Die Zahl der Fusionen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken war und ist hoch. Ein Argument dabei immer: Nur größere und große Institute können auf Dauer die Herausforderungen meistern und genügend Ertragsstärke erreichen. Nur: Für acht der zwölf größten Sparkassen galt dies 2018 nicht!
Maßstab für diese Betrachtung ist die durchschnittliche Ertragsstärke aller deutschen Sparkassen im Jahr 2018. Denn: Nach der landläufig vertretenen Größen-Philosophie müssten die größten Sparkassen dann ja mehr oder weniger deutlich über dem Durchschnitt liegen.
Bei der Analyse der Ertragskraft von Kreditinstituten ist der zentrale Wert das „Betriebsergebnis vor Bewertung“. Auf einen kurzen Nenner gebracht ist das die operative Ertragskraft: Zinsüberschuss plus Provisionsüberschuss plus sonstige betriebliche Erträge abzüglich Personalaufwand, Sachaufwand, Abschreibungen auf das Sachanlagevermögen und sonstiger betrieblicher Aufwand. Aus diesem „Betriebsergebnis vor Bewertung“ müssen die Institute dann leisten können: Risiken aus dem Kreditgeschäft, Abschreibungen auf Wertpapiere, Steuern, Rücklagenzuführung, Dividende.
Das Betriebsergebnis vor Bewertung wird dann in Beziehung gesetzt zur „durchschnittlichen Bilanzsumme – DBS“ (die Institute rechnen diese über 365 Tage aus). Und die sich daraus ergebende Prozentzahl (Betriebsergebnis vor Bewertung in Prozent der DBS) ist der zentrale Beurteilungsmaßstab für die Rentabilität einer Bank.
Laut Bilanzpressekonferenz des Deutschen Sparkassen und Giroverbandes (DSGV) vom 6. März 2019 lag dieser Wert 2018 im Durchschnitt aller Sparkassen bei 0,80 Prozent (allerdings hier nicht gerechnet auf die DBS, sondern auf die addierte Bilanzsumme 2018 aller Sparkassen; die DBS wurde nicht genannt). Und natürlich handelt es sich um vorläufige Zahlen.
Groß und stark? Nicht immer.
Konsequenz für die These „groß gleich ertragsstark“: Die zwölf größten deutschen Sparkassen müssten einen höheren Wert ausweisen können. Doch leider weit gefehlt.
Ich habe mir die Daten auf den Internetseiten der zwölf größten Sparkassen herausgesucht. Grundlage dazu war eine Größenrangliste der deutschen Sparkassen 2017, die vom DSGV veröffentlicht wurde. Den Anstoß dazu gegeben haben Informationen im Newsletter von www.finanz-szene.de. Dort wurde auf erste Werte deutlich unter 0,80 Prozent bei einzelnen größeren Sparkassen hingewiesen. Die Daten stammen bei acht Sparkassen aus den Pressemitteilungen zu deren Bilanzpressekonferenzen, bei zweien aus den bereits veröffentlichen Jahresabschlüssen und bei zwei weiteren auch aus ergänzenden direktem Kontakt zu den Pressesprecherinnen, weil nicht alle benötigten Daten in den Presseunterlagen genannt wurden. Die Recherchen fanden statt am 23. und 24. April 2019.
Die Werte in der Aufstellung über die zwölf größten Sparkassen wurden errechnet auf der Bilanzsumme 2018 der Institute (Ausnahme: Stadtsparkasse München – hier ist die Zahl tatsächlich der Wert in Prozent der DBS. Die Münchener sind das einzige Institut, das die DBS angibt).
Hier sind die Zahlen – jeweils „Betriebsergebnis vor Bewertung in Prozent der Bilanzsumme 2018“:
Sparkasse | Betriebsergebnis vor Bewertung in Prozent der Bilanzsumme 2018 |
Hamburger Sparkasse | 0,51 |
Berliner Sparkasse | 0,49 |
Sparkasse KölnBonn | 0,45 |
Kreissparkasse Köln | 0,56 |
Frankfurter Sparkasse | 0,43 |
Stadtsparkasse München | 0,74 |
Stadtsparkasse Hannover | 0,73 |
Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam | 1,27 |
Sparkasse Pforzheim Calw | 0,80 |
Ostsächsische Sparkasse Dresden | 0,95 |
Nassauische Sparkasse Wiesbaden | 0,92 |
Stadtsparkasse Düsseldorf | 0,69 |
Durchschnitt aller Sparkassen | 0,80 |
Drei Ausreißer nach oben
Es gibt nur drei „Ausreißer nach oben“, die die These „Größe = Ertrag“ stützen. Zwei Institute kommen aus den ostdeutschen Bundesländern, eines aus den westdeutschen. Die Sparkassen in den ostdeutschen Bundesländern sind seit vielen Jahren im Schnitt deutlich ertragsstärker als die in den westdeutschen Bundesländern.
