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Alle sprechen darüber, doch Laien fällt es schwer, zu verstehen, was die Technologie tatsächlich leistet und wofür sie gut ist. Ein Erklärungsversuch: Was genau ist eigentlich Blockchain?

Die Entstehung

Der Erfinder der Blockchain ist nicht genau bekannt. Im Jahr 2008 stellte er unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto ein neunseitiges PDF ins Netz, in dem er die Grundlagen der Technologie beschrieb: ein System, das Online-Zahlungen direkt zwischen zwei Parteien ermöglicht und ohne Finanzinstitute oder andere Vermittler auskommt. Im Jahr 2009 veröffentlichte Nakamoto die Implementierung der Bitcoin-Software und startete so die erste öffentlich verteilte Blockchain.

Die Technologie

Wie der Name sagt, besteht eine Blockchain aus einer Kette beliebig vieler Blöcke. „Sie ist keine Datenbank, sondern eine Liste, in der alle jemals zuvor getätigten Transaktionen dokumentiert und komprimiert in Blocks gespeichert sind“, erklärt René Bader, Manager Critical Business Application and Big Data beim IT-Sicherheitsspezialisten NTT Security. Jeder Teilnehmer einer Blockchain hat eine Kopie dieser Liste auf seinem Computer. Sie wird laufend aktualisiert und validiert, wodurch das Verfahren sehr sicher ist. „Bei Bitcoin ist die Datei inzwischen 80 Gigabyte groß“, so der Experte. „Würde dort jemand manipulieren wollen, müsste er mit immensem Aufwand alle vorherigen und aufeinander aufbauenden Blocks verändern.“

Der Nutzen

Bei jeder herkömmlichen Überweisung im Netz agieren im Hintergrund mehrere Institutionen. Sie verlangen Daten, Sicherungscodes und Verifizierungen – und verdienen damit ihr Geld. „Blockchain ist eine eigene Trust Engine“, erklärt René Bader. „Bisher stellen Inter­mediäre wie Banken das Vertrauen her. Bei Blockchain wird die Vertrauensbildung direkt Peer-to-Peer und über kryptografische Verschlüsselung sichergestellt.“ Bei einer Transaktion von A nach B fragt das System im Netzwerk ab, ob A das Geld tatsächlich hat und B berechtigt ist, es zu empfangen – abge­leitet aus der in den Blocks gespeicherten Historie. Nutzer vertrauen also der Technologie, weshalb es oft heißt, sie könne Intermediäre wie Banken entbehrlich machen.

Die Anwendungsfelder

Bisher kommt Blockchain im großen Stil nur bei der Online-Währung Bitcoin zum Einsatz. Prinzipiell kann die Technologie aber überall eingesetzt werden, wo Geschäfte zwischen zwei Parteien stattfinden. Zum Beispiel im Aktienhandel, der heute noch über ein komplexes Geflecht aus Käufer, Verkäufer, Händler, Clearing­stelle und anderen gesteuert wird. „Oder im dezentralen Energiehandel“, sagt Bader. Bisher sind es Banken, die mit größtem Aufwand an Blockchain-Anwendungen forschen. In einer aktuellen Um­frage des IT-Unternehmens CSC unter Vorständen, Fach- und Führungskräften deutscher Banken antworteten mehr als die Hälfte, dass sie spätestens in zwei Jahren marktreife Blockchain-basierte Angebote für Endverbraucher erwarten.

Die Zukunft

Entwickler träumen davon, dass die Technologie schon in wenigen Jahren die Art verändert, wie Verträge zustande kommen und Rechte verwaltet werden. Dann sollen sogenannte Smart Contracts Aktionen selber ausführen. „Selbstfahrende E-Autos könnten vor einer roten Ampel autonom etwas Strom tanken – und über eine Blockchain direkt abrechnen“, gibt Bader ein Beispiel. Abgesehen von den nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen und der Akzeptanz der Nutzer müsse für diese Visionen aber auch die Technologie noch einen Sprung machen, räumt er ein. „In künftigen Anwendungen gäbe es weitaus mehr Transaktionen als bei Bitcoin. Das heißt, es müssten immense Daten bewegt und gespeichert werden.“ Mit Hochdruck arbeiten Programmierer deshalb vor allem an der Skalierbarkeit.