Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Soziale Netzwerke und Internetdienste sind unaufhaltbar in die moderne Arbeitswelt eingezogen. Dienste wie Facebook, YouTube, Xing und Twitter werden dabei gleichsam von Arbeitgebern und Arbeitnehmern genutzt. Das deutsche Arbeitsrecht hat sich auf Social Media jedoch noch nicht vollständig eingerichtet, viele Fragen sind noch nicht geklärt. 

Insbesondere die Grenze zwischen privaten und dienstlichen Äußerungen des Arbeitnehmers in Social Media ist nicht immer einfach zu ziehen, sondern zunehmend fließend. Scheinbar „private“ Äußerungen können schwerwiegende Konsequenzen im dienstlichen Bereich nach sich ziehen. Zudem sind Äußerungen eines Arbeitnehmers in sozialen Netzwerken schnell einer großen Öffentlichkeit zugänglich. Selbst wenn Einträge auf Facebook nur für so genannte „Freunde“ und „Freundes-Freunde“ sichtbar sind, summiert sich dieser Kreis rasch zu einer vier- oder fünfstelligen Zahl von Nutzern.

Vor diesem Hintergrund stellt sich für Arbeitgeber die Frage, welche Äußerungen und Aktivitäten im Web arbeitsrechtlich relevant sind, wie der Arbeitgeber reagieren kann und welche Möglichkeiten zur Vorbeugung es gibt. 

Gefahren für den Arbeitgeber

Wenn Arbeitnehmer über ihre Arbeit und ihren Arbeitgeber „posten“, ist das leider nicht immer nur positiv. Beleidigende Äußerungen und abfällige Einträge über den Arbeitgeber, seine Produkte, Dienstleistungen oder Kunden können im Einzelfall zu einer erheblichen Rufschädigung des Arbeitgebers führen. Social Media haben als weitgehend öffentlicher Raum eine enorme Reichweite und damit eine hohe Relevanz auch für Arbeitgeber als Unternehmen.

Die Verbreitung von beleidigenden Äußerungen über Kollegen oder Vorgesetze in sozialen Netzwerken kann darüber hinaus den Betriebsfrieden nachhaltig stören. In Mobbingfällen kann sich im Einzelfall sogar eine Handlungspflicht des Arbeitgebers aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht ergeben.

Auch besteht die Gefahr, dass ein Arbeitnehmer Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen des Arbeitgebers verrät. So zum Beispiel wenn ein Arbeitnehmer von sich und einem noch streng geheimen Produkt seines Arbeitgebers – etwa einem neuen Fahrzeugmodell – ein Foto bei Facebook postet. Oder wenn ein Entwickler in einem berufsbezogenen Diskussionsform von seiner brillanten Idee schwärmt und diese der Öffentlichkeit erläutert.

Einflussbereich des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber hat jedoch bestimmte Einflussmöglichkeiten. Grundsätzlich beschränken sich diese zunächst auf das dienstliche Verhalten. Er kann die private Nutzung von Social Media während der Arbeitszeit schlicht verbieten. Das sollte er – insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gründen – auch erwägen. Während der Freizeit ist die Nutzung von Facebook & Co jedoch grundsätzlich Privatsache. Es kann dem Arbeitnehmer weder untersagt werden, sich überhaupt in sozialen Medien zu betätigen, noch sich dort über seinen Arbeitgeber zu äußern. Hierbei sind durchaus auch kritische Äußerungen erlaubt.

Reaktionsmöglichkeiten

Ob der Arbeitgeber sich gegen öffentlich verbreitete Kritik seiner Mitarbeiter – beispielsweise durch einen Unterlassungsantrag – wehren und diese sogar zum Anlass für eine Kündigung nehmen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um „sachliche“ Aussagen handelt. Ist dies nicht der Fall, muss im Rahmen einer Interessenabwägung ermittelt werden, ob die Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers oder die wirtschaftliche Handlungsfreiheit des Arbeitgebers überwiegt.

