Die Cloud ist im Mittelstand angekommen. Der Grund: Mit Speicherkapazität, Rechenkapazität und Software aus dem Web arbeiten Unternehmen flexibler, mobiler, leistungsfähiger und kostensparender. Kein Wunder, dass der Trend auch auf der Cebit 2015 eine wichtige Rolle spielt.
Das Beratungsunternehmen Sterr-Kölln & Partner hat sich auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz spezialisiert. Die Experten sitzen am Hauptsitz Freiburg, in Berlin und Paris. Damit sie trotzdem zusammen an Projekten arbeiten können, nutzen sie eine cloud-basierte Videokonferenzlösung. „Mit der Screensharing- Funktion und der Übertragung der Maus- und Tastatursteuerung können wir Dokumente sogar direkt während des Gesprächs bearbeiten – ein großer Vorteil, denn bei juristischen Texten ist jedes Komma entscheidend“, erklärt Partner Markus Jenne.
Wie die Freiburger Consultants nutzen immer mehr Firmen die Vorteile der Cloud, schließlich kommen sie so in den Genuss einer IT-Infrastruktur, die sonst nur Großunternehmen vorbehalten ist. Leistungen wie Speicherplatz, Rechenkapazität oder Anwendungsprogramme wie etwa eine Videokonferenzlösung stehen ihnen flexibel nach Bedarf zur Verfügung und die Kosten halten sich in Grenzen. Das schafft für kleine und mittelständische Unternehmen neue Chancen, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können.
Immerhin 61 Prozent der befragten 200 Unternehmen jeder Größe und quer durch alle Branchen nutzen bereits Cloud- Lösungen oder planen deren Einsatz. So das Ergebnis der aktuellen Studie „Arbeitsplätze in der Wolke“ von Pierre Audoin Consultants (PAC). Am häufigsten sind die Varianten intern betriebene Lösungen (Private Cloud) und Hybrid. Letztere kombinieren als Mischform aus privat und public die individuellen Sicherheitsansprüche und die Kosteneffekte der öffentlichen Cloud mit der eigenbetriebenen IT. Das Unternehmen entscheidet dabei, welche Software und welche Daten es in welche Wolke auslagert.
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Nach Erhebungen der Frankfurter Marktforscher von IDC verwenden erst 15 Prozent der Firmen die Hybridvariante, die sich vor allem für mittelständische Unternehmen zum Einstieg eignet. „Geschäftsprozesse können damit schneller gestaltet, zusätzliche Rechenleistung, etwa bei stark saisonabhängigem Geschäft, kurzfristig genutzt werden“, erläutert IDC-Research-Analyst Matthias Kraus. IT-Arbeitsumgebungen, die als Cloud-Service von externen Providern bereitgestellt werden (Public Cloud), spielen in den Überlegungen der meisten IT-Verantwortlichen ebenfalls bislang nur eine untergeordnete Rolle. Als Gründe für die intern betriebene Lösung gaben die Unternehmen Sicherheitsbedenken und Unsicherheit darüber an, ob die eigenen Datenschutzrichtlinien bei einem Anbieter eingehalten werden können.
Unternehmen, die Cloud-Dienste nutzen wollen, schauen sich ihren Anbieter sehr genau an: 57 Prozent der von PAC Befragten bestehen darauf, dass sich die Rechenzentren ihrer Provider in Deutschland befinden. Auf diesen Anspruch reagieren nun auch die großen US-Anbieter wie beispielsweise VMware, Amazon, Oracle und sogar Microsoft. Und auch bei der Verbreitung der Anwendungen ist ein deutlicher Trend erkennbar: Am häufigsten werden bislang E-Mail-, Document-Sharing- und Conferencing-Programme eingesetzt. Wie bei der Lösung Go-tomeeting des Anbieters Citrix ermöglichen mobile Apps auch die Teilnahme an Webkonferenzen per Smartphone. „Der Gang in die Cloud fällt hier offensichtlich leichter – wegen der hohen Innovationsgeschwindigkeit in diesem Bereich, aber auch, da diese Anwendungen weniger sicherheitskritisch eingestuft werden“, erklärt Andreas Stiehler von PAC.
