die Füße auf dem Boden sind“, sagt Detlef Detjen von Aktion Gesunder Rücken. Anschließend die Hände auf die Knie legen, die Wirbelsäule strecken und dabei tief einatmen. Während des Ausatmens die linke Hand auf das rechte Knie legen und den Oberkörper nach rechts drehen. Dann die rechte Hand hinter dem Becken aufstellen. Beim Einatmen die Wirbelsäule strecken, beim nächsten Ausatmen die Drehung verstärken. Einige Atemzüge halten – anschließend mit der anderen Seite wiederholen.
Einfache Standwaage
Koordination und Stabilisation verbessern sich wie folgt: Mit dem linken Bein stabil hinstellen, das Kniegelenk ist dabei locker. Einen Punkt fixieren, um die Balance zu erleichtern. Das rechte Bein nach hinten und den linken Arm nach vorne anheben, sodass sie eine Diagonale bilden. Der Oberkörper kommt dabei leicht nach vorn. Becken und Schultern sind in einer Linie. „Achten Sie auf gute Bauchspannung und fallen Sie während der Übung nicht ins Hohlkreuz“, mahnt Orthopäde Marianowicz. Zehn bis 15 Wiederholungen, danach Seitenwechsel.