
© Hyundai
Die Gedanken eines Elektroautofahrers kreisen ständig um die Reichweite. Mit einem Plug-In-Hybrid wie dem Hyundai Ioniq schwindet die Sorge, irgendwo stromlos liegenzubleiben. Doch wer clever auflädt und besonnen fährt, kann meist auf den Verbrennungsmotor verzichten. Ein Selbstversuch.
Der Hyundai Ioniq ist das weltweit erste Serienauto, das für drei verschiedene elektrische Antriebe konzipiert wurde: Es gibt ihn als Ioniq Hybrid, als Ioniq Elektro, und als Ioniq PHEV. Diese Abkürzung steht für Plug-In-Hybrid, also eine Kombination aus Benzin- und Elektromotor, dessen Akkus sowohl an heimischen Steckdosen als auch an Schnellladern aufgefüllt werden können.
Ich teste die PHEV-Variante, weil sie ideal zu meinem Pendler-Fahrprofil passt – zumindest in der Theorie. Laut Datenblatt soll der Plug-In-Ioniq bis zu 63 Kilometer allein durch die Kraft seiner Akkus schaffen.
Mein Berufsweg beträgt hin und zurück genau 62 Kilometer. Viel Puffer bleibt nicht. Aber in der Tiefgarage im Büro gibt es zwei Schnellladestationen. Außerdem unterstützt mein Arbeitgeber den Wandel zur alternativen Mobilität und spendiert den Strom.
Meine Rechnung
An 210 Arbeitstagen fahre ich ohne Umwege jeweils 31 Kilometer hin und 31 Kilometer zurück. Macht 13.020 Kilometer pro Jahr. Ich besitze einen schicken Youngtimer, der acht Liter Super auf 100 Kilometer verbraucht. Übers Jahr und mit einem Durchschnittspreis von 1,47 Euro gerechnet, fließen so allein 1.531 Euro in den Tank.
In acht Jahren, so lange gewährt Hyundai Garantie auf die Akkus, würde sich das auf 12.249 Euro summieren. Die könnte ich sparen, wenn ich die komplette Strecke rein elektrisch schaffe – und im Büro kostenlos auflade.
Der erste Eindruck
Von außen gefällt mir der weiße Testwagen sehr gut, der Viertürer mit dem coupéartigen Dach kommt unaufgeregt, funktional und sachlich rüber, aber durchaus modern. Auffallend flach steht er auf besonders schmalen Energiesparreifen.
Man sieht ihm seinen niedrigen Luftwiderstand an. Nur das Heck ist nicht schön, eine Spange teilt die Heckscheibe, sie stört auch den Schulterblick nach hinten.
Innen überwiegen sachliche Grautöne. Leider ist der Anteil an Kunststoffen zu hoch, um einen wirklich hochwertigen Eindruck zu hinterlassen. Doch die Verarbeitung ist gut, das Interieur wirkt modern. Vor allem das große Touch-Display in der Mittelkonsole schindet Eindruck.
Der Akku ist voll und das Display zeigt tatsächlich 63 Kilometer Elektro-Reichweite an – nicht mehr und nicht weniger. Bei jedem erneuten Blick darauf, gibt mir der Ioniq eine ziemlich deutliche Rückmeldung zu meinem Fahrstil.
Im morgendlich-zähfließenden Berufsverkehr bin ich die ersten 20 Autobahnkilometer auf der rechten Spur meist hinter Lkws geblieben, habe Tempo 120 nicht überschritten. Alles gut also? Nach 31 Kilometern im Büro angekommen, sollten mindestens noch 31 Kilometer Reichweite für den Rückweg bleiben. Tatsächlich habe ich nur noch Saft für 27 Kilometer.
Schade, aber mein Fehler: Klimaanlage, Radio, volle Beleuchtung, zu schwerer Gasfuß. Immerhin: Das Aufladen geht beim Ioniq wirklich flott und simpel.
Der zweite Versuch
Das Radio bleibt aus, die Klimaanlage auch, die Beleuchtung wird auf Tagfahrlicht beschränkt und ich nehme die alternative Route über die Landstraße. Dabei spiele ich mit den verschieden starken Rekuperationsmodi, die den Akkus Roll- und Bremsenergie zuführen.
