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© Zero Motorcycles

Zero? Nie gehört! Selbst unter ­gestandenen Motorradfans erntet fragende Blicke, wer von seinen Erlebnissen mit einem Elektromotorrad erzählt. Abgesehen von den im Sharing populären E-Rollern, fristen echte Elektromotorräder noch ein Schattendasein.

 

Zwar ist der US-amerikanische Hersteller Zero schon seit 2016 König der Verkaufs- und Zulassungshitliste für alternativ angetriebene Motorräder, aber die Stückzahlen sind verschwindend gering. 2017 waren es in Deutschland gerade mal 127 Modelle.

Dabei hätte das E-Motorrad mehr Aufmerksamkeit verdient. Denn es macht versierten Fahrern in den meisten Situationen nicht nur genau soviel Spaß wie ein Verbrenner. Es hält auch einige spezifische Merkmale parat, die Fahranfänger begeistern dürften.

Ich habe mich mit der Zero DSR Black Forest Edition für ein umfangreich ausgestattetes Bike in Machart einer kompakten Reise-Enduro entschieden, doch das Handling fällt so leicht wie bei einer 125er.

Mit dem Bike gelingen alle Fahrmanöver auf Anhieb, manchmal kommt mir das Einlenkverhalten fast zu leicht vor. Die hohe Agilität im Gewusel des Düsseldorfer Stadtverkehrs wird jedenfalls nur durch die breiten Koffer am Heck gemindert.

Ideal für Anfänger

Die aufrechte Sitzposition und die breite Lenkstange passen für meine 1,85 Meter Körpergröße ideal, und Lastwechselreaktionen kennt die Zero mit ihrem wartungsarmen Riemenantrieb praktisch gar nicht. Motor und Akku (mit 14,4 kW) bilden einen tiefen Gewichtsschwerpunkt. Der Tank ist nur Attrappe, darunter liegt der wichtigste Anschluss zum Strom laden.

Der linke Fuß muss sich nicht durch eine komplexe Gangreihenfolge tasten, weil alle Zeros ohne Getriebe und Kupplung auskommen. Die linke Hand greift bei der Suche nach dem Kupplungshebel somit ebenfalls ins Leere.

Nach ganz kurzer Eingewöhnung finde ich das sehr angenehm, denn so kann ich mich noch besser auf Verkehr, Straße und Landschaft konzentrieren. In den Rückspiegeln kann ich sogar mehr sehen als nur die eigenen Ellbogen.

Dieses Fahrvergnügen wird unterstützt durch die komplette Abwesenheit von Auspuffgebrüll, Abgaswolken und Motoraufheulen. Wie alle E-Fahrzeuge summt die DSR beim Anfahren mit der stufenlosen Eingangautomatik lediglich ganz leise.

Wobei nicht verschwiegen werden soll, dass viele Motorradfahrer den Sound ihrer Maschine lieben und ihn durchaus als Sicherheitsmerkmal begreifen: Man hört sie kommen. Das entfällt bei der Zero, da sie auch kein synthetisches Fahrgeräusch erzeugt.

Im Vergleich zu fast allen Autos faszinieren leistungsstarke Motorräder, indem sie eine enorme Beschleunigung mit extremer Kurvendynamik kombinieren. Zwar ist die DSR Black Forest mit ihren drei abschließbaren Reisekoffern und dem hohen und sehr wirksamen Windschild alles andere als ein solches Superbike.

Doch das hohe Drehmoment und die Beschleunigung, wenn man richtig Gas gibt, sind durchaus superbike-tauglich. Bei 158 Stundenkilometern ist allerdings Schluss.

Frank Heide schreibt seit 15 Jahren über Autos und Motorräder. Sein Fazit zur Zero DSR: © Thomas Luther

 

Für die Alpentour würde ich einen traditionellen Verbrenner nehmen. Noch gibt es mehr Zapf- als Ladesäulen. Für die Fahrt zur Arbeit oder zur Eisdiele ist die DSR aber ideal. Nur wenn der Akku leer ist und man lediglich an die Haushaltssteckdose kann, dauert die Zwangspause zehn Stunden.

 

Langsam beim Laden

Gefehlt hat mir bei der mit ABS ausgestatteten DSR eine Traktionskontrolle, aber neuere Zero-Modelle werden sie an Bord haben. Ohne sollte man mit kalten Reifen im leistungsreduzierten Eco-Modus starten, bevor man zu stark am Gas dreht.

Dass für drei Koffer drei verschiedene Schlüssel benötigt werden, ist übertrieben lästig. Und zur schicken Beklebung der Kunststoffteile mit Camouflage-Folie hätte noch eine Schutzlackierung mit Klarlack gehört.

© Zero Motorcycles

Last but not least wäre eine stärkere Rekuperation wünschenswert, bisher spürt man davon praktisch nichts. Zero bietet außerdem als 2.700 Euro teure Option das Schnellladesystem „Charge Tank“ mit bis zu 6 kW an, das ich für obligatorisch halte, weil es die Ladegeschwindigkeit von 9,8 auf 2,5 Stunden reduziert.

Womit wir bei den zwei großen Nachteilen der Zero DSR Black Forest wären: Die Reichweite ist niedrig und der Preis ist hoch. Bei Tempo 113 kommt man 126 Kilometer weit, Zero verspricht im Stadtverkehr bis zu 260 Kilometer.

Aufgerufen werden beim Basismodell DSR 14.4 knapp 19.000 Euro, bei der Black Forest sind es rund 22.000 Euro.

 

Technische Daten – Zero DSR Black Forest Edition ZF 14.4

Antrieb: Elektromotor mit Riemenantrieb

Akku: 14,4 kWh

Leistung: 52 kW/69 PS, maximales Drehmoment: 146 Newtonmeter

Geschwindigkeit: max. 158 km/h

Reichweite: 126 km bei Tempo 113; in der Stadt: 262 km

Ladezeit: 9,8 Std. /230 Volt; 2,5 Std. mit 6 kW Charge Tank

Preis: 21.980 Euro