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Wer im Ausland eine Firma eröffnet oder eine Niederlassung des eigenen Unternehmens aufbaut, sollte die landesspezifischen Besonderheiten beachten. Vor allem ist es wichtig, sich auf die Kultur des jeweiligen Landes einzulassen. Sensibilität für die Mentalitäten im Land, sei es beim Geschäftsmeeting oder der Kundenansprache, hilft dabei, erfolgreich zu sein. Außerdem vermeidet man unnötige Missverständnisse. Denn nichts ist schlimmer als einen neuen, vielversprechenden Kundenkontakt schon beim ersten Business Lunch mit dem falschen Small Talk-Thema zu verschrecken.

Wer ein Unternehmen in Afrika aufbauen möchte, steht nicht nur vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Für den Geschäftserfolg ist die interkulturelle Kompetenz mindestens genauso wichtig wie Business-Pläne und Co. Doch was unterscheidet die afrikanische Geschäftskultur von der europäischen? Und worauf sollte man im Verhalten gegenüber Kunden und Lieferanten achten, damit die Geschäfte erfolgreich verlaufen?

Südafrika – das Land am Kap – ist für viele deutsche Unternehmen ein Startpunkt für die Markterschließung in Afrika. Die Infrastruktur ist für afrikanische Verhältnisse gut ausgebaut, das Land hat eine breite industrielle Basis und ist politisch stabil. Zugleich ist Südafrika mit seinen rund 54 Millionen Einwohnern ein großer Absatzmarkt. Eine konsumfreudige Mittelschicht, staatliche Investitionsprogramme und ein hoher Bedarf an Importwaren bieten eine Menge Chancen für gute Geschäfte im Land. Südafrika hat eine westlich geprägte Business-Kultur. Beispiel: Obwohl Englisch die Muttersprache von nur acht Prozent der südafrikanischen Bevölkerung ist – im Geschäftsleben ist es die gängigste Sprache.

Respekt und Harmonie

Doch Südafrika ist immer noch auch Afrika. Hier gibt es einige kleine, aber bedeutende Unterschiede zur Geschäftskultur europäischer Prägung. Business wird auf Ubuntu gemacht. Das Wort aus der Sprache des Volksstammes Xhosa beschreibt die afrikanische Grundhaltung, die Art, das Leben und die Menschen zu betrachten. Ubuntu betont den gegenseitigen Respekt und das harmonische und friedliche Zusammenleben. Es ist das Bewusstsein, Teil eines Ganzen zu sein. Ein Gegensatz zum Individualismus der westlichen Kultur.

Die Menschen in Südafrika begeistern sich für das Business. Während in Deutschland viel Wert auf klar geregelte Abläufe und feste Arbeitsstrukturen gelegt wird, geht es in Südafrika um Flexibilität. Kein Mitarbeiter sagt: „Das ist ein unlösbares Problem“. Hier haben immer alle einen Plan B. In der Arbeitswelt am Kap zählen Spontaneität, Risikobereitschaft und der Mut, neue Wege zu gehen. Unternehmer aus dem Ausland sollten sich also schnell daran gewöhnen, dass oft lieber improvisiert wird, als strikt einem Plan zu folgen.

Begeisterung und Leidenschaft

Wer erfolgreich Geschäfte machen möchte, setzt von Anfang an auf die Stärken dieser Verhaltensweisen und vermeidet, sie als Schwächen zu betrachten. Für regelorientierte deutsche Manager mag manches gewöhnungsbedürftig sein. Doch hiesige Standards vorauszusetzen, Regeln und Prozesse stur auf das Land zu übertragen – das funktioniert nicht. Vielmehr geht es in Südafrika darum, sich der Kultur der Menschen anzunähern. Begeisterung und Leidenschaft zählen rund um das Kap zum A und O im Geschäftsleben.

Vor allem die Qualität der persönlichen Beziehungen entscheidet hier über den Unternehmenserfolg. Der obligatorische Small Talk vor dem Business Meeting ist besonders wichtig. Südafrikaner kommunizieren im Vergleich zu Deutschen sehr offen und legen viel Wert darauf ihre Geschäftspartner näher kennenzulernen. Persönliche Fragen oder eine spontane Einladung zum Grillen – dem sogenannten Braai – gehören in Südafrika auch zum Geschäftsgespräch dazu. Der Grundstein für gute Kundenbeziehungen und motivierte Mitarbeiter ist gegenseitiges Vertrauen und Geduld.

Anfänglich machen viele den Fehler, zu perfektionistisch und extrem zielorientiert an Projekte, Verhandlungen und Mitarbeiter heranzutreten. Diese Art wirkt in Südafrika dann häufig kontraproduktiv. Wichtig ist der Zusammenhalt unter den Kollegen: in einer familiären Atmosphäre laufen die Geschäfte meist besser. Haben Mitarbeiter oder Geschäftspartner das Gefühl, Teil von etwas Besonderem zu sein, sind sie mit Begeisterung, Leidenschaft und voller Motivation dabei. Insbesondere in puncto Mitarbeiterbindung ist diese persönliche Herangehensweise Gold wert. Übrigens: Unternehmen aus Deutschland haben einen exzellenten Ruf in Südafrika – die Mitarbeiter vertrauen daher von vornherein der Kompetenz deutscher Führungskräfte.

Unternehmer, die nach Südafrika kommen, sollten sich dennoch Zeit lassen – mit ihrem Business und mit den Menschen. Typisch deutsche Zeitpläne funktionieren eher nicht. Vor allem bei der interkulturellen Kompetenz hilft gezieltes Coaching von landeserfahrenen Trainern. In den Coachings lernt man, wie in Südafrika nachhaltige Vertrauensbeziehungen aufgebaut werden können und welche kulturellen Fettnäpfchen lauern. Und auch hierbei sollte man sich genügend Zeit nehmen und die typisch deutsche Ungeduld einfach mal beiseite schieben.