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Dinge nur zu nutzen, anstatt sie zu besitzen – bei immateriellen Produkten wie Musik, Videos oder Software ist das längst üblich. Aber auch beim Auto wird das Modell immer beliebter. Gerade in unsicheren Zeiten bietet es mehr Flexibilität.
Ein Auto kostet nicht nur Geld, sondern auch Zeit, egal ob es ein Firmenwagen oder ein Privatwagen ist.
Das fängt an bei langen Lieferzeiten für Neuwagen – insbesondere bei solchen mit Plug-in-Hybrid- oder reichweitenstarkem Elektroantrieb –, setzt sich bei regelmäßigen Werkstatt- und Inspektionsterminen fort und endet bei Papierkram wie An- und Ummeldung und Versicherungsschutz.
Besonders ärgerlich ist es, wenn all dieser Aufwand zwar anfällt, das Auto aber kaum genutzt wird.
Wer ihn scheut, hat die Möglichkeit, ein Modell zu nutzen, das seit gut zwei Jahren in Deutschland an Bedeutung gewinnt: das Auto im Abo. Statt Leasing und Kauf bieten etliche Startups wie Like2drive, ViveLaCar oder Cluno, aber auch Autohersteller und einzelne Händler inzwischen Rundum-sorglos-Pakete an.
„Dabei nutzen Kunden ein Fahrzeug für einen festen monatlichen Beitrag. Darin enthalten sind neben der Nutzung auch Reifenwechsel, Wartung, Reparaturen, Steuern und die Versicherung“, erklärt Thomas Behrens.
„Nur Sprit oder Strom muss der Nutzer noch selbst zahlen.“ Zudem schaut ein neutraler Gutachter bei der Rückgabe genau hin. Normale Gebrauchsspuren wie kleine Steinschläge und Ähnliches sind inklusive. Um größere Schäden wie Kratzer, Beulen aber auch Rauchgeruch zu beheben, zahlt der Nutzer.
Immer mehr Umsteiger
Behrens ist Mitgründer von Leasingmarkt.de, einem Onlinemarktplatz für Leasing- und Auto-Abo-Angebote. Der Vorteil gegenüber dem klassischen Full-Service-Leasing, das ähnliche Leistungen bietet, sei die geringere Mindestvertragslaufzeit, so der Experte.
Sie variiert je nach Anbieter um die sechs Monate statt der im Leasing üblichen zwei bis drei Jahre. Gerade in unsicheren Zeiten gewinnen Kunden so an Flexibilität.
Das auf die Autobranche spezialisierte Marktforschungsinstitut Puls etwa hat in einer aktuellen Umfrage herausgefunden: Aufgrund der Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr durch die Corona-Krise sind immerhin sieben Prozent der Bus- und Bahnfahrer auf Abo-Autos umgestiegen.
Und 51 Prozent der Befragten erwarten, dass „Nutzen statt besitzen“ beziehungsweise Angebote zur flexiblen Autonutzung deutlich an Bedeutung gewinnen werden.
Davon sind auch die Wissenschaftler am Center for Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen überzeugt.
Noch unter der Leitung des inzwischen emeritierten Professors Ferdinand Dudenhöffer prognostizierten sie in einer Marktstudie, dass der Anteil von Auto-Abos am Privatkundenmarkt im Jahr 2030 rund 40 Prozent ausmachen wird.
Die verbleibenden 60 Prozent verteilen sich zu etwa gleichen Teilen auf Barkauf, Finanzierung und Leasing.
Preis der Bequemlichkeit
Schnell verfügbar mit kalkulierbaren Kosten, ohne großen Aufwand und flexibel zu nutzen – diese Versprechen lösen die Abo-Modelle laut CAR-Studie ein.
Einen Preisvorteil bieten sie dagegen in der Regel nicht. Wer ein Abo abschließt, zahlt auch für Bequemlichkeit und Flexibilität. Allerdings nicht unbedingt viel.
Das Startup Cluno bietet auf Leasingmarkt.de etwa einen VW Golf Variant im Sechs-Monats-Abo für 398 Euro pro Monat an.
Ein vergleichbares Auto im Leasing würde nur knapp 300 Euro im Monat kosten, allerdings bei einer Laufzeit von vier Jahren.
Ein weiterer Unterschied beim Abonnement: Die Auswahl ist derzeit noch deutlich geringer.
Zum Vergleich: Gut 300-Abo-Angeboten auf der Plattform von Behrens und seinen Mitgründern stehen fast 25.000 Leasingangebote gegenüber.
„Während Kunden nahezu jedes denkbare Auto leasen können, konzentriert sich das Angebot im Abo vor allem auf Klein- und Mittelklassewagen mit standardisierter Ausstattung“, sagt Behrens. Er sieht deshalb für Abonnements derzeit vor allem drei Nutzungsszenarios (siehe Kasten).
1. Als verlängerte Probefahrt
„Wer einen Neuwagen kaufen oder leasen möchte, aber bei Hersteller und Modell noch unentschlossen ist, kann im Abo eine drei- oder sechsmonatige Probefahrt machen“, sagt Behrens. Vor allem potenzielle Umsteiger auf Plug-in-Hybride oder Elektrofahrzeuge können so über einen längeren Zeitraum ausprobieren, ob Antrieb, Reichweite und Lademöglichkeiten zum eigenen Fahrverhalten passen.
2. Als Überbrücker
„Leasing und Auto-Abo haben viele Synergien und können sich ergänzen“, sagt Behrens. Er geht davon aus, dass einige Nutzer die Produkte in Zukunft kombinieren werden. Wer zum Beispiel ein halbes Jahr oder länger auf einen selbst konfigurierten Leasing-Neuwagen warten muss, kann dessen Lieferzeit mit einem Abo vom selben Anbieter überbrücken.
3. Als Teil eines Mobilitätsbudgets
Unternehmen, die aufgrund von Bilanzierungsvorgaben weniger eigene Fahrzeuge im Bestand haben möchten, stellen ihren Mitarbeitern als Alternative sogenannte Mobilitätsbudgets zur Verfügung. Innerhalb eines vorgegebenen Kostenrahmens können sie dann verschiedene Verkehrsmittel nutzen. „Im Sommer zum Beispiel E-Scooter und Carsharing oder ÖPNV und im Winter dann doch lieber ein Auto im Abo“, skizziert Behrens.