Seit nunmehr Jahrzehnten arbeiten gerade die deutschen Unternehmen an der Verbesserung ihrer Prozesse. Schlank und effizient wollen sie aufgestellt sein. Doch die Erfolge lassen oft immer noch auf sich warten. Warum ist das so?
Als die Staufen AG jüngst im Rahmen der Studie „25 Jahre Lean Management“ von rund 1350 Führungskräften deutscher Industrieunternehmen wissen wollte, was Lean Management für sie anno 2016 bedeutet, ergab sich ein eindeutiges Bild: Für 90 Prozent der Befragten geht es immer noch in erster Linie um die Optimierung der Prozesse (siehe Grafik). Sie nutzen die Werkzeuge und Instrumente also vor allem, um effizienter und effektiver zu arbeiten.
Doch Lean ist heute weit mehr – es zielt vor allem darauf ab, lernende Organisationen zu schaffen, mit denen es Unternehmen gelingt, sich schnell auf Veränderungen und Herausforderungen einzustellen. Nicht Prozesse, sondern das Verhalten von Führungskräften und Mitarbeitern sollten daher künftig im Fokus stehen. Das Ziel: Lean Leadership.
Von der klassischen Führungskraft zum Lean Leader
Den Hintergrund dieser Fokussierung bildet die Industrie 4.0. Sie hat grundlegenden Einfluss auf unsere Arbeitswelt, der eine Digitalisierung mit weitreichenden Folgen für Arbeitnehmer und Führungskräfte bevorsteht. Diese Arbeitswelt 4.0 wird vor allem gekennzeichnet sein durch neue Arbeitszeitmodelle, das stärkere Nutzen von Informations- und Kommunikationstechnologien, deren Vernetzung sowie eine weitere Automatisierung. Eine Schlüsselrolle in dieser Arbeitswelt der Zukunft wird das tägliche Lernen spielen. Die Beschäftigten werden sich eigenverantwortlich qualifizieren und Wissen verstärkt untereinander austauschen, auch über die sozialen Medien.
Die Spitzenkräfte stehen damit vor einer grundlegenden Umstellung. Ihr oftmals überdurchschnittliches fachliches Know-how wird künftig deutlich weniger gefragt sein als heute, stattdessen werden Kommunikationsfähigkeit gegenüber Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten sowie ein teamorientierter Führungsstil an Gewicht gewinnen. Der Manager von heute muss zum Lean Leader werden, was heißt, seine Mitarbeiter nach Art eines Coaches oder Mentors zum selbständigen Lernen zu motivieren und Denkroutinen in den Teams zu etablieren, mit denen diese Probleme lösen und ihre Arbeitsprozesse permanent selbst verbessern können.
Überzeugungstaten statt Lippenbekenntnisse
Noch herrscht in Sachen Lean Leaderships allerdings erheblicher Nachholbedarf. Obwohl nahezu zwei von drei deutschen Industriebetrieben laut der Staufen-Studie „25 Jahre Lean Management“ bereits auf das sogenannte Shopfloor Management – die konsequente Führung direkt am Ort der Wertschöpfung – setzen, bemängeln viele von ihnen dessen schwachen Einfluss auf die Führungsleistung. Dies zeugt davon, dass der proklamierte Wandel des Führungsverhaltens oftmals noch im Status eines Lippenbekenntnisses verharrt.
Lean Leadership ist eben viel mehr als ein verordnetes Managementsystem. Es handelt sich um eine Denkweise, welche die gesamte Organisation durchzieht und verändert. In der Praxis ist der Lean Leader dann am erfolgreichsten, wenn er im doppelten Sinne des Wortes ein Überzeugungstäter ist.
Lean-Experte Michael Ballé hat es Anfang Juli auf dem diesjährigen BestPractice Day der Staufen AG, Europas größtem Lean-Management-Kongress, so formuliert: „Von einer guten Führungskraft wird erwartet, dass sie Denkroutinen in den Teams etabliert, mit denen Probleme gelöst werden können. Diese Techniken tragen gleichzeitig dazu bei, den Job jeden Tag ein bisschen besser zu machen.“
Ich denke, dass dies ein Anspruch ist, auf denen sich alle Führungskräfte ohne Probleme verständigen können.
Weiterführende Informationen:
- Lean Management: Alles über die Staufen AG und deren Leistungen
- Direkt zur Studie „25 Jahre Lean Management“
- Video: Rückblick BestPractice Day 2016
- Kongress: Maschinenbau in der Transformation am 30. November in Salach (bei Stuttgart)