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Creditreform

Über einem Streit zwischen einer Stiftung und der Commerzbank vor dem Oberlandesgericht Frankfurt schwebte fortwährend die Frage, was ein Quasi-Profi-Investor alles wissen muss. Und was eine Anlageberaterin glaubt, über das Wissen ihres Kunden wissen zu können. Bevor es hier zu kompliziert wird, ein paar klärende Details.

Die gemeinnützige Stiftung hatte sich seinerzeit auf Anraten einer Mitarbeiterin der Commerzbank an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt. Dessen Bauobjekt sollte durch ein zum Teil auf Schweizer Franken lautendes Darlehen finanziert werden. Doch das Investment entwickelte sich zum Leidwesen der späteren Klägerin nicht wie erhofft und offenbar auch nicht wie von der Commerzbank-Beraterin in Aussicht gestellt. Deshalb verklagte die Stiftung die Bank in Staatsbesitz auf Schadenersatz in Höhe von fast 250.000 Euro.

Dieser Betrag ergab sich hauptsächlich aus der von der Klägerin geforderten Rückabwicklung der Fondsbeteiligung sowie der Erstattung des obligatorischen Ausgabeaufschlags, den die Bank für die Vermittlung des Investments erhalten hatte. Es verstand sich von selbst, dass die Klägerin überdies von allen wirtschaftlichen Nachteilen, die ihr durch die Beteiligung entstanden waren, durch die beklagte Commerzbank freigestellt werden wollte.

Begründet wurde die Schadenersatzklage insbesondere mit der fehlerhaften Anlageberatung durch die Commerzbank-Mitarbeiterin. Diese hatte nach Meinung der Klägerin nicht ausreichend über Investmentrisiken aufgeklärt. Zudem hatte sie angeblich den Erhalt einer Rückvergütung, des sogenannten Kick-backs, für die Fondsbeteiligung verschwiegen.

Das Frankfurter OLG entschied in zweiter Instanz, dass die Commerzbank-Mitarbeiterin den Stiftungsvorstand unzureichend beraten beziehungsweise aufgeklärt hatte (Az.: 1 U 32/13). Gleich in zweifacher Hinsicht war die Beratung offenbar fehlerhaft. So war die Empfehlung der Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds nicht anlegergerecht, so die OLG-Richter. Grundsätzlich muss nämlich ein Investment zu den Vermögensplänen des Kunden und auch zu seinem Risikoprofil passen.

Relevant und deshalb wohl auch die künftige Rechtsprechung in Deutschland prägend ist die Entscheidung deshalb, weil das OLG Frankfurt de facto keinen Unterschied macht zwischen der Beratung von (Quasi-)Investmentprofis und privaten Anlegern. Eine Beratung muss grundsätzlich entsprechend den BGH-Vorgaben erfolgen. Unabhängig davon, ob ein Investor überhaupt und/oder in welchem Ausmaß Fachkenntnisse hat. 

Im vorliegenden Fall waren diese vom Bundesgerichtshof vor Jahren bereits definierten Kriterien einer „anlagegerechten“ und „anlegergerechten“ Investmentberatung nicht erfüllt. Bekanntlich haben Stiftungen die rechtliche Verpflichtung, was der Bankberaterin bekannt war, ihr Stiftungskapital zu erhalten. Mit dieser Vorgabe ist ein risikobehaftetes Investment wie die unternehmerische Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds nicht vereinbar. Erschwerend kam die mit erheblichen Währungsrisiken verbundene Fremdfinanzierung in Schweizer Franken hinzu.

Schließlich bergen Immobilien ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Unsicherheit im Hinblick auf die Höhe der künftigen Mieteinnahmen, die bekanntlich die Hauptertragsquelle eines solchen Investments sind. Für nachgewiesen hielt das Frankfurter OLG ebenfalls, dass die Commerzbank-Beraterin den Erhalt des Kick-backs entgegen der auf gängiger Rechtsprechung beruhenden Verpflichtung verschwiegen hatte. Somit setzte sich die Stiftung mit ihrer Schadenersatzforderung durch.

Weitreichende Folgen

Auf den ersten Blick könnte man meinen: ein Fall wie jeder andere. Ein(e) BankberaterIn hat nachweislich schlecht gearbeitet. Der Kunde klagt auf Schadenersatz. Ein Gericht, in welcher Instanz auch immer, urteilt im Sinne des Klägers. Doch der erste Eindruck täuscht. Relevant und deshalb wohl auch die künftige Rechtsprechung in Deutschland prägend ist die Entscheidung deshalb, weil das OLG Frankfurt de facto keinen Unterschied macht zwischen der Beratung von (Quasi-)Investmentprofis und privaten Anlegern. Eine Beratung muss grundsätzlich entsprechend den BGH-Vorgaben erfolgen. Unabhängig davon, ob ein Investor überhaupt und/oder in welchem Ausmaß Fachkenntnisse hat.

Dass, wie im vorliegenden Fall, eine gemeinnützige Stiftung und deren Verantwortliche im Hinblick auf Investmententscheidungen und bezüglich unterschiedlicher Anlageformen über vergleichsweise viel Know-how verfügen, lässt nach Meinung der Frankfurter OLG-Richter keine Rückschlüsse auf deren Risikobereitschaft zu. Heißt also: Auch mehr oder weniger erfahrene Investoren müssen über die Risiken, die sie mit einer Kapitalanlage eingehen, verständlich und umfassend aufgeklärt werden. Nach meiner Einschätzung lässt sich die Entscheidung auch bequem auf andere (Semi-)Professionals wie Family Offices ausdehnen.