Die Bundesregierung bemüht sich seit Jahren, Elektromobilität in Deutschland zu platzieren. Doch die Erfolge lassen auf sich warten. Ziele wie eine Million Elektrofahrzeuge bis 2020 mussten bereits gekippt werden. Warum ist das so und welche Probleme behindern das Voranschreiten der alternativen Antriebstechnologie?
Seit einigen Jahren wächst das Angebot an Elektrofahrzeugen und Hybridmodellen stetig. Während im unteren Fahrzeugsegment reine Elektrovarianten angeboten werden können, findet man im mittleren und oberen Fahrzeugsegment meist Hybridfahrzeuge. Lediglich Tesla bietet mit dem Modell S eine reine Elektro-Alternative in der Oberklasse. Innerhalb der nächsten Fahrzeuggeneration des mittleren Segments sollen auch hier reine Elektrofahrzeugem, zum Beispiel die e-tron-Familie von Audi, auf den Markt kommen.
Ein wesentliches Hemmnis von Elektrofahrzeugen ist immer noch ihr Preis. Die Bundesregierung versucht gegenzusteuern, indem sie Elektrofahrzeuge mit einem staatlich geförderten Zuschuss begünstigt. Der Steuertopf ist mit 1,2 Milliarden Euro gut gefüllt und reicht für mehr als 300.000 Fahrzeuge. 4.000 Euro Prämie gibt es, aber nur bis zu einem Kaufpreis von 60.000 Euro. Die Mittel, die bis Ende Juni 2019 nicht abgeschöpft werden, verfallen. Jedoch hat diese Maßnahme bis dato noch zu keinen wesentlichen Steigerungen der Zulassungszahlen geführt. Der Marktanteil von reinen Elektroautos belief sich im Jahr 2017 auf 0,73 Prozent, bei Plug-in-Hybridfahrzeugen auf 0,86 Prozent.
Gradmesser Reichweite
Ein weiterer Knackpunkt für die Käufer ist nach wie vor die Reichweite von Elektroautos. Während die gängigen Hybridmodelle maximal bis zu 50 Kilometer elektrisch fahren können, kommen die derzeit angebotenen, reinen E-Fahrzeuge auf durchschnittliche 250 Kilometer. Lediglich Tesla kann eine Reichweite von gut 500 Kilometern garantieren. Damit können sich kleinere E-Fahrzeuge durchaus für Stadtfahrten etablieren. Doch für die meisten potenziellen Käufer sind Fahrzeuge mit einer Reichweite bis 250 Kilometer nicht effizient genug.
Eine wesentliche Rolle spielt dabei auch die äußerst dürftige Ladenetz-Infrastruktur in Deutschland, das wohl größte Hindernis für die nachhaltige Verbreitung von Elektrofahrzeugen. Während sich auf der einen Seite Kommunen anschicken, Ladestationen flächendeckend und auf eigene Kosten in urbanen Räumen zu errichten, sind es auf der anderen Seite bis dato nur die Hersteller, die den Ausbau von Ladestationen unterschiedlicher Stärke auf gängigen Verkehrsadern vorantreiben. Staatliche Aktivitäten sucht man vergeblich, obwohl in Deutschland das Autobahnnetz nach wie vor in staatlicher Hand ist. Insofern hat sich die Anzahl der Ladestationen und Anschlüsse für Elektrofahrzeuge in Deutschland in absoluten Zahlen nur langsam entwickelt, jedoch mit einer deutlichen Steigerungsquote.
Supercharger als Gamechanger
Als Ausweg aus dieser Misere sind eindeutig gemeinschaftliche Anstrengungen vonseiten des Staates und der Wirtschaft erforderlich. Ein weiterer Druckpunkt im Hinblick auf die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland ist die Ladegeschwindigkeit. Ladezeiten wie beim Tanken von herkömmlichem Treibstoff sind noch in weiter Ferne. Elektroautos benötigen an gewöhnlichen Ladestationen eine Zeit von acht Stunden, bis der Akku vollständig geladen ist. Einzige Ausnahme: Gleichstrom-Supercharger, wo sich die Akkus von Modellen mit 90 Kilowattstunden nach 40 Minuten zu 80 Prozent füllen lassen. Bisher befinden sich in Deutschland jedoch nur circa 2.000 Schnellladeanschlüsse.
Das Fazit muss beim gegenwärtigen Stand deshalb lauten: Noch stellt die Elektromobilität eine je nach Einzelfall sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen und zu weiteren alternativen Antriebstechniken dar.
Zur Person
Stefan Randak leitet die Solution Group Automotive bei Atreus. Vor seiner Tätigkeit bei der Unternehmensberatung war er unter anderem als General Manager (CEO und CFO) für die Daimler AG im In- und Ausland tätig.