Trend auf der Cebit 2015: Cloud-Anwendungen
Neben Software, IT-Infrastruktur, Entwicklungsplattformen etablieren sich Plattformen für Geschäftsanwendungen, das Backup, die Kommunikation, Datenbanksysteme oder den kompletten Arbeitsplatz der Mitarbeiter in der Wolke. Am Ende mündet alles in Xaas – hinter dem Kürzel verbirgt sich der Sammelbegriff „Everything as a Service“, was für die Verknüpfung aller netzwerkfähigen Systeme und Daten miteinander steht. Dabei gilt: „Kleine und mittlere Unternehmen bevorzugen den klassischen Vertriebsweg über lokale Partner, die sie bei der Umsetzung vor Ort unterstützen“, weiß PAC-Analyst Stiehler. Diese sind nah an ihren Kunden dran und kennen deren Bedürfnisse. So zum Beispiel der Anbieter Scopevisio. Zur Cebit 2015 stellt das Bonner IT-Haus seine Entwicklung für mittelständische Dienstleister vor. Bereiche wie Vertrieb, Projekte, Abrechnung, Finanzen, Buchhaltung, Controlling, Dokumentenmanagement, E-Collaboration und E-Commerce sind in einer Anwendung integriert.
Für Firmen mit bis zu 250 Mitarbeitern hat Scopevisio jetzt weitere Funktionen entwickelt, wie etwa Finanz2go, eine mobile Version der Finanzbuchhaltung aus der Wolke. Und im Bereich E-Commerce haben Onlinehändler nun die Möglichkeit, ihren Shop direkt mit der Software zu verbinden: Kauft ein Kunde bei Ebay, Amazon oder im Firmenshop, wird die Bestellung sofort im Programm verarbeitet und Rechnungen können direkt erstellt werden.
Die Münchner NFON AG wartet zur Cebit mit einem neuen Telefon passend zu ihrer Telekommunikationsanlage in der Cloud auf, das auch Smartphones einbinden kann. Unternehmen konfigurieren die virtuelle Anlage bequem selbst – unabhängig von ihrem Standort, einfach über das Internet. Und ebenfalls im März bringt Sage, der Spezialist für betriebswirtschaftliche Software, mit Sage Office Online eine neue Finanzbuchhaltungslösung speziell für Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern auf den Markt. Zudem können die Sage-Kunden nun in allen Softwarebereichen zwischen Cloud- und Desktop-Lösungen wählen.
Für alle Unternehmensgrößen interessant
Auch Selbstständige und Kleinstunternehmen profitieren vonAnwendungen aus der Wolke. Ein Beispiel: Das Essener Startup Fastbill bietet ihnen die Buchhaltung komplett aus der Cloud an.Damit können sie Angebote und Rechnungen bequem per Knopfdruckerstellen und online versenden. Diesen Service nutzt beispielsweiseKamil Barbarski, Geschäftsführer der MAK3it GmbHin Köln. „Ich habe lange Excel für meine Buchhaltung genutzt“,sagt er. Das ging gut, solange der Jungunternehmer allein war. Aber sobald er Mitarbeiter einstellte, wurde es chaotisch. „Jetzthabe ich einen sauberen Prozess für Eingangs- und Ausgangsrechnungensowie perfekte Vorlagen für Angebote und Posten –mit denen alle arbeiten können“, so Barbarski.
