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Creditreform

Wer sich in sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook bewegt, ist nahezu ständig mit Kurzlinks konfrontiert. Dort sind sie besonders beliebt, um Platz zu sparen. Auch QR-Codes, die sich per Smartphone scannen lassen, können auf einem Kurzlink basieren. Doch verbirgt sich hinter dem Link tatsächlich die angekündigte oder erwartete Seite?

Ein häufig genutzter kostenfreier Dienst, um Adressen zu verkürzen, ist bit.ly – mit dem Kurzlink http://bit.ly/1kWzKmQ gelangen Sie beispielsweise auf die Startseite des Creditreform-Magazins.

Langversion prüfen

Um zu überprüfen, wohin ein Kurzlink führt, bevor Sie ihn aufrufen, können Sie mit anderen Diensten den umgekehrten Weg gehen – und sich statt der kryptischen kurzen Variante wieder die aussagekräftigere lange Adresse anzeigen lassen. Das ist zum Beispiel mit untiny.com möglich.

Manipulierte Kopie

Dubiose Dienste wie SHRTURL eines offenbar niederländischen Programmierers beschränken sich allerdings nicht darauf, einen Kurzlink zu erstellen: SHRTURL legt eine Kopie einer beliebigen Internetseite an. Und in diesem Duplikat, das optisch identisch ist mit dem Original (bis auf einen unauffälligen Hinweis auf SHRTURL am Seitenende), kann der Nutzer Texte frei editieren und Bilder durch eigene ersetzen – eine offensichtliche Einladung, Beiträge unter falschem Absender zu verbreiten.

Spätestens, wenn Ihnen merkwürdige Meldungen auf scheinbar seriösen Webseiten auffallen, sollten Sie ab sofort schnell einen Blick auf die Adresszeile Ihres Browsers werfen. Taucht dort lediglich eine verkürzte Adresse auf, sind Sie eventuell auf einer manipulierten Seite gelandet. Dann hilft es, die Seite manuell über die vollständige Adresse aufzurufen und zu schauen, ob die Inhalte identisch sind.

Auch wenn die Versuchung groß ist: Sie selbst sollten einen Dienst wie SHRTURL besser nicht nutzen, um vielleicht andere Internetnutzer mit Falschmeldungen auf die Probe zu stellen. Denn juristisch könnten Sie sich damit angreifbar machen und eine Abmahnung einfangen – schon allein wegen der womöglich verletzten Urheberrechte der kopierten Seite. (mil)

Rechtliche Einordnung

Wir sprachen mit Rechtsanwalt Mirko Jankord aus der Dortmunder Kanzlei Fuß & Jankord PartG:

Warum ist ein Werkzeug wie SHRTURL, das eine Kopie einer bestehenden Internetseite anlegt und per Link zugänglich macht, rechtlich problematisch?

JANKORD: Die Dienste richten sich grundsätzlich an die Anbieter von Internetangeboten, um ihre eigenen Inhalte mit gekürzten URL zu verbreiten bzw. leichter verbreiten zu lassen. Die Nutzung durch Dritte ist zwar offensichtlich möglich, aber ggf. gar nicht intendiert. Auch die AGB der Verkürzungsdienste sehen eine solche Nutzung teilweise nicht vor. Bei einer bloßen Verkürzung eines Links durch einen anderen als den Anbieter sind prinzipiell auch Risiken von Rechtsverletzungen erkennbar. Denkbar ist zum Beispiel, dass dabei eine Domain, die eine Marke oder ein Unternehmenskennzeichen des Anbieters wiedergibt oder darstellt, durch die Verkürzung unkenntlich gemacht wird. Das Entfernen eines Kennzeichens könnte als Markenrechtsverletzung verfolgbar sein. Wenn dies durch einen Mitbewerber des ursprünglichen Anbieters geschieht, wäre auch eine wettbewerbsrechtlich unzulässige gezielte Behinderung durch Kennzeichenmissbrauch oder Irreführung denkbar.

Macht sich ein Nutzer des Werkzeugs rechtlich angreifbar, wenn er den Link zu einer damit manipulierten Seite verbreitet?

JANKORD: Ja. Es sind bei einer Manipulation neben schon genannten Rechtsverletzungen viele weitere rechtswidrige Handlungen möglich. Das können auch Urheberrechtsverletzungen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen, unlautere Werbung bis hin zu strafrechtlich relevanten Handlungen wie beispielsweise Verleumdung, Kreditgefährdung oder Betrug sein. Durch die Verschleierung der Identität der Autoren der manipulierten Inhalte sind selbstverständlich auch Verstöße gegen zwingende Regelungen des Telemediengesetzes, des Rundfunkstaatsvertrages oder der Landespressegesetze.

Ferner ist zu befürchten, dass die Möglichkeit, unter der vermeintlichen Identität eines anderen Anbieters Inhalte in großem Umfang zu verbreiten, dazu führt, dass auch rechtswidrige Inhalte verbreitet werden. Ein größeres Problem wird ggf. die Feststellung der Identität der Nutzer der Dienste werden.

Die Folgen für die Nutzer wegen einer unzulässigen Manipulation von Internetseiten können in erster Linie Unterlassungs-, Schadensersatz- und Geldentschädigungsansprüche in nicht unerheblicher Höhe sein. Auch die strafrechtliche Verfolgung eines rechtswidrigen Handelns ist möglich.

Ist es denn rechtlich unbedenklich, wenn andere Nutzer den Link weiterverbreiten?

JANKORD: In bestimmten Konstellationen sind Risiken auch für die Personen gegeben, die manipulierte Inhalte verbreiten. Ist zum Beispiel nicht mehr erkennbar, dass ein Link der eines anderen Anbieters oder Nutzers ist, und erscheint er wie eine eigene Short-URL, kann man mit einer rechtlichen Auseinandersetzung rechnen.

Es ist zu empfehlen, die ursprüngliche Quelle eines Links zu überprüfen und bei Short-URLs auf die des Anbieters zurückzugreifen. Das Weiterverbreiten von ungeprüften Short-URLs birgt hingegen Risiken.