Dass die Mehrzahl der Beschäftigten in Deutschland voll hinter ihrem Job steht und auch hin und wieder länger als vereinbart arbeitet, klingt zunächst erfreulich. Für nahezu jeden dritten Arbeitnehmer trifft das allerdings nicht zu. Zum Vergleich: Welchen Tabellenplatz würde wohl eine Fußballmannschaft am Saisonende belegen, wenn sie jedes Spiel mit drei Spielern in der Unterzahl absolvieren würde? Eine solche Quote ist – egal ob Büroetage, Lager oder Werkhalle – nicht wirklich verkraftbar. Mit einem coachenden Führungsstil können Vorgesetzte auch bisher nicht motivierte Mitarbeiter erreichen und ihnen helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Das wiederum steigert ihre Identifikation mit dem Arbeitsplatz und verstärkt damit ihren Einsatz für den Erfolg des Unternehmens.
Noch einmal zum Sport: Führungskräfte aus der Wirtschaft können beispielsweise einiges von den deutschen Handballern lernen: Nicht nur großartige Leistungen, sondern auch ein ebensolcher Teamgeist und ein Coach im besten Sinne des Wortes haben die „Bad Boys“, die ja alles andere als unangenehme Zeitgenossen sind, kürzlich zum Europameister werden lassen. Das kann auf den Alltag in den hiesigen Betrieben übertragen werden. Ein starkes Wir-Gefühl innerhalb der Belegschaft und eine hohe Identifikation des einzelnen Mitarbeiters mit seinem Arbeitsplatz können den Unternehmenserfolg nachhaltig positiv beeinflussen.
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Insgesamt ist die Arbeitsmoral in Deutschland recht erfreulich: 71 Prozent aller Beschäftigten identifizieren sich mit ihrem Arbeitsplatz und das Gros von ihnen macht gelegentlich Überstunden – etwa die Hälfte der Mitarbeiter sogar auch unbezahlt. Das ist insofern bemerkenswert, als dass jeder vierte Angestellte unter einem Chef arbeitet, der keine Widerrede duldet, häufig kritisiert und selten lobt. Dieser autoritäre Führungsstil ist in den Firmen am weitesten verbreitet und zugleich der unbeliebteste landesweit. Nur drei Prozent der Arbeitnehmer favorisieren ein direktives Auftreten ihres Managements. Dies sind Ergebnisse der Studie „Emotionale Führung am Arbeitsplatz“, für die von der Personalberatung Rochus Mummert jüngst 1.000 Arbeitnehmer in Deutschland befragt wurden.
Es fällt jedoch auf, dass mit 30 Prozent nahezu jeder Dritte nicht mit dem Herzen bei der Sache ist. Wie stehen diese Beschäftigten zu ihrem Arbeitsplatz? 23 Prozent von ihnen sehen ihre Tätigkeit nur als Job, den sie aber immerhin nach eigener Einschätzung gut und gewissenhaft erledigen. Die übrigen geben sich weniger Mühe oder arbeiten gar nach dem Motto „Dienst nach Vorschrift“. Ein verantwortungsvolles Management muss versuchen, diese Mitarbeiter quasi in die Mannschaft zu holen. Gelingen kann das über eine positive Motivation, die ein Manager – Handball-Nationaltrainer Dagur Sigurdsson lässt grüßen – nach Art eines Coachs vermittelt.
Tatsächlich wünscht sich etwa jeder zweite Angestellte einen coachenden Chef, der Aufgaben sinnvoll delegiert und die Mitarbeiter individuell fördert. Er hört zu, stellt Fragen und hilft seinen Leuten dabei, ihre eigenen Ziele mit denen des Unternehmens zu vereinen, damit sie ihre Entwicklungsmöglichkeiten nutzen können. Doch hier gibt es Nachholbedarf: Nur 23 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland haben laut der Rochus-Mummet-Studie einen Vorgesetzten, der dem Bild eines coachenden Trainers entspricht.
Ein derartiger, positiv motivierender Führungsstil ist allerdings notwendig, um die operative Leistungsfähigkeit eines Unternehmens auch langfristig zu verbessern. Das gilt erst recht für Betriebe, die größere Veränderungen, wie etwa eine neue strategische Positionierung oder den Aufbau neuer Geschäfte planen. Ihr Management muss eine Firmenkultur gestalten und leben, die die Identifikation aller Beschäftigten mit ihren Arbeitsplätzen fördert und ihnen persönliche Entfaltungsräume bietet.
Viele deutsche Unternehmen sind in dieser Hinsicht bereits auf einem guten Weg, wie unsere Studie zeigt. Der hohe Anteil unzufriedener Mitarbeiter zeigt jedoch, welch enormes Verbesserungspotenzial in den Unternehmen steckt. Wertschöpfung durch Wertschätzung und helfende Beziehungen kostet wenig und erzeugt überdurchschnittlichen ökonomischen Erfolg.