Um die Zusammenarbeit zwischen Betrieb und Steuerberater zu erleichtern, hat Anbieter Fastbill den Funktionsumfang um einen Datev-Export erweitert und denkt bei seiner Weiterentwicklung ebenfalls an die Onlineshop-Betreiber: Die Anwendung ist nun auch „MOSS-ready“, das heißt, die unter dem Namen „Mini- One-Stop-Shop“ bekannte Neuregelung für die Berechnung von Umsatzsteuer für digitale Güter, die an Kunden in der EU verkauft werden, kann problemlos eingesetzt werden.
Mehr Effizienz über einheitliche Plattformen
Und noch ein Highlight hat die Cebit 2015 zu bieten: Das neue „Digitalisierungsportal“ der Deutschen Telekom. Unternehmen können ihre Cloud-Anwendungen – egal ob gekauft oder selbst entwickelt – auf einer eigenen Plattform bereitstellen. Wichtig dabei: Nur Apps, die auf Sicherheit geprüft wurden, landen auf dem Portal. Der Nutzen für die Betriebe liegt für PACAnalyst Andreas Stiehler klar auf der Hand: „Die Vorteile des Cloud-Modells in puncto Kosteneinsparungen, Agilität und Sicherheit lassen sich nämlich nur dann ausschöpfen, wenn sämtliche Arbeitsplatzanwendungen für alle Mitarbeitergruppen über eine einheitliche Plattform bereitgestellt werden.“
DIESE CLOUD-LÖSUNGEN GIBT ES
Zur den traditionellen Angeboten aus der Wolke – Software, Infrastruktur und Plattform – gesellen sich inzwischen weitere Offerten. Ihr Markenzeichen: Sie enden immer mit der Abkürzung „aaS“ für „as a Service“. Ein Überblick:
Software as a Service (SaaS). Geschäftsanwendungen wie CRM, SAP, Office oder E-Mail werden standardisiert bereitgestellt, betreut und betrieben.
Infrastructure as a Service (IaaS). IT-Infrastruktur wie Betriebssystem oder Hardware sowie das Netzwerk werden bereitgestellt.
Platform as a Service (PaaS). Plattformen für das Entwickeln, Hosten und Betreiben von Webanwendungen.
Application Platform as a Service (APaaS). Cloud-Geschäftsanwendungen entwickeln und betreiben.
Backup as a Service (BaaS). Sicherheitskopien einfach in die Wolke auslagern.
Communications as a Service (CaaS). Bietet alle Voice-over-IP-Dienste (etwa Telefon und Video) an.
Database as a Service (DbaaS). Ganze Datenbanksysteme können gemietet werden. Der Anbieter übernimmt Bereitstellung, Pflege und Wartung.
Desktop as a Service (DaaS). Mobile Mitarbeiter greifen über die Cloud auf ihre Aufgaben zu.
CHECKLISTE FÜR CLOUD-EINSTEIGER
Diese Vorbereitungen sollten Unternehmen vor dem Auslagern von Daten und Anwendungen treffen:
Geschäftsprozesse unter die Lupe nehmen. Herausfinden, welche Tätigkeiten ganz oder teilweise ausgelagert werden können.
Für Datenschutz sorgen. Datenschutzrichtlinien und -Gesetze, denen das Unternehmen unterliegt, müssen unbedingt auch von den Dienstleistern eingehalten werden.
Exportmöglichkeit sicherstellen. Die Daten müssen stets im Besitz des Unternehmens bleiben und beim Anbieterwechsel exportiert werden können.
Sicherheitsarchitektur überprüfen. Informationen zum Rechenzentrum, zur Netzsicherheit und zur Verschlüsselung der Daten müssen eingeholt werden.
Verfügbarkeit und Rechtemanagement festlegen. Spezifische rechtliche Aspekte und Verfügbarkeiten (Service Level Agreements), die für das Unternehmen wichtig sind, müssen vom Anbieter eingehalten werden.
ID-Management darlegen lassen. Der Dienstleister muss darlegen, wie er die verschiedenen Nutzer identifiziert und wie er sicherstellt, dass nur berechtige Anwender Zugriff auf die Firmendaten haben.