Viele deutsche Familienunternehmen sind Weltmarktführer und haben in den vergangenen Jahren die neuen Märkte im Sturm erobert. Auch die Digitalisierung haben viele längst als Herausforderung auf der Agenda. Doch für einige Familienunternehmer sind digitale Technologien noch Neuland, denn sie gehören nicht zu ihrem Kerngeschäft.
Angesichts des steigenden Digitalisierungsdrucks müssen sich die Hidden Champions zwangsläufig mit dem Thema auseinandersetzen. Nur so können sie ihre bisweilen weltweit einzigartige Innovationskultur fit für die Zukunft machen und auch die Nachfolge erfolgreich gestalten. Aber wie erschließen sich die großen Patriarchen die digitale Welt – und bleiben so innovativ wie eh und je?
Neuentwicklungen sind bei vielen familiengeführten Unternehmen in Deutschland aus Tradition Chefsache. Viele ihrer Gründer waren Ingenieure – das prägt bis heute die Unternehmenskultur. Tüfteln und Entwickeln gehört zu ihrer DNA. Innovation und operatives Geschäft stehen in Familienunternehmen nicht nebeneinander – nach dem Motto: Erst wenn das Geschäft erledigt ist, bleibt Zeit für den Blick nach vorn.
In Familienunternehmen gilt: Innovation IST operatives Geschäft – ob im Maschinenbau, in der Automobilzulieferung, in der Elektro- oder der Chemie- und Pharmaindustrie. Auch in der Lasertechnik oder bei Weißer Ware sind deutsche Familienunternehmen Innovationsführer. Doch wie erschließen sich die großen Patriarchen die digitale Welt – und bleiben so innovativ wie eh und je?
In drei Schritten digitales Neuland betreten
Für viele Familienunternehmer sind digitale Technologien Neuland, denn sie gehören nicht zu ihrem Kerngeschäft. Manche kritische Stimme sieht Familienunternehmen daher strukturell im Hintertreffen bei der Digitalisierung. Ich sage: Sie haben einen klaren Startvorteil, denn durch kurze Entscheidungswege können sie schnell handeln.
Dabei sind Lösungen von der Stange nicht der richtige Weg. Durch die Platzierung eines „Chief Digital Officer“ wird das Problem meiner Meinung nach zum Beispiel nicht gelöst. Das betonte jüngst auch unsere Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einer Konferenz des CDU-Wirtschaftsrates – sie sprach sich dafür aus, das Thema stärker vom CEO aus denken.
Schafft es ein Unternehmen nicht aus eigener Kraft, den digitalen Wandel zu meistern, bieten sich drei Handlungsschritte an:
- Die Akquisition eines Unternehmens mit entsprechendem Know-how
- die Beteiligung an einem Start-up
- die gezielte Einstellung von Top-Führungskräften, die auf den neuen Technologiefeldern zu Hause sind
Letztlich ist es aber das gesamte Management, das die Veränderung treiben muss! Die gesamte Wertschöpfungskette von Entwicklung über Produktion bis hin zum Vertrieb muss digital werden. So bleiben die Unternehmen innovativ. Was am besten für ein Unternehmen ist, hängt von der Branche, der Unternehmensgröße und der -kultur ab: Welche Stellung im Markt habe ich? Ist Geld für eine Akquisition vorhanden? Habe ich die richtigen Leute? Passen neue Kandidaten in die Unternehmenskultur?
Innovationsfähigkeit bei Nachfolgeregelung beachten
Viele Unternehmenslenker kommen ins Alter – ein hoher Prozentsatz der Familienunternehmen hat ein Nachfolgeproblem. Rund jeder dritte Seniorunternehmer in Deutschland findet derzeit nicht den passenden neuen Chef (DHIK-Report Unternehmensnachfolge 2014). Und wenn der treibende Innovator weg ist und nicht rechtzeitig ein neues innovatives Team oder ein strukturierter Innovationsprozess den Genius ersetzt, kann es auch ein Innovationsproblem geben.
Auch auf europäischer Ebene gewinnt das Thema Nachfolge an Bedeutung: Nach dem jüngsten European Family Business Barometer von EFB und KPMG erwägt die Hälfte der europäischen Familienunternehmen strategische Veränderungen innerhalb dieses Jahres. Derzeit plant rund ein Viertel der europäischen Familienunternehmer, das Management an die nachfolgende Generation weiterzugeben.
23 Prozent der Firmenlenker können sich sogar vorstellen, ihr Unternehmen künftig von einem familienfremden CEO managen zu lassen. Ganz gleich, wem Unternehmer ihr Erbe anvertrauen, sie sollten stets den Faktor Innovationsfähigkeit beachten, um weiterhin erfolgreich am Markt agieren zu können. Dann bleibt Deutschland ein Land mit einer einzigartigen Innovationskultur und die Weltmarktführer global an der Spitze.