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Creditreform

„Aufsicht warnt vor Bankensterben“. „Die fetten Jahre sind vorbei“. Dies sind Schlagzeilen aus dem Handelsblatt vom Juni 2019 zur Finanzierung im Mittelstand. Nicht unbedingt zur aktuellen Situation – aber zu den Zukunftsperspektiven. Die Botschaft für die Unternehmen: Machen Sie jetzt eine Standortanalyse zur eigenen Finanzierung. 

© Carl-Dietrich Sander

Unternehmen mit guter Bonität werden aktuell noch unverändert von Banken und Sparkassen umworben. Doch dies wird aller Voraussicht nach nicht so bleiben. Das verdeutlichen die Schlagzeilen im Handelsblatt. Für Unternehmen, die ihre eigene Finanzierungsituation analysieren und wenn erforderlich konkrete Maßnahmen zur Verbesserung und vor allem zur Sicherung ergreifen wollen, hat der Bundesverband Die KMU-Berater die kostenlose Checkliste Unternehmensfinanzierung für den Mittelstand veröffentlicht.

 

Die wirtschaftlichen Hintergründe

  • Die Tiefzinsphase wird länger anhalten als bisher gedacht. Das zeigen die Worte von EZB-Präsident Draghi nach der letzten EZB-Ratssitzung. Für Kreditinstitute heißt das: Der Rückgang der Erträge wird anhalten. Für die Firmenkunden der Institute heißt das: Die „Risikotragfähigkeit“ der Kreditinstitute (Begriff der Bankenaufsicht) aus dem laufenden Geschäft wird weiter sinken. Damit müssen sich Banken und Sparkassen noch genauer überlegen, welchen Unternehmen sie weiteren Kredit geben wollen und welchen nicht.
  • Bisher konnten viele Institute die Ertragsrückgänge durch Ausweitung des Kreditvolumens zumindest teilweise ausgleichen. Dies wird nach Ansicht zum Beispiel der KfW künftig immer weniger möglich sein. Außerdem bedeutet ein ständig wachsendes Kreditvolumen wie in den letzten Jahren auch ein ständig wachsendes latentes Kreditausfallrisiko. Und damit schließt sich der Kreis zum ersten Punkt – Stichwort Risikotragfähigkeit.

 

Steigende Anforderungen seitens der Keditgeber

  • Kreditunterlagen: Die Aktualität von Jahresabschlüssen wird stärker betont und es werden zunehmend Planzahlen verlangt, um die weitere Unternehmensentwicklung einschätzen zu können.
  • Sicherheiten: Es werden mehr und vor allem werthaltigere Sicherheiten eingefordert.
  • Zinsen und Gebühren: Die Institute drehen an der Preisschraube.

Diese Anforderungen werden zunehmen und in der Breite der Unternehmenskundschaft der Banken und Sparkassen spürbarer werden.

 

So bereiten sich Unternehmen vor

Was können und sollten Unternehmen tun, um für eine nicht mehr so „freudige Kreditvergabe“ gerüstet zu sein? Am Anfang steht immer eine Bestandsaufnahme wie zum Beispiel über die Checkliste Unternehmensfinanzierung für den Mittelstand.

  • Die Unternehmen bewerten selbstkritisch zehn Aussagen zur Banken- und Finanzierungssituation.
  • Die Unternehmen erhalten direkt eine Einschätzung ihrer Situation aus Beratersicht und einen ersten Handlungsimpuls.
  • Die Unternehmen können ihre Eingaben und die Einschätzung ausdrucken; auf diese Weise können sie ihre eigenen Fortschritte verfolgen, wenn sie zum Beispiel jährlich die Checkliste wieder nutzen.
  • Die Unternehmen erhalten Anfang jeden Jahres eine Vergleichsübersicht aller Einschätzungen, die auf anonymer Basis aus den Teilnahmen erarbeitet wird; Voraussetzung dafür ist die Angabe der E-Mail-Adresse.

Je nachdem welches Ergebnis die Checkliste ausweist, ergeben sich erforderliche Aktivitäten. Natürlich sind diese unternehmensindividuell festzulegen. Aus der Beratungserfahrung lassen sich aber einige Aktivitäten nennen, die sehr häufig sinnvoll sind:

 

Stellen Sie sich breiter auf

  • Aufbau einer zweiten kreditgebenden Hausbankverbindung, um nicht von einem Institut abhängig zu sein (womöglich hat die einzige Hausbank nur eine geringe Risikotragfähigkeit?).
  • Gespräch mit den Banken über die Bestimmungsfaktoren der weiteren Kreditbereitschaft. Dies sind „umgekehrt“ die Bestimmungsfaktoren der Verhandlungsstärke der Unternehmen:
    • Ergebnis des Bankenrating
    • Ergebnis der Kapitaldienstfähigkeitsberechnung der Banken
    • Höhe des ungesicherten Kreditvolumens (Blankovolumens) der jeweiligen Bank (Summe der Kreditlinien abzüglich der Sicherheiten in der Bewertung der Bank).
  • Nutzung ergänzender Finanzierungsdienstleistungen wie Leasing, Factoring, Eigenkapital etc.
  • Ausprobieren von Finanzierungsmöglichkeiten im Internet als ergänzende Möglichkeit.

Vielfach sind sich Unternehmerinnen und Unternehmer nicht ganz sicher, wie sie Ihre Situation gegenüber ihren Kreditgebern einschätzen sollten. Bezüglich des Bestimmungsfaktors Rating bieten die KMU-Berater mit ihrem Ratingnotenvergleich eine gute Möglichkeit der Einschätzung: www.ratingnoten.kmu-berater.de.

Eine weitere gute Möglichkeit, die eigene Situation passgenauer zu beurteilen, ist der Austausch mit entsprechenden Gesprächspartnern. Das können Unternehmerkollegen/innen sein, der Steuerberater, die Wirtschaftsförderung oder auch auf Finanzierungsthemen spezialisierte Unternehmensberater/innen. Entscheidend ist mit Blick auf die Zukunftssicherung: Nicht abwarten, bis ein Unternehmen nur noch auf negative Äußerungen der Kreditgeber reagieren kann, sondern jetzt zukunftsorientiert agieren.

Zum Autor:

Carl-Dietrich Sander kennt beide Seiten des Besprechungstisches in Finanzierungsfragen: 20 Jahre war er in der Firmenkundenbetreuung von Banken tätig, zuletzt neun Jahres als Vorstandsmitglied der Volksbank Neuss. Seit 1998 ist er selbstständig als freiberuflicher UnternehmerBerater: Trainer, Berater, Fachautor rund um die Themen Liquidität, Finanzierung, Rating, Bankenkommunikation. Unter anderem für die NRW.BANK hält er Unternehmer-Seminare. Sein Buch aus dem NWB-Verlag „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln“ ist eines der umfassenden Arbeitsbücher für Unternehmer und Berater zu seinem Themenkreis. Im Bundesverband „Die KMU-Berater“ leitet er die Fachgruppe Finanzierung-Rating.
http://www.cd-sander.de