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Creditreform

Vielen Unternehmen geht es finanzierungstechnisch derzeit offenbar gut: Die Konjunktur läuft, die Kreditgeber sind recht bereitwillig, . . . – das fühlt sich gut an. Diesen Eindruck vermitteln viele Kontakte und auch die Tatsache, dass den Selbst-Check „KMU-Banken-Barometer“ des Bundesverband Die KMU-Berater in diesem Jahr so wenige Unternehmen genutzt haben, wie noch nie in seinem nun fünfjährigen Bestehen.

Andererseits: Die Unternehmen, die das „KMU-Banken-Barometer 2018“ genutzt haben, beschreiben ihre Finanzierungs- und Banken-Situation so negativ wie noch nie seit 2014 – und zwar durchgängig für alle zehn Kriterien des Selbst-Check.

Ein paar Schlaglichter aus den Ergebnissen 2018:

Öffentliche Förderkredite: 49 Prozent der Unternehmen erleben keine aktive Beratung zu Förderkrediten durch ihre Hausbanken (Vorjahr: 25 Prozent)

Rating: 64 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bekommen keine oder keine ausreichenden Informationen zum Ergebnis des Banken-Ratings über ihr Unternehmen (Vorjahr: 56 Prozent)

Sicherheiten: Für 45 Prozent spielen Sicherheiten in den Kreditgesprächen eine entscheidende Rolle (Vorjahr 33 Prozent)

Mögliche Schlussfolgerungen aus diesen Schlaglichtern sind vielleicht diese: Die Intensität der Beratung wird nicht besser, das Sicherheitenbedürfnis der Kreditinstitute steigt, die Risikobereitschaft sinkt. Was bei den Ertragsrückgängen, mit den Banken und Sparkassen seit Jahren zu kämpfen haben, auch nicht wirklich verwundert.

Natürlich ist das aktuelle Erleben jedes Unternehmens auch eine Frage seiner individuellen Bonität / Kreditwürdigkeit / Ratingergebnisses. Deshalb sollten Unternehmen im Sinne der Selbsteinschätzung natürlich ihre Ratingergebnisse kennen (siehe oben!).

Zu bedenken ist außerdem: Die Gefahren nehmen weiter zu. Und diese werden – wenn sie eintreten – vor allem die Unternehmen mit einer mittleren Bonität treffen: Die nächste Konjunkturdelle kommt bestimmt – und bei den zunehmenden Risiken um uns herum vielleicht schneller, als wir denken. Dann werden vielen Banken und Sparkassen die wieder auftretenden Kreditrisiken (aktuell gibt es so gut wie keine) in ihren Gewinn- und Verlustrechnungen richtig weh tun. Und deren Risikobereitschaft wird weiter sinken.

Darum gilt jetzt: Die (noch) gute Finanzierungssituation nutzen und die Finanzierungsstruktur des Unternehmens überprüfen und für die kommenden ein bis zwei Jahre absichern. Das heißt

  • die Finanzierung auf eine möglichst breite Basis stellen – auf keinen Fall von nur einem entscheidenden Kreditgeber abhängig sein
  • suboptimale Finanzierungsstrukturen jetzt umfinanzieren
  • absehbaren Finanzierungsbedarf jetzt anpacken

Wenn Sie Handlungsbedarf für Ihr Unternehmen sehen, dann nutzen Sie den Beitrag zur Verhandlungsmachtposition als Einstieg in Ihr Tun.

Zum Autor:

Carl-Dietrich Sander kennt beide Seiten des Besprechungstisches in Finanzierungsfragen: 20 Jahre war er in der Firmenkundenbetreuung von Banken tätig, zuletzt neun Jahres als Vorstandsmitglied der Volksbank Neuss. Seit 1998 ist er selbstständig als freiberuflicher UnternehmerBerater: Trainer, Berater, Fachautor rund um die Themen Liquidität, Finanzierung, Rating, Bankenkommunikation. Unter anderem für die NRW.BANK hält er Unternehmer-Seminare. Sein Buch aus dem NWB-Verlag „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln“ ist eines der umfassenden Arbeitsbücher für Unternehmer und Berater zu seinem Themenkreis. Im Bundesverband „Die KMU-Berater“ leitet er die Fachgruppe Finanzierung-Rating.
http://www.cd-sander.de