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Creditreform

Es gibt viele gut laufende Familienunternehmen, die seit vielen Jahren einen respektablen Umsatz und Ertrag erzielen, einen festen Kundenstamm haben und die auch in Zukunft rentabel arbeiten werden. Einige von ihnen haben weniger ein Wachstumsproblem, sondern ein Zukunftsproblem: Es steht ein Generationswechsel an, der mit oft mit Problemen der Kaufpreisfinanzierung einhergeht.

Fragen wie: Wer wird das Unternehmen weiterführen? Wird mein Name noch mit dem Unternehmenserfolg verbunden bleiben? Habe ich meine Nachfolge richtig vorbereitet? Was werden sie verändern? Wie wird die Zukunft des Unternehmens ohne mich sein? Was mache ich eigentlich mit meiner gewonnenen Freizeit? Soll ich noch ein paar Jahre „machen“? Wenn ich jetzt aufhöre, soll ich dann verkaufen (und wie soll dann der Kaufpreis sein und wie wird der bezahlt)?

Wenn die wichtigsten Antworten auf die Fragen „eingerahmt“ sind und die Nachfolge und Unternehmensübergabe grundsätzlich „geklärt“ sind, dann kann es in die „finale“ Umsetzung gehen!
Doch wie soll die Übergabe aus betriebswirtschaftlicher und finanzieller Sicht gemeistert werden? Muss der (Familien-) Nachfolger Anteile kaufen und einen Teil des Unternehmens unternehmen? Das hätte für den „Verkäufer“ bzw. für den jetzigen Gesellschafter den Vorteil, dass der Kaufpreis der für den Anteil bezahlt wird, sein Vermögen verbessert und sich der zukünftige Ruhestand (oder Un-Ruhestand) mit vielen Annehmlichkeiten gestalten lässt. Oder soll durch die Tochter/Sohn ein neugegründetes Unternehmen (z.B. eine neue GmbH oder GmbH & Co.KG, o.ä.) aktiviert werden und das bisherige Unternehmen in Teilen übernehmen?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten in der Gestaltung der Unternehmensnachfolge und deswegen beschreibe ich nachfolgend eine Lösung von vielen aus einem Familienbetrieb.

Die zwei grundlegenden Facetten des Unternehmenskaufs
Eine Nachfolgeregelung hat stets zwei Facetten, die voneinander abhängen. Zum einen heißt es, handelseinig mit dem Verkäufer/ Gesellschafter bzw. innerhalb der Familie zu werden. Zum anderen muss die Finanzierung des Unternehmenskaufs bzw. der Gesellschaftsanteile auf die Beine gestellt werden.  Wo soll das Kapital für den Unternehmenskauf kommen?
Ist der Kaufpreis für das Unternehmen oder die Geschäftsanteile ermittelt, ist die Übergabe bzw. Unternehmensnachfolge noch lange nicht in trockenen Tüchern, denn es spielen noch weitere Faktoren in diesen Prozess hinein. In den wenigsten Fällen hat der Käufer (Sohn/Tochter) das Geld in der gesamten Höhe bereits zur Verfügung, wenn es um die Kaufpreisbesprechung geht.
Je nachdem ob der Gesellschafter/ Inhaber das Geld in einer Summe überwiesen haben möchte, in eine Ratenzahlung einwilligt oder eine lebenslange Rente erhalten möchte, ist das Kapitalbedürfnis anzupassen. Kommt es zum kapitalintensivsten Fall und der Verkäufer möchte bei der Übergabe den gesamten Kaufpreis auf seinem Konto sehen, sind Finanzierungsverhandlungen mit Banken einzuleiten, Förderstellen und manchmal auch Kapitalgebern an. Nun heißt es, Partner zu finden, die Kapital für den Kaufpreis geben, um die Unternehmensnachfolge umzusetzen.

Viele Finanzierungsmodule führen zum Ziel
Mit einer geplanten Vorgehensweise kann der Käufer am Ende die Finanzierung stemmen. Es gibt mehrere Quellen, die der zukünftige Unternehmensinhaber bzw. Inhaberin anzapfen kann. Dazu gehören Fördermittel und Zuschüsse, Bürgschaften und Beteiligungen und alternative Finanzierungen, wie Small Placements, aber auch der altbekannte Kredit von der Bank. Eine gesunde Mixtur von verschiedenen Mitteln macht eine Übernahme zu erschwinglichen Konditionen möglich.

