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Creditreform

© Nissan

Wer mit seinem Elektroauto weiter fahren möchte als der Durchschnitt, muss tiefer ins Portemonnaie greifen. Viele Hersteller bieten stärkere Akkus als Extra an. Auch der Nissan Leaf macht da keine Ausnahme. Das neuste und stärkste Modell trägt den Beinamen e+

 

Hatte ein Durchschnittsstromer im Jahr 2013 noch eine Kapazität von rund 22 Kilowattstunden (kWh) und fuhr damit gerade mal 130 Kilometer weit, ermöglichen moderne Batterien mit bis zu 64 kWh deutlich mehr als 300 Kilometer Reichweite.

Mit seinem 62-kWh-Akku, 217 PS Leistung, einer Beschleunigung aus dem Stand auf 100 km/h in weniger als sieben Sekunden und 340 Newtonmeter Drehmoment spricht der Nissan Leaf e+ fast schon sportlich orientierte Fahrer an.

Obwohl das natürlich nicht der Hauptzweck des kompakten Fünftürers ist. Bei dynamischen Fahrten wirkt er mit seiner komfortablen Federung und dem indifferenten Lenkrad-Feedback doch recht schnell überfordert.

Nissan versteht ihn als Stadtfahrzeug und vernünftiges Pendlerauto, das dank 394 Liter Kofferraumvolumen auch Alltagsqualitäten besitzt. Die Schräghecklimousine ist inzwischen deutlich länger und höher als etwa ein VW Golf und vermittelt von außen sofort einen asiatischen Design-Eindruck.

Innen missfällt, dass die Sitze mechanisch nur wenig und das Lenkrad gar nicht zu verstellen sind. Wichtige Fahrzeugfunktionen schnell zu bedienen, will erst erlernt werden, denn die Anzahl der Knöpfe und Schalter im Lenkrad ist groß, und die Menüführung über das digitale Cockpitdisplay sowie einen großen, zentralen Touchscreen ist nicht sehr intuitiv.

Zu den Eigenarten des Leaf zählen zudem übersensible Sensoren, die immer wieder gerne lautstark vor Hindernissen und Gefahren warnen, die aus Fahrerperspektive überhaupt keine sind. Wie etwa ein Fahrzeug, das an der roten Ampel vor einem hält, nach einigen Sekunden Warten aber plötzlich mit Alarmton und Kamerabild als Hindernis interpretiert wird.

Auf der Habenseite verbucht der Leaf einen modernen und aufgeräumten Innenraum mit wertigen Materialien. Und als Extra Nissans erste Autopilotfunktionen. Das ProPilot genannte System macht seine Sache ordentlich, etwa auf der Autobahn, und ist weniger sensibel um Lack und Insassen besorgt als der zuvor genannte Auffahrwarner.

Frank Heide schreibt seit 15 Jahren über Autos. Für das Creditreform-Magazin testet einmal im Monat die neuesten Firmenwagen. © Thomas Luther

 

 

 

Subventionsstau und Reichweitenängste hemmen derzeit den Verkauf von Elektroautos in Deutschland. Gegen beide Probleme hat sich Nissan bei seinem Bestseller Leaf etwas einfallen lassen. Einige massive Einschränkungen im Alltag muss man im weltweit meistverkauften E-Auto aber immer noch hinnehmen.

 

Schnell fahren, lange laden

Die große Stärke des Leaf e+, sein gewaltiger Akku, der für eine Normreichweite von 385 Kilometer und eine Spitzengeschwindigkeit von 157 km/h sorgt, ist allerdings gleichzeitig sein größtes Problem.

Genauer gesagt, das Laden des Akkus ist auffällig langsam. Ursache ist eine technische ­Eigenart des Leaf, die mit seiner Konzeption als Auto für den Weltmarkt zusammenhängt: Er lädt nur einphasig, also mit Gleichstrom, was in den Stromnetzen ­Japans und der USA sinnvoll ist.

Im deutschen dreiphasigen Niederspannungsnetz ist es ein Nachteil, weil der Leaf etwa an der Wallbox statt möglicher 6,6 kW nur 4,6 kW Strom saugt. So habe ich es nicht geschafft, die Batterie des Testwagens über Nacht in der Garage wieder komplett aufzufüllen, wenn sie fast leer gefahren war.

Auch an Schnellladesäulen ist Nissan anders als andere. Soll Gleichstrom in den Akku fließen, muss man einen japanisch-französischen Chademo-Anschluss finden.

Dann aber lädt der Leaf mit bis zu 50 kW in 60 bis 90 Minuten von null auf 80 Prozent. Aber: In Deutschland gängigere und neue Säulen verfügen häufig nur noch über den CCS-Stecker, die Chademo-Technik nutzen nur noch Nissan und Mitsubishi.

 

Wer bremst, rekuperiert

Ein echtes Plus des Leaf sind seine ePedal-Auslegung und der Eco-Modus: Im Stadtverkehr fällt es auf Anhieb spielend leicht, das Auto nahezu ohne Bremspedaleinsatz zu bewegen und maximal zu rekuperieren.

Will man lieber lange und leicht ausrollen, reicht ein Knopfdruck in der Mittelkonsole.

Betrachtet man ein E-Auto als klassischen Zweitwagen, könnte der Leaf als zu groß und zu teuer durchs Raster fallen.

Immerhin: Nissan stockt die staatliche Förderprämie freiwillig um weitere Mittel auf, sodass Käufer eines Leaf e+ zusammen mehr als 10.000 Euro Förderung erhalten.

Wer davon profitiert, verschmerzt auch den vergleichsweise hohen Wertverlust. Laut Prognose der Restwertanalysten von BFF Forecast verliert der Nissan nach 48 Monaten und 80.000 gefahrenen Kilometern gut 29.500 Euro an Wert.

Die große Batterie­variante ist zwar sinnvoll, ein Festhalten am Chademo-Anschluss aber kaum noch. Da ist die Konkurrenz mit CCS – wie ­etwa beim Renault Zoe, dem ­Hyundai Ioniq oder dem E-Golf – fortschrittlicher unterwegs.

 

Nissan Leaf e+

Technische Daten

Antrieb: Elektromotor, Frontantrieb, Eingang-Getriebe

Leistung: 160 kW/217 PS

Beschleunigung: 0-100 km/h: 6,9 Sek., max: 157 km/h

Ladeanschluss: Typ 2 und Chademo

Normverbrauch: 18,5 kW/h pro 100 km

Normreichweite: 385 km, (Akkukapazität: 62 kWh)

Preis: 44.700 Euro, (Umweltbonus möglich)