Welche Führung braucht es, damit Unternehmen den eigenen großen Wandel meistern angesichts Digitalisierung und VUKA-Welt – zum Beispiel in Form einer grundlegenden Transformation von Geschäftsmodell und Arbeitskultur? Mehr denn je fordert diese Frage derzeit vor allem kleine und mittelständische Unternehmen heraus.
Unter dem Titel „Für Führung gibt es keine App“ liefert eine von uns initiierte Studie zahlreiche spannende Antworten darauf. In Form einer dreiteiligen Blogreihe möchte ich Ihnen die wesentlichen Erkenntnisse daraus vorstellen. Den Auftakt dazu bildet der heutige Beitrag zum Thema VUKA und Agilität. Die Studie wurde im Zeitraum zwischen Ende 2017 und Anfang 2018 erhoben. Befragt wurden 180 kleine und mittlere Unternehmen verschiedenster Branchen mit Schwerpunkt Maschinenbau.
Als erstes Ergebnis bestätigt die Untersuchung einmal mehr, was Sie vielleicht selbst tagtäglich erleben: Wie sehr die vielzitierte VUKA-Welt – die summierte Herausforderung aus hoher und permanenter Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – deutsche Firmen unter Druck setzt. Etwa aufgrund veränderter Kundenbedürfnisse, neuer Wettbewerber mit „4.0-Versionen“ des eigenen Geschäftsmodells oder veränderter Wertevorstellungen der Mitarbeiter.
Ein enormer Treiber ist auch die steigende Dynamik durch die weitere Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Paradebeispiel: Wie Internet, Onlineshops oder digitale Plattformen in mehr und mehr Branchen einst fundamentale Gesetzmäßigkeiten transformieren, etwa im Handel.
Viele kleine und mittelständische Unternehmen fühlen sich zunehmend wie getrieben von den damit verbundenen multidimensionalen Herausforderungen. Das Gefühl steigt, an immer mehr Fronten gleichzeitig kämpfen zu müssen – Fronten, deren Gesetzesmäßigkeiten sich zudem immer schneller und dynamischer verändern. Und die sich nicht nach einiger Zeit wieder beruhigen, sondern künftig ein permanentes und intensives Agieren, Reagieren und Anpassen erfordern. Die Beweglichkeit wird eine entscheidende Kompetenz im Wettbewerb.
Viele Geschäftsmodelle, Hierarchiestrukturen und Arbeitsweisen erweisen sich vor diesem Hintergrund zunehmend als starr und unflexibel. Anders gesagt: Mit ein „bisschen“ Wandel, um sich wieder ein Stück anzupassen, wird es dieses Mal nicht getan sein. Das bestätigt auch die Studie: Über die Hälfte der befragten Unternehmen geben an, dass sie angesichts des Drucks durch die VUKA-Welt starke bis sehr starke Veränderungen für das eigene Unternehmen erwarten.
Hauptaufgabe ist hier, das Unternehmen – und damit insbesondere die Art der Führung – agiler zu machen, um mit der neuen Dynamik mithalten zu können. Dies gilt umso mehr, je höher der Druck durch die VUKA-Welt ist. Wobei es bei konsequenter Umsetzung keine Kleinigkeit ist, ein Unternehmen auf „agil“ zu transformieren. Denn hier geht es zum einen um ein Change-Projekt mit bisweilen radikalem Veränderungscharakter, bei dem viele vertraute Sicherheiten, Hierarchien und ggf. auch Privilegien verschwinden. Was, wie jede große Veränderung, zuerst einmal auch einigen Widerstand hervorrufen kann. Und damit vor allem eine ensprechend veränderungsstarke Führung erfordert.
Gleichzeitig ist das Ergebnis eine in vielen Bereichen komplett andere Firmen- und Arbeitskultur, die Mitarbeitern und Führungskräften einen tiefgreifenden Wandel ihrer Einstellungen und Vorgehensweisen abverlangt – Agilität beginnt bekanntlich mit der inneren Haltung. Wo zum Beispiel Hierarchien verschwinden und Menschen mehr auf Augenhöhe arbeiten, rücken Fähigkeiten und Stärken wie erfolgreiches Kommunizieren oder eine gewinnende Persönlichkeit viel mehr in den Vordergrund. Auch das Akzeptieren von Unsicherheit als Dauerzustand und Normalität bedeutet für viele Menschen zuerst einmal Veränderungsbereitschaft. Eine umso wichtigere Rolle spielt auch hier die Führungskraft, die all dies vermitteln und positiv vorleben muss.
Die meisten Unternehmen haben den großen Umbruch dabei noch vor sich: Nur ein Viertel der Studienteilnehmer hält sich wenigstens für ausreichend agil. Knapp die Hälfte geben stattdessen an, in den nächsten sieben Jahren in ihrer Führungs- und Leitkultur vor einem grundlegenden Wandel zu stehen. Weitere fast zehn Prozent der Studienteilnehmer sagen sogar, sich hier in Bezug auf Agilität komplett neu erfinden zu müssen.
Das Problem dabei: Nur 37 Prozent der Unternehmen sehen ihre Führungskräfte als gut oder gar sehr gut gerüstet, den Wandel zu meistern. Die große Mehrheit hingegen sieht sich mit der Situation konfrontiert, vor allem bewahrende Manager statt visionäre Leader in den eigenen Reihen zu haben. Ein ganz wesentlicher Unterschied, auf den ich in meinem nächsten Blogbeitrag näher eingehen werde.