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Ein anstrengender Arbeitstag liegt hinter Ihnen. Erschöpft steigen Sie endlich in Ihren Firmenwagen und lassen sich auf den bequemen Sitz fallen. Eine einstündige Heimfahrt auf einer dicht befahrenen Autobahn mit viel Staupotenzial steht Ihnen nun bevor. Doch das prallt komplett an Ihnen ab: Statt in Stress zu geraten, schließen Sie einfach die Augen und lauschen Ihrer Lieblingsmusik.

Zur Entspannung machen Sie außerdem ein paar Yoga-Übungen oder schmökern in Ihrem Lieblingsbuch. All dies geschieht, während Sie sich bereits auf dem Heimweg befinden – denn Ihr Auto fährt ganz von allein! Für viele Menschen mag dieses Szenario heute wie eine ferne Zukunftsvision klingen, doch für mich rückt es in immer greifbarere Nähe.

Die technologischen Entwicklungen im Automotive-Bereich sind gigantisch: Vor 130 Jahren meldete der deutsche Ingenieur Carl Benz das erste praxistaugliche Automobil zum Patent an. Das optisch einer Kutsche ähnelnde Mobil mit drei Rädern wurde damals von einem Fahrer gesteuert und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 16 km/h. Auf der ersten Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim musste der dampfende Motor mit Wasser aus einem Brunnen gekühlt, das Automobil einen steilen Berg hochgeschoben und fehlendes Benzin aus einer Apotheke nachgefüllt werden.

Waren die ersten Autofahrer darum bemüht, die Technik ihres neuen Gefährts in Gang zu halten, können die Autofahrer von morgen während der Fahrt mit ihren Kindern spielen oder einfach nur entspannen. Das Auto der Zukunft übertrifft seinen Vorgänger nämlich nicht nur bei weitem in der Leistung, es kommt auch ganz ohne Fahrer aus. Unterstützt von Sensoren, Kameras und Laserscannern fahren, lenken und bremsen autonome Fahrzeuge von alleine.

Bereits in den 1990er Jahren konnte die Forschung Meilensteine im Bereich des autonomen Fahrens verzeichnen: Sowohl die Universität der Bundeswehr München, als auch die von der Europäischen Gemeinschaft gegründete Arbeitsgruppe EUREKA entwickelten selbstfahrende Autos. Der US-amerikanischen Carnegie Mellon University (CMU) gelang schließlich der Durchbruch mit dem Einsatz neuraler Netze zur autonomen Steuerung des Fahrzeugs.

Während die selbstfahrenden Autos inzwischen in mehreren US-Bundesstaaten auf offener Straße fahren dürfen, sollen diese nach einem bereits verabschiedeten Strategiepapier von Verkehrsminister Alexander Dobrindt auch bald auf deutschen Autobahnen rollen. Auf der A9 zwischen München und Nürnberg entsteht eine Teststrecke, auf der Automobilhersteller ihre autonomen Fahrzeuge im Straßenverkehr erproben können. Mit dieser Entscheidung holt Deutschland im internationalen Wettbewerb auf und nimmt Hürden im rasanten Forschungsprozess.

Auch auf der kürzlich stattgefundenen Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt waren selbstfahrende Autos das Top-Thema. „Wir stehen vor der Neuerfindung des Automobils“, sagte etwa Daimler-Chef Dieter Zetsche. BMW stellte stolz seinen neuen 7er vor, welcher ferngesteuert einparken kann. Dass sich die Automobilbranche derzeit im Umbruch befindet, machte zudem die neu ins Leben gerufene Plattform „New Mobility World“ auf der Messe deutlich: Zum ersten Mal in der Geschichte der IAA trafen dort IT-Experten aus dem Silicon Valley auf Automobilspezialisten, um über die Zukunftsthemen im Automotive-Sektor zu sprechen.

Denn die IT-Branche hat längst ihre Fühler in Richtung Automobilbranche ausgestreckt und setzt diese mit neuen Geschäftsmodellen immer stärker unter Druck. Der Fahrdienstvermittler Uber sowie Google investieren große Summen in die Entwicklung autonomer Fahrzeuge. Der Internetriese ernannte jüngst den erfahrenen Automanager John Krafcik zum neuen CEO des Selbstfahrer-Autoprojekts und setzte damit ein deutliches Zeichen für die Konkurrenz. Doch es gibt auch skeptische Stimmen. So bezeichnete Matthias Müller, frischgebackener Chef von VW, die Visionen des autonomen Fahrens unlängst als „Hype“.

Google Self-Driving Car Project (Quelle: Google)

Google Self-Driving Car Project (Quelle: Google)

Die Kontroverse ist aus meiner Sicht verständlich, schließlich bringt das Thema sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich, ganz zu schweigen von den langfristigen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Ein entscheidender Vorteil ist sicherlich die neu gewonnene, individuelle Mobilität für Menschen, die bislang vom Autofahren ausgeschlossen waren – z.B. ältere oder körperlich eingeschränkte Menschen. Für sie bedeutet autonomes Fahren mehr Freiheit und Lebensqualität. Einen weiteren Pluspunkt sehe ich in Hinblick auf die Auslastung unserer Straßen und Autobahnen.

Das autonome Autofahren führt zu kürzeren Abständen und gleichmäßigeren Geschwindigkeiten und trägt so zur Erhöhung der Straßenkapazitäten bei. Wie in meinem letzten Blog-Beitrag erwähnt, eignet sich das selbstfahrende Auto außerdem hervorragend als mobiles Homeoffice. Viel wertvolle Zeit, die häufig im Berufsverkehr verloren geht, kann effizient genutzt werden, um beispielsweise E-Mails zu lesen oder den Arbeitstag vorzubereiten. Die moderne Technik verspricht, besser als jeder Mensch am Steuer zu sein, der irgendwann müde wird oder abgelenkt ist.

Doch wer trägt die Verantwortung, falls etwas passiert? Wenn die Technik versagt oder die sensiblen IT-Systeme gehackt werden? Nicht nur die Politik muss sich mit Fragen zu ethischen und rechtlichen Aspekten auseinandersetzen. Auch wir als Fuhrparkdienstleister sind gefordert, Lösungen zu finden: Wie kann z.B. der Versicherungsschutz gestaltet werden, wenn es keinen Fahrer gibt? Fallen Dienstleistungen wie die individuelle Fahrerbetreuung oder das Fahrertraining gänzlich weg?

Ich denke, Full-Service-Leasinganbieter wie Arval werden nach wie vor gefordert sein, denn auch die modernste Technik kann einmal versagen. Zudem müssen wir als Fuhrparkdienstleister stets auf dem neusten Stand sein, um unseren Kunden erklärend und beratend zur Seite zu stehen. Eines steht fest: Mit dem autonomen Auto kommen viele neue Herausforderungen und Fragen auf Anbieter und Nutzer gleichermaßen zu.