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Wie meistern Familienunternehmen die Herausforderungen der Digitalisierung? Eine Möglichkeit ist die Kooperation mit einem dynamischen, jungen und flexiblen Start-up. Das kann für frischen Wind und neue Impulse sorgen.

Familienunternehmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie nicht in kurzfristiger Gewinnmaximierung denken, sondern in Generationen – kurzum: Eigentum ist Selbstverpflichtung und Leihgabe. Das macht allerdings die Belegschaft in der Regel weniger flexibel, weniger dynamisch. Wie kann man das ändern? Ein Prophet gilt nichts im eigenen Land. Veränderung von innen ist also schwer. Durch Start-ups hingegen kommen neue Ideen von außen – die Organisation wird wachgerüttelt, versteht die Notwendigkeit zu verändern. Das Selbstverständnis einer inflexiblen Organisation wird ausgehebelt.

Insbesondere Familienunternehmen haben einen Startvorteil, wenn es darum geht, Innovationen voranzutreiben und Digitalisierung in ihrem Geschäft umzusetzen. Die Entscheidungswege sind kürzer, sie bedienen internationale Märkte und können durch gute Erträge im angestammten Geschäft neue Ideen leichter quersubventionieren und Impulse aufnehmen. Lediglich in ihren Finanzierungsstrukturen müssen Familienunternehmen offener werden, um neuartige Modelle nachhaltig betreiben zu können. Viele sind gegenüber Venture-Capital- oder Private-Equity- Finanzierungen, Börsengängen oder Joint Ventures noch skeptisch und konzentrieren sich auf ihr Eigenkapital.

Katalysator für digitale Geschäftsmodelle

Aus dem Schulterschluss von Start-ups und mittelständischen bzw. Familienunternehmen kann eine besondere Kraft für digitale Geschäftsmodelle entstehen – das ist meine Überzeugung. Doch das Neue bringt kreative Zerstörung und wirbelt die etablierten Strukturen der Traditionellen mächtig auf, wenn sie sich für den Innovationsprozess mithilfe eines Start-ups entschieden haben. Traditionsunternehmen denken eher in Kontrolle, Verantwortung für den Betrieb, Sicherheit und Fehlerfreiheit. Jungunternehmer dagegen in Freiraum, Eigenverantwortung, Fehlerkultur und Selbstbestimmung.

Start-ups als Initiatoren des Fortschritts akzeptieren

Es wird zwangsläufig zu Schwierigkeiten aufgrund von Mentalitäts- und Kulturunterschieden zwischen Old und New Economy kommen. Kooperiert ein traditionelles Unternehmen mit einem Start-up, muss der Chef überzeugt sein, dass der wesentliche Ausgangspunkt für Innovation und Digitalkompetenz das Start-up sein wird. Digitalisierung ist eben kein technischer Knopf, den man so einfach drücken kann, sondern ein (r)evolutionärer Kopf, der benötigt wird, um digitalen Mehrwert zu verstehen und im Unternehmen anzugehen. Und gerade weil sich beispielsweise Mittelständler in Märkten mit ausgereiften Produkten bewegen, ist es wichtig, neue Produkte, Vertriebswege, Kundengruppen und Innovationszyklen zu erschließen.

Wie die Zusammenarbeit zwischen Start-up und Familienunternehmen letztendlich ausgestaltet wird, ist im Einzelfall zu entscheiden. Die Spannbreite reicht von der Akquisition eines Start-ups über eine indirekte Beteiligung des Traditionsunternehmens bis hin zur reinen Kunden- oder Lieferantenbeziehung. Folgende Schritte sollten Unternehmen im Vorfeld einer Kooperation mit einem Jungunternehmen angehen:

  • Eine Strategie entwickeln: Zunächst braucht es die Strategie, ein Zielbild, das zeigt, wo das Unternehmen in drei bis fünf Jahren stehen sollte – insbesondere mit Blick auf den Markt und die Kunden. Zusätzlich sollte ein Unternehmen seinen digitalen Reifegrad analysieren. Um die eigene Kompetenz auf den Prüfstand zu stellen, benötigt der Unternehmer eine professionelle Einschätzung von außen.
  • Eigene Produkte verbessern: Welche Probleme stören am meisten und sind mit dem geringsten Aufwand zu beheben? Diese Frage sollten Unternehmen Kunden und auch Wettbewerbern stellen. Darüber hinaus sollten sie sich bei den eigenen Mitarbeitern etwa dem Vertrieb erkundigen, wo sie Verbesserungspotenzial der Produkte sehen. Ausgehend davon können Unternehmen dann Success Stories entwickeln, indem sie sukzessive neue Produkte entwickeln.
  • Digitale Talente gewinnen: Wenn Digitalisierung vom Chef gelebt wird, sollten im zweiten Schritt Digitalkompetenzen in allen Geschäftsbereichen aufgebaut werden. Dazu zählt die Integration von Experten wie Social-Media-Managern, Web-Analysten oder Daten-Spezialisten. Die Digital Natives dürfen kein Silo innerhalb der Organisation bilden. Die Suche nach digitalen Talenten bringt automatisch neue HR-Anforderungen mit sich.
  • Geschäftsbereiche verzahnen: Die IT und das Business müssen enger zusammenarbeiten. Sie sollten Brücken bilden und die Teamarbeit verstärken – auch um einen Beitrag dazu zu leisten, dass Online- und Offline-Welt optimaler miteinander verbunden werden.