- Der demografische Wandel wird Deutschland verändern und dies trifft auch den Mittelstand. Dass der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge, ab etwa 2025 eine Lücke bei den Mitarbeitern reißen wird, ist relativ bekannt. Weniger bewusst ist den meisten, dass die Alterung auch vor den Inhabern der mittelständischen Unternehmen nicht haltmacht. Unsere Analysen zeigen, dass bei ihnen die Alterung sogar noch deutlich früher ankommt als in der Gesamtbevölkerung. Über 1,3 Millionen Inhaber sind bereits heute 55 Jahre oder älter. Damit hat jeder Dritte Unternehmenslenker im Mittelstand ein Alter erreicht, in dem sich Angestellte oft bereits Gedanken über den Ruhestand machen. Noch vor zehn Jahren war das nur jeder Fünfte. Gleichzeitig fehlt es am Nachwuchs. Trotz zuletzt leicht gestiegener Zahlen werden seit Jahren zu wenige Unternehmen gegründet oder übernommen. Von dieser Entwicklung sind nahezu alle Branchen betroffen. Besonders stark schlägt die Demografie aber beim verarbeitenden Gewerbe und bei den größeren Mittelständlern mit mehr als 50 Beschäftigten zu. Also ausgerechnet in dem Segment, in dem besonders viele leistungs- und wachstumsstarke Mittelständler in Deutschland tätig sind.
Welche Folgen hat diese Entwicklung im Mittelstand auf die Wirtschaft? Die Bereitschaft in neue Maschinen, Anlagen oder Gebäude zu investieren, nimmt bei älteren Unternehmern deutlich ab. Im Schnitt tätigen Inhaber unter 40 Jahren zu 57 Prozent Investitionen. Bei den über 60 jährigen sinkt dieser Anteil auf 37 Prozent. Viele Unternehmer ziehen sich also aus der Weiterentwicklung ihres Betriebs zurück. Und bei denen, die noch investieren, spielen Erweiterungen eine untergeordnete Rolle. Vielleicht wird noch der Fuhrpark modernisiert oder eine Software aktualisiert. Aber der Ausbau des Auslandsgeschäfts oder die Erweiterung der Produktionskapazitäten bleibt aus. Die Entscheidung des einzelnen Inhabers gegen Investitionen mag nachvollziehbar sein. Immerhin wird sein Planungshorizont mit voranschreitendem Alter kürzer und die Chance selbst noch direkt von der Investition zu profitieren nimmt ab. Auch die Bereitschaft von Banken, langfristige Finanzierungen an ältere Unternehmer ohne geregelte Nachfolge zu vergeben dürfte eher gering sein. Die gesamte Gemengelage spricht somit häufig gegen Investitionen. Das fatale daran ist, dass dies markante Auswirkungen auf die Unternehmenssubstanz hat. Bei acht von zehn Mittelständlern mit älteren Inhabern übersteigen die Abschreibungen die Neuinvestitionen. Da Investitionen zurückgefahren werden, geht Wettbewerbsfähigkeit verloren. Dies mindert nicht nur den Wert eines Unternehmens, in dem oft ein ganzes Arbeitsleben steckt, sondern gefährdet auch Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum.
Noch sind die negativen Auswirkungen dieser Entwicklung nicht offensichtlich. Aber mittelfristig wird sich dies ändern, da sich die Alterung im Mittelstand absehbar weiter verschärft. Um hier gegenzusteuern, müssen Unternehmen Fragen zur eigenen Zukunft und zur Klärung der Nachfolge frühzeitig angehen. Diesen Prozess muss die Wirtschaftspolitik mit günstigen Rahmenbedingungen flankieren. Geling es so, auch kleine und mittlere Unternehmen älterer Eigentümer im kontinuierlichen Investitionsprozess zu halten, ist viel gewonnen. Unternehmenswert, Konkurrenzfähigkeit und natürlich auch Arbeitsplätze können erhalten werden. Und das ist es, was am Ende zählt.