Das Beispiel Muster GmbH
Unser Beispiel soll die Möglichkeiten für Nachfolge-Unternehmer verdeutlichen und zeigen, dass mit einer tragfähigen Konstruktion eines Finanzgerüsts eine Nachfolge den Weg zu einer selbstbestimmten, erfüllten und rentablen Tätigkeit führen kann:
Ein Unternehmen Muster GmbH ist seit 20 Jahren auf dem Markt und hat seinen Hauptsitz im Großraum Hamburg. Es hat einen Umsatz von 5,6 Millionen Euro und kann einen Gewinn von 950.000 Euro vorweisen. Allerdings ist der Inhaber bereits 64 Jahre alt und möchte nun in den Ruhestand gehen. Aus seiner Familie möchte und kann die Tochter das Unternehmen übernehmen.
Das Unternehmen baut exklusive Maschinen in Kleinserien, jedoch mit einer breiten Produktpalette. In Norddeutschland hat das Unternehmen einen klingenden Namen, jedoch sind regionale Wachstumspotenziale noch nicht erschlossen.
Die Tochter ist Ingenieurin und hat auch Vertriebserfahrung und war bisher in leitenden Positionen angestellt. Sie möchte nun Ihr eigener Chef werden. Ihr Manko: Sie hat „nur“ 750.000 Euro Eigenkapital zur Verfügung, aber keine weiteres Vermögen. Allein so ist der Kaufpreis von 5,4 Millionen Euro nicht zu stemmen, da die Banken bei Ihren ersten Anfragen sofort abwinkten.
Doch muss die Tochter als potentielle Kandidatin Ihren Traum vom eigenen (Familien-) Unternehmen nicht begraben. Es gibt noch einige Möglichkeiten, die Kaufsumme zu bekommen. Dies ist in diesem Beispiel mit ERP-Kapital, Small Placement, Beteiligungen und einem Kredit möglich.

Fördermittel, ERP-Kapital als Förderkredit
Zum Beispiel bekommt Sie von der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW, ein Nachrangdarlehen 500.000 Euro ERP-Kapital (ERP = European Recovery Program). Das bedeutet, dieses Kapital wird als Eigenkapital bilanziert, ist dinglich haftungsfrei und hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Erst nach sieben Jahren beginnt die Tilgung. So hat die Tochter bereits 1.250.000 Euro zur Verfügung (die eigenen 750.000,- Euro und jetzt diese 500.000,- Euro).

Small Placement als Eigenkapital
Mit dem oben genannten gefördertem Eigenkapital im Rücken kann die Ingenieurin auf Kapitalsuche gehen. Dies bekam sie in Form eines Small Placements mit Genussrechtskapital. Es wurden dadurch insgesamt weitere 1.250.000,- Euro „akquiriert“. Auch dieses Kapital wird als Eigenkapital anerkannt. Mit diesem Kapital von Investoren verkauft die Ingenieurin keine Geschäftsanteile, sondern gibt Zinsen auf das von den Investoren zur Verfügung gestellte Kapital. Die Kapitalgeber erhalten kein Stimmrecht, sondern vergeben das Kapital für eine bestimmte Laufzeit zu einem festgelegten Zinssatz. Auch dieses Geld ist nachrangig.

Fördermittel, öffentliche Beteiligungen
Somit kann die Ingenieurin aus den oben genannten Einzelsummen schon auf insgesamt 2.500.000 Euro zurückgreifen. Dazu werden 500.000 Euro in Form einer stillen Beteiligung von Beteiligungsgesellschaft Hamburg (BTG) beantragt und genutzt. Auch dies wird als Eigenkapital zur Verfügung gestellt!

Bankfinanzierung, Darlehen
So sind bereits fast 3 Millionen Euro im „Topf“. Mit diesem Kapital im Rücken kann die Tochter als Neu-Unternehmerin bei einer Bank mit gestärktem Rücken auftreten und bekommt nun zu erschwinglichen Konditionen ein Darlehen über die restlichen 2,4 Millionen Euro.

Finanzierungsübersicht für 100% Kaufpreis:

Eigenkapital…………………………………………………………………………..TEUR 750,-
Fördermittel, ERP-Kapital für Gründung………………………….TEUR 500,-
(nachrangig, haftungsfrei, EK-Charakter, 15 Jahre Lfz., 7 J. tilg.frei)
Small Placement 20 x 62.500 Euro…………………………..TEUR 1.250,-
Fördermittel, BTG/MBG…………………………………………TEUR 500,-
Akquisitionsfinanzierung………………………………………..TEUR 2.400,-
(Laufzeit 7 Jahre)                                                      —————-
Kaufpreis…………………………………………………………………………TEUR 5.400,-

Fazit
Eine Unternehmensnachfolge mit einer Kaufpreisfinanzierung ist ein sehr komplexer Prozess. Oftmals ist die Finanzierung des Kaufpreises eine sehr große Hürde, die aber auch mit Bravour genommen werden kann, wenn man Fördermittel, Zuschüsse und andere Subventionen nutzt. Mit einer strukturierten Vorgehensweise stehen aber auch hier viele Türen offen: von staatlichen Stellen mit Fördermitteln oder Bürgschaften bis hin zu privaten Investoren. So ist ein zu Beginn fast kaum zu bewältigender „Finanzierungsbrocken“ durch mehrere „kleine“ Maßnahmen zu bewältigen.

