
© Citroën
Der hat was auf dem Kasten. Wenn sich ein Auto mehr als drei Millionen Mal verkauft, haben die Entwickler vieles richtig gemacht. Beim Citroën Berlingo betraf das vor allem Platzangebot, Preis und Stauraum.
Text: Frank Heide
Beim Citroën Berlingo betraf das vor allem Platzangebot, Preis und Stauraum. Bei der dritten Generation kommt auch noch etwas Spaß hinzu. Zwar ist die Gattungsbezeichnung ein Wortungetüm: Hochdachkombi – was eher an den kommunalen Ordnungsdienst denken lässt als an ein Traumauto.
Doch mit der dritten Generation des Citroën Berlingo beweisen die Franzosen, dass so ein pragmatisch-praktisches Fahrzeug nicht nur Handwerkern, Hundebesitzern und Umzugshelfern Freude bereitet. Der Berlingo ist baugleich mit dem Peugeot Rifter und dem Opel Combo, und bald auch noch mit einer weiteren Variante für Toyota.
Frank Heide schreibt seit 15 Jahren über Autos. Sein Fazit fällt positiv aus. © Thomas Luther
Wer beim Citroën Berlingo einen tristen Kastenwagen erwartet, wird positiv überrascht. Die Ladequalitäten und die Variabilität sind bekannt, dazu kommt ein echtes, modernes Pkw-Fahrgefühl, obwohl der Wagen riesig ist. Für Familien und Freizeitsportler geht es kaum alltagstauglicher.
Doch von außen ist er schnell als Citroën zu erkennen: Er trägt auf den Seiten die inzwischen markentypischen „Airbumps“, die helfen sollen, Türkantenschäden und Parkplatzrempler abzufangen. Im Vergleich zu seinen Konkurrenten sammelt der Berlingo zudem Pluspunkte beim Be- und Entladen. So öffnet sich die Heckscheibe separat, was praktisch ist, wenn der Platz zum Öffnen der wirklich großen Klappe nicht reicht.
Ladung, Ladung, Ladung
Im Innenraum treibt Citroën die Variabilität auf die Spitze: 28 im ganzen Fahrzeug verteilte Stauräume habe ich gezählt, etwa im Boden hinter den Vordersitzen, in den Türen, in der Mittelkonsole sowie in gleich zwei Handschuhfächern.
Für 900 Euro Aufpreis gibt es mit dem „Modutop“ ein Multifunktionsdach, das aus weiteren Staufächern vorne und hinten sowie einem transparenten Mittelsteg besteht, in dem die abgelegten Sachen sichtbar sind. Auch die Ladefläche ist geschickt variierbar.
Im Normalzustand fasst der Kofferraum 775 Liter. Klappt man die geteilte Rücksitzbank zu einer ebenen Fläche nach vorn um, stehen sage und schreibe 3.500 Liter Stauvolumen zur Verfügung. Maximale Länge der Ladefläche: 2,70 Meter. Angesichts dieser Verstautalente wundert man sich im Alltagsbetrieb im positiven Sinn über die sehr Pkw-mäßigen Fahreigenschaften.
Das große Angebot von modernen Assistenzsystemen, bequeme Sitzpolster mit farbigen Streifen, viel Kopf- und Beinfreiheit, Head-up-Display, induktive Smartphone-Aufladung, 8-Zoll-Touchscreen sowie eine super funktionierende Sprachsteuerung vertreiben jeden Gedanken an tristes Nutzfahrzeugdasein.
Selbst die Sorge, man könne mit dem großen Kasten auf Parkplätzen in Verlegenheit geraten, stellt sich als unbegründet heraus. Große Glasflächen in Kombination mit der hohen Sitzposition sorgen für eine gute Rundumsicht. Und wenn es mal eng wird, unterstützen Parkautomatik, große Rückspiegel, Warnpieper und eine Rückfahrkamera.
Technische Daten – Citroën Berlingo 130 HDi
Antrieb: 1,5-Liter-Turbodiesel mit Sechsgang-Getriebe
Leistung: 96 kW/130 PS
Beschleunigung: 0-100 km/h: 11,5 Sek., max. 185 km/h
CO2-Ausstoß: 115 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-temp
Verbrauch: 4,4 l/100 km
Preis: ab 19.090 Euro, Testwagen 26.390 Euro
Restwert*: 11.480 Euro (Wertverlust 14.910 Euro). Zum Vergleich: VW Caddy 2.0 TDI BMT, Neupreis: 27.923 Euro, Restwert: 12.426 Euro, Wertverlust: 15.497 Euro.
* nach 48 Monaten und 80.000 Kilometer Laufleistung; berechnet von BF Forecasts
Fährt und parkt wie ein Pkw
Zu bemängeln gibt es nur Details: So sind mir die Beinauflagen der Vordersitze deutlich zu kurz, um langstreckentauglich zu sein.
Es wäre außerdem praktisch, wenn sich das Fahrzeug die einmal gewählte individuelle Konfiguration der Sicherheitsfeatures wie Verkehrsschilderkennung, Kollisionswarner, Notbremsassistent und Müdigkeitserkennung merken würde. So muss ich bei Fahrtantritt immer wieder vieles neu einstellen.
Pluspunkte sammelt der Berlingo hingegen in puncto Motorleistung und Verbrauch. Der getestete 1,5 Liter große Turbodiesel mit 6-Gang-Handschaltung kam auch im Alltag oft nah an die angegebenen Normverbrauchswerte. Wer einen Transporter kauft, erwartet keinen Supersportler.
Aber die frühe und souveräne Kraftentfaltung des drehmomentstarken Vierzylindermotors macht bis zu einem Reisetempo von 160 Stundenkilometer alles mehr als ordentlich mit. Angesichts der Seitenwindanfälligkeit der großen Karosse lässt man die Raserei allerdings freiwillig sein.