Das klappt! Nach Hin- und Rückweg komme ich mit drei Kilometern elektrischer Restreichweite wieder zu Hause an. Aber ich muss zugeben: Die Fahrt hat wenig Spaß gemacht, ich kam mir mit extrem sanft aufgesetztem Gasfuß und heftiger Rekuperation oft wie ein rollendes Verkehrshindernis vor.
Am nächsten Tag übertreibe ich bewusst und fahre einfach drauflos. Immerhin hat der Ioniq auch einen Sportmodus und Schaltpaddles am Lenkrad. Wie erwartet, schaltet der 1,6-Liter-Frontmotor beim rasanten Ampelstart seine 105 PS sofort zu, aber am Ende der sportlichen Fahrt bin ich doch überrascht: Der Bordcomputer zeigt einen Durchschnittsverbrauch von lediglich 1,9 Litern an. Aber nur, weil er die Spartour vom Vortag noch mitrechnet.
Frank Heide schreibt seit 15 Jahren über Autos. Sein Fazit fällt positiv aus. © Thomas Luther
Sparsam im Verbrennermodus. Aber vor allem für Elektro-Pendler auf der Mittelstrecke eine echte Empfehlung.
Für den Rest meiner Testwoche bleibe ich mit dem wie eine Straßenbahn summenden Ioniq auf der Landstraße. Dort gewinne ich durch längere Roll- und Bremsphasen mit Rekuperation und ein bisschen Übung schließlich doch noch die Energie zurück, die ich für ein bisschen Radio- und Lüftungs-Luxus haben möchte –, und der Benzinmotor bleibt trotzdem aus.
Bis auf eine Dienstreise von Düsseldorf nach Frankfurt. Auf der A3 zeigt der Hyundai Ioniq, dass er zwar kein leises Autobahnfahrzeug ist, aber mit bis zu 178 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit eins, das auch mal links mithalten kann.
Fazit: Der Ioniq gefällt mir
Nach fünf Pendlertagen und einem Wochenende stand schließlich ein Durchschnittsverbrauch von 1,9 Liter im Bordcomputer. Ein wirklich tolles Ergebnis, das nur 0,8 Liter über der Normverbrauchsangabe des Herstellers liegt.
Und der Ioniq hat mir auch deswegen gefallen, weil er auf den hinteren Plätzen sowie bei der Zuladung mehr Raum bietet, als man zunächst erwartet. Es gibt reichlich Stauraum, und durch den Wegfall des Getriebetunnels auch hinten viel Beinfreiheit.
Technische Daten – Hyundai Ioniq PHEV
Antrieb: Benzinmotor plus Elektromotor
Leistung: 105 PS/77 kW (Benzin), 61 PS/45 kW (Elektro)
Reichweite: 915 km (kombiniert), 63 km (elektrisch)
CO2-Ausstoß: 26 g/km, Abgasnorm: Euro 6
Verbrauch: 1,1 Liter Super/100 km, 9,4 kWh/100 km
Preis: ab 29.900 Euro
Ein kleiner Wermutstropfen ist das laute Geräusch der vorderen Bremsen, das den ansonsten modernen und soliden Eindruck vom Toyota-Prius-Herausforderer trübte. Aber: So machte es mehr Spaß, den Wagen ohne Bremse zu bewegen, was dank der starken Rekuperation toll funktioniert.
Und die Ersparnis? Mit etwas Disziplin könnte ich mit dem Ioniq PHEV mein angepeiltes Sparziel tatsächlich schaffen. Vorausgesetzt, mein Arbeitgeber sponsert weiter den Strom, ich lade nur im Büro und fahre ansonsten rein elektrisch. Dem gegenüber steht ein Grundpreis von knapp 30.000 Euro. Die Ausstattung mit Extras, Sicherheitsassistenten und Komfortfeatures ist absolut zeitgemäß.
Zu beachten ist aber: Das Schnellladekabel und die Info-Spielereien mit Verbrauchs-, Lade-, Energiefluss- und Akku-Infos sind erst bei den beiden teureren Ausstattungsvarianten Style und Premium mit an Bord. Diese Varianten kosten etwa 34.000 beziehungsweise 36.000 Euro.
Kalkuliert man aber die derzeit noch gültige staatliche Hybridprämie und den wirklich sparsamen Strom- wie Benzinverbrauch mit ein, ist der Ioniq PHEV für Fahrer mit entsprechendem Streckenprofil eine echte Empfehlung.