Maßgeschneiderte Angebote entwickeln – das zählt zu den größten Herausforderungen von Unternehmen. Um die Zielgruppen im Zuge der Digitalen Transformation besser zu verstehen, sammeln und analysieren Firmen Unmengen an Daten. Doch reichen diese Informationen für innovative und individuelle Lösungen aus? Ein wichtiger Aspekt wird dabei vernachlässigt, denn die Datenflut gibt keinen Aufschluss über die Motive, die hinter dem Handeln von Interessenten stecken.
Einige Konzerne, darunter IKEA, versuchen diese Lücke durch Thick Data zu schließen. Aber ist dieser Ansatz, die Beweggründe des Kunden besser zu verstehen, nur ein Hype oder eine echte Chance für das Kundenverständnis?
Big-Data-Analysen gehören zur Schlüsseltechnik des digitalen Zeitalters. Damit lässt sich ermitteln, wie sich Kunden verhalten und wie eine optimale Customer Experience aussieht. Der Weg dazu ist, alle Arten von kundenbezogenen Daten zu erfassen und zu korrelieren: Vom Alter der Kunden über deren Kaufverhalten bis hin zu den angeklickten Online-Anzeigen. Die Kernfrage lautet dabei: „Was tut der Kunde?“. Im Fokus stehen also primär das „Was“ und „Wie viel“.
Diese statische Analyse gibt aber keine Antwort auf die Frage „Warum Kunden in einer bestimmten Weise agieren“. Diese Frage zielt darauf ab, die Kundenmotivation besser zu verstehen und basierend darauf, passende Angebote oder Prozesse anzubieten. Erforderlich ist allerdings ein neuer Denkansatz, der die Beweggründe ermittelt.
Kunden besser verstehen
Während Big Data auf eine quantitative Analyse ausgelegt ist, die sich in Terabyte oder sogar in Exabyte messen lässt, konzentriert sich Thick Data auf den sozialen Kontext solcher Datenpunkte. Der Ansatz stellt Informationen zur Verfügung, die über bloße Zahlen hinausgehen, etwa welche Rolle menschliche Gefühle wie Vertrauen, Angst oder Tradition bei Kaufentscheidungen spielen. Im Rahmen einer Thick-Data-Erhebung kann beispielsweise folgende Frage gestellt werden: „Was erleben Menschen unterschiedlicher Nationen in der Zeit zwischen dem Aufstehen und dem Weg in die Arbeit?“.
IKEA ging dieser Aufgabe nach und beschäftigt sich auf der Web-Seite Life at Home mit Fragen rund um das Leben zu Hause, etwa wie Menschen morgens aufstehen oder welche Bedeutung das Essen zu Hause hat. Anhand von Artefakten wie Bildern und Videos wird gezeigt, was Menschen in acht Metropolen zwischen dem Aufstehen und dem Verlassen der Wohnung tun. Zum Beispiel duschen, schminken oder Sport. Dank der gesammelten Informationen und Artefakte erhält IKEA ein Bild über den sozialen Kontext seiner Kunden. Richtig interpretiert, geben sie Impulse für die Neu- oder Weiterentwicklung von Produkten und Prozessen.
Hype oder Chance?
Wer seine Kunden ganzheitlich verstehen und maßgeschneiderte Angebote entwickeln möchte, muss mehr tun, als umfassende Datenbestände zu erfassen und auszuwerten. Darum ist es zielführend, Thick Data zu verfolgen – allerdings in Verbindung mit Big Data. Nur in der Kombination beider Ansätze erhalten Unternehmen aussagekräftige Antworten auf die kundenbezogenen Fragen “Was”, “Wie viel” und “Warum”. Was beide Ansätze noch vernachlässigen, ist das „Wann“.
Wer heute bei Google nach Gummistiefeln sucht, wird noch in sechs Monaten mit entsprechenden Anzeigen bombardiert. Wie viel intelligenter wäre es, zeitlich versetzt zur Suche „Gummistiefel“ die passenden Socken oder auch eine Regenhose anzubieten? Für alle Fragen gilt: Unternehmen müssen bereit sein, etwas Neues auszuprobieren. Nur durch den Mut zum Wandel lassen sich in der Digitalen Transformation Erfahrungen sammeln und Produkte weiter entwickeln.