Einzelfallabwägung: Sachliche und unsachliche Kritik

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte im Jahr 2014 einen Fall zu entscheiden, in dem ein Wahlbewerber für den Betriebsrat sich durch Veröffentlichung und Verbreitung eines Videos auf YouTube über fehlende Sicherheitsvorkehrungen im Betrieb beschwerte. Das BAG entschied (BAG vom 31.07.2014 – 2 AZR 505/13), dass dies keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann, da es sich um sachliche Kritik handele, so dass es (in diesem Falle) weder auf eine Interessenabwägung noch auf die Art und Weise der Veröffentlichung ankommen sollte.

Bei unsachlicher Kritik, die grundsätzlich einen Kündigungsgrund darstellen kann, muss jedoch eine Interessenabwägung stattfinden. In Bezug auf negative Äußerungen kann bereits eine einmalige grobe Ehrverletzung kündigungsrelevant sein. Bei „Schmähkritik“ tritt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung regelmäßig zurück. Aber auch die Umstände, in deren Rahmen die Äußerungen gefallen sind, sind zu berücksichtigen. So werden etwa Spontanäußerungen „in der Hitze des Gefechts“ oder „im vertraulichen Kreise“ als eher verzeihlich angesehen. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist hier regelmäßig unwirksam. Übertragen auf die sozialen Medien ist jedoch auch hier wieder zu berücksichtigen, dass eine Äußerung im Netz in kürzester Zeit einen großen Personenkreis erreicht und zeitlich unbegrenzt abrufbar ist („das Internet vergisst nie“).

Im Falle der wirksamen fristlosen Kündigung eines Auszubildenden im Jahre 2012 (LAG Hamm vom 10.10.2012 – 3 Sa 654/12), der seinen Ausbilder auf Facebook als „Menschenschinder und Ausbeuter“ betitelte, hatte das Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm) zum Beispiel angenommen, dass der Eintrag nicht mehr den Charakter einer spontanen Unmutsbekundung genießen könne. Selbst wenn der Auszubildende den Eintrag nach kurzer Zeit wieder gelöscht hätte, könnte die Äußerung schon weitere Kreise, beispielsweise durch Drücken des „Gefällt-mir“-Button, gezogen haben.

Ob eine fristlose oder fristgerechte Kündigung oder ggf. nur eine Abmahnung gerechtfertigt ist, kann letztlich nur für den Einzelfall beurteilt werden und hängt von Art und Schwere der Äußerung sowie von den speziellen Umständen ab. Im Rahmen der Interessenabwägung werden die Besonderheiten von Social Media jedoch in der Regel zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt.

Vorbeugung durch Social Media Guidelines

Um den Arbeitnehmer für den Umgang mit Social Media zu sensibilisieren und ihm vor Augen zu führen, dass Beleidigungen von Vorgesetzten und Kollegen auf Social-Media Plattformen kündigungsrelevant sein können, ist die Aufstellung von Social-Media-Guidelines empfehlenswert. Diese können durch Einbeziehung in den Arbeitsvertrag oder durch Betriebsvereinbarungen Anwendung finden.

Empfehlenswert ist eine Androhung von Sanktionen bzw. arbeitsrechtlichen Konsequenzen bei möglichst konkret zu bezeichnenden Verstößen gegen die Guidelines Je konkreter die Warnung dabei ausfällt, je eher kann der Hinweis auch als „vorweggenommene Abmahnung“ dienen. Zum Beispiel sind nicht alle Äußerungen gleich eine „grobe Beleidigung“, die eine Abmahnung entbehrlich machen würden.

Typische Regelungspunkte sind des Weiteren, ob die Nutzung während der Arbeitszeit erlaubt oder verboten ist oder inwieweit sie nur eingeschränkt erfolgen darf. Zudem sollte der Mitarbeiter auf den von ihm einzuhaltenden Rechtsrahmen, etwa auf die Wahrung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, sowie auf seine Eigenverantwortlichkeit in Bezug auf die Nutzung hingewiesen werden.

Fazit

Fest steht, dass Social Media kein rechtsfreier Raum sind. Vorsorglich und zur Vermeidung der dargestellten Risiken sollten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer durch Social Media-Guidelines sensibilisieren. Schließlich werden Mitarbeiter, die die Rahmenbedingungen kennen, bewusster mit Facebook & Co. umgehen. Dies hilft Unternehmen auch, eigenen Imageschäden aufgrund von unbedachten Arbeitnehmeräußerungen vorzubeugen.