Ein Vorgesetzter, der während eines Mitarbeitergesprächs fortwährend auf sein Smartphone schaut. Ein Berater, der im Meeting seine E-Mails liest. Oder eine Halbtagskraft, die während dem Einkaufen in Gedanken ihre To-Do-Liste für den nächsten Tag im Büro vorbereitet. Klassische Alltagssituationen in der heutigen Arbeitswelt.
Der Trend zum Multitasking verbreitet sich gerade in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung, in denen Home-Office und mobiles Arbeiten an Bedeutung gewinnt, immer mehr. Auch der zunehmenden Informations- und E-Mailflut im Büro und dem wachsenden Leistungsdruck begegnen Mitarbeiter häufig mit parallelem Arbeiten an mehreren Projekten und Aufgaben.
Auf den ersten Blick scheint Multitasking eine ideale Lösung für lange Aufgabenlisten zu sein: mehrere Sachen werden gleichzeitig erledigt, Zeit und Ressourcen gespart.
Ist Multitasking ineffizient?
Nun haben Wissenschaftler im Labor für Gehirn, Kognition und Aktion der Universität Michigan jedoch nachgewiesen, dass Multitasking eigentlich ein schnelles Hin- und Herwechseln von Aufmerksamkeit ist. Bei jedem Aufgabenwechsel muss die Aufmerksamkeit wieder aufs Neue auf das ursprüngliche Thema gerichtet werden. Für unser Gehirn ist das kontraproduktiv und anstrengend.
Dabei gibt es zwar eine Ausnahme: wenn die ausgeführten Aktivitäten komplett unterschiedliche Bereiche des Gehirns ansprechen, also zum Beispiel Laufen (manuelle Tätigkeit) und Sprechen (verbale Tätigkeit). Die Beanspruchung gleicher Bereiche führt dagegen zu mehr oder weniger gravierenden Fehlern, wie zum Beispiel ein Tippfehler in einer E-Mail oder Unaufmerksamkeit im Meeting.
Aufmerksamkeit am Arbeitsplatz
An den heutigen Arbeitsplätzen prasseln meist allzu viele Aufgaben auf einmal auf die Mitarbeiter ein und konkurrieren um Aufmerksamkeit. Gerade im Büro verlangen diese Aktivitäten dabei meist nach denselben „Kanälen“ des Gehirns, das jedoch nur eine Aufgabe auf einmal bewältigen kann. Viele Mitarbeiter sind sich heute nicht bewusst, wie sehr sie bei dem Versuch, den ganzen Tag über Multitasking zu betreiben, in ihren mentalen Fähigkeiten eingeschränkt werden.
Besser „Flow“ als Multitasking
Das genaue Gegenteil vom Multitasking ist das, was der Psychologe Dr. Mihaly Csikszentmihalyi als Flow bezeichnet: das völlige Aufgehen in einer Sache über einen längeren Zeitraum und damit ein Zustand, in dem wir nach Meinung vieler Experten am produktivsten sind.
Ein solcher Flow ergibt sich nicht zufällig, sondern wird nur bei völliger Konzentration erreicht, die sich mühe- und zwanglos wie von selbst einstellen soll und nicht gestört werden darf. Auf einfachem Weg ist ein Flow in den meisten Büroräumen also nicht gerade zu erreichen – und unbegrenzt aufrechterhalten werden kann er ebenfalls nicht. Schade eigentlich, denn nach einem Flow sehnen sich heute bestimmt viele Mitarbeiter.