Wenn Sie das Thema Unternehmensnachfolge und dort das Thema Kaufpreisfinanzierung angehen wollen, dann nützen Ihnen nachfolgende Hinweise:

1. Prüfen Sie was genau gekauft bzw. verkauft werden soll: Das Unternehmen als Ganzes? Mit oder ohne Betriebsimmobilie? Mit oder ohne externem Vermögen? Oder sollen nur Betriebsteile gekauft werden? Soll eine neue Gesellschaft die Anteile kaufen und damit Haftung reduzieren? Sollen die Anteile direkt gekauft werden?, oder…
2. Zu den einzelnen Kaufpositionen gibt es in den meisten Fällen verschiedene passende Lösungen bzw. Finanzierungsmöglichkeiten. Für das Unternehmen im Ganzen wie auch für einzelne Anlagegüter. Sinnvoll ist es, sich genau anzusehen, welche Finanzierungslösung zu welchem Kaufgegenstand passt.
3. Stellen sie alle finalen Finanzierungspositionen, die den Kaufpreis betreffen zusammen und dann haben sie eine angepasste Kaufpreissumme. Diese können sie dann strukturieren und in sich optimieren. Für die Kaufpreiszahlung sollten auf jeden Fall öffentlichen Fördermittel, mögliche Zuschüsse (auch für bestehende Betriebe in der Nachfolge!) und wenn nutzbar auch andere Beihilfen verwendet werden. Das spart Kosten, das spart Eigenkapital, das schafft Sicherheit für die Zukunft des Unternehmens!
4. Erstellen sie eine Tragfähigkeitsplanung unter Berücksichtigung der Kaufpreiszahlung bzw. unter Berücksichtigung, dass rückzahlpflichtige Finanzmittel die Liquidität des zu kaufenden Unternehmens reduzieren, um mögliche Liquiditätsprobleme in der Zukunft schon „heute“ zu entdecken und dafür eine Gegenfinanzierung schon „heute“ einzuplanen.
5. Erstellen Sie einen detaillierten Geschäftsplan auf jeden Fall schriftlich. Denn wer schreibt, muss sich mehr konzentrieren und wird sich besser strukturieren. Die meisten Menschen kaufen sich aufgrund der hohen Investitionssumme und der damit verbundenen Risiken nur einmal im Leben ein Unternehmen und deshalb muss es konsequent, konkret und ergebnisorientiert geplant und auch umgesetzt werden.
5. Nehmen Sie sich viel Zeit für Ihre Planung und arbeiten konkret an dem Projekt des Unternehmens(ver-)kaufs damit sie alle Einflussfaktoren bedenken können und erst dann folgt die konsequente Umsetzung. Das Ziel ist dann erreicht, wenn der Kaufpreis geflossen ist und das Unternehmen wie vorher geplant übergeben wurde.

Ich wünsche Ihnen weiterhin eine erfolgreiche Zeit

Ihr Kai Schimmelfeder
zertifizierter Fördermittelberater (FH)
Mittelstandsbotschafter für Fördermittel, Zuschüsse und Subventionen Geschäftsführer, feder consulting

 

Kai Schimmelfeder, der „Fördermittel-Papst“ ist mehrfacher Buchautor und erfolgreicher Unternehmer aus Leidenschaft und der Experte zum Thema öffentliche Fördermittel, Zuschüsse und Subventionen und deren konkrete Nutzung für den unternehmerischen Erfolg. Als mehrfach ausgezeichneter Fördermittel-Experte hat er seit 1996 bis heute mit seinem Team über 11.000 Beratungen durchgeführt und begleitet kleine, mittlere, große Unternehmen und Start-ups bei Investitionsvorhaben mit öffentlichen Förderungen. In seinen Fördermittel-Beratungen, Seminaren und Vorträgen begeistert „Mister Fördermittel“ Kai Schimmelfeder seine Zuhörer mit seinem geballten Praxiswissen und motiviert sie, neue Wege zu denken. Kai Schimmelfeder ist u.a. Geschäftsführer der mittelständischen Beratungsgesellschaft feder consulting, und Inhaber des Fördermittel-Sachverständigenbüros.