Und ein Institut schafft den Mittelwert. Also reißen acht der zwölf Institute die Messlatte des Durchschnittsergebnisses aller Sparkassen. Und das zum Teil deutlich. Die größte deutsche Sparkasse, die Hamburger Sparkasse oder kurz Haspa, liegt gerade noch bei 64 Prozent des Durchschnitts und die Frankfurter Sparkasse als „schwächste“ bei 54 Prozent – also gerade knapp über der Hälfte des Durchschnitts. Spannende Frage: Was machen die drei „Ausreißer“ anders? Diese Frage geht vor allem an die Nassauische Sparkasse als westdeutscher Ausreißer – denn die ostdeutschen Sparkassen – siehe oben – haben ganz offenbar seit Jahren ertragsfreundlichere Strukturvorteile.
Trotzdem sprechen alle (!) Institute in ihren Pressemitteilungen irgendwie von „zufriedenstellenden Ergebnissen“. Nun könnte man ironisch sagen „alles eine Sache der Zielsetzung oder der eigenen Maßstäbe“.
Die Sache hat nur einen Haken. Es gibt einen „objektiven“ Maßstab. Und dieser lautet: Ein regionales Institut sollte dauerhaft ein „Betriebsergebnis vor Bewertung“ von 1,00 Prozent der DBS erwirtschaften. Der Hintergrund dieser Betrachtung: Von diesen 1,00 Prozent werden dauerhaft erfahrungsgemäß 0,30 Prozent für Risiken im Kreditgeschäft und in den Wertpapieren benötigt. Die restlichen 0,70 Prozent benötigen die Institute für ihre Steuerzahlungen, die Aufstockung des Eigenkapitals und Ausschüttungen.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken haben im Bundesdurchschnitt solche Betriebsergebnisse zuletzt 2011 erreicht. Seitdem geht es kontinuierlich bergab. Stellen Sie sich als Unternehmer/in einmal vor, welche Fragen Ihr Bankbetreuer Ihnen stellen würde, wenn das Betriebsergebnis Ihres Unternehmens sich seit 2011 so entwickelt hätte.
Das Problem hinter dieser Ertragsentwicklung: Parallel zum Rückgang der Betriebsergebnisse verschwanden auch die Risikokosten – dank der guten Konjunkturentwicklung. Daher können viele Institute zumindest mit Betriebsergebnissen vor Bewertung von ca. 0,70 Prozent derzeit noch gut leben. Aber: Die nächste Konjunkturdelle kommt bestimmt – und damit auch wieder Risikokosten.
Für die Kreditversorgung des Mittelstandes wird das heißen: Die Institute werden die Maßstäbe für ihre Kreditvergabe wieder verschärfen. Das wird erfahrungsgemäß vor allem kleinere Unternehmen und Unternehmen mit nur mittlerer Bonität besonders treffen.
Ihre Schlussfolgerung als Unternehmer/in: Schauen Sie sich jetzt (!) Ihre Finanzierungsstruktur an. Sichern sie Ihre Unternehmensfinanzierung über einen intelligenten Finanzierungsmix dauerhaft für die Zukunft ab. Dazu gehört vor allem, dass Sie sich nicht von nur einer kreditgebenden Hausbank abhängig machen. Mehr dazu finden Sie auch im Beitrag hier.
Zum Autor:
Carl-Dietrich Sander kennt beide Seiten des Besprechungstisches in Finanzierungsfragen: 20 Jahre war er in der Firmenkundenbetreuung von Banken tätig, zuletzt neun Jahres als Vorstandsmitglied der Volksbank Neuss. Seit 1998 ist er selbstständig als freiberuflicher UnternehmerBerater: Trainer, Berater, Fachautor rund um die Themen Liquidität, Finanzierung, Rating, Bankenkommunikation. Unter anderem für die NRW.BANK hält er Unternehmer-Seminare. Sein Buch aus dem NWB-Verlag „Mit Kreditgebern auf Augenhöhe verhandeln“ ist eines der umfassenden Arbeitsbücher für Unternehmer und Berater zu seinem Themenkreis. Im Bundesverband „Die KMU-Berater“ leitet er die Fachgruppe Finanzierung-Rating.
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