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Der Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo ist der erste „Kombi“ von Porsche. Als Plug-in-Hybrid und mit größerem Kofferraum soll er Sportlichkeit, Vernunft und Alltagstauglichkeit kombinieren. Gelingt das?
Es gibt Fahrzeuge, mit denen bin ich eine ganze Woche lang gut motorisiert und prächtig ausgestattet unterwegs. Doch dann frage ich mich: Wer soll sie überhaupt kaufen? Der Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo, der erste „Kombi“ von Porsche ist so ein Fahrzeug.
Der Porsche Panamera hat eine Länge von 5,05 Meter, vier Türen, eine große Heckklappe und eine erlaubte Zuladung von 620 Kilo. Und doch wird wohl niemand auf die Idee kommen, die Hunde, die Bretter aus dem Baumarkt oder säckeweise Rindenmulch damit zu transportieren.
Denn dafür ist der als Plug-In-Hybrid mindestens 116.000 Euro teure Wagen einfach zu schön und zu schade.
Außerdem ist der Kofferraum schon mehr als halb voll, dank eines großen Koffers, der dicke Ladekabel beinhaltet.
Erst wenn man den ausgeladen hat, kann man theoretisch 425 Liter in den Laderaum packen, der wegen der gewaltigen Radkästen aber sehr schmal ausfällt. Der Raumgewinn im Vergleich zur gleich motorisierten Panamera-Limousine ist minimal: gerade mal 20 Liter.
Technische Daten
Antrieb: V6-Benzinmotor plus E-Motor, Allradantrieb
Leistung: 330 PS / 243 kW (Benziner) plus 136 PS / 100 kW (E-Motor)
Beschleunigung: 0 – 100 km/h: 4,6 Sekunden, mit Sport-Chrono-Paket
CO2-Ausstoß: 64 g/km
Abgasnorm: Euro 6d-Temp
Verbrauch: 2,8 l/100 km, 16,1 kWh/100 km
Preis: ab 116.079 Euro
Alles andere als Standard
Auf den ersten Testkilometern taste ich mich vorsichtig durch den Stadtverkehr, denn die Ausmaße des Panamera sind gewaltig. Standard-Parklücken sind für seine 2,17 Meter Breite schon arg eng, zu kurz sind sie sowieso.
Ist es der hohe Preis des Testwagens, dessen Extraausstattung sich auf rund 40.000 Euro summiert, und meine daraus resultierende Vorsicht oder verhindern die 2,26 Tonnen Gewicht, dass ich agil mit ihm fahre?
Immerhin: Vorsicht schont die Batterieladung. Die rein elektrische Reichweite ist laut Hersteller auf 50 Kilometer begrenzt, im E-Alltagsbetrieb schrumpft sie schnell auf 30 Kilometer. Die Frage ist durchaus berechtigt, warum all der technische Aufwand betrieben wird, wenn man das Fahrzeug gerade von der Ladesäule in der Firmentiefgarage abgeklemmt hat und sich schon an der nächsten Anhöhe – also der Tiefgaragenausfahrt – der Sechszylinder-Benziner brummend hinzuschaltet.
Doch der Hybrid ist ein wichtiges Feigenblatt. Die amtlichen Vorschriften gestatten es dem Hersteller, den Verbrauch und somit die CO2-Emissionen kleinzurechnen und den Verbrauch des Testwagens mit 2,8 Liter Benzin anzugeben. In Wahrheit ist der Panamera mit seinem 2,9 Liter großen und 330 PS starken Sechszylinder-Frontmotor sehr viel durstiger.
Locker auf der Langstrecke
Was der Kompromiss-Kombi aus Zuffenhausen gut beherrscht, sind Autobahn und lange Strecken. Der Innenraum bietet eine gelungene Mischung aus Sport und Luxus; Material und Verarbeitung sind auf gewohntem Spitzenniveau. Die Bedienung der zahlreichen Funktionen, Features und Assistenten geht nach etwas Einarbeitungszeit leicht von der Hand.
Highlights sind das sehr gute Audiosystem, die komfortablen Sportsitze, die geräuschdämmende Akustikverglasung und vor allem die Wahl der gut sortierten Fahrmodi über einen runden Stellregler im Lenkrad. Im Test hatte ich nur eines zu bemängeln: das häufige Piepen der sehr sensibel warnenden Assistenten. Sie melden offenbar alles, was dem Lack auch nur entfernt Schaden zufügen könnte.
Ruft man die sportlichen Einstellungen ab, so wird klar, dass der permanent mitlaufende E-Motor mit seinen 136 PS und satten 400 Newtonmetern Drehmoment weniger zum Sparen als für die Fahrdynamik mit an Bord ist. Im Sport-Plus-Modus springt der Wagen geradezu vor Leistungsfreude nach vorn – und der Benzinverbrauch in zweistellige Bereiche.
Aber das ist eben typisch Porsche: Fahrleistungen, die die Gedanken an Klimaschutz und Kombidasein schnell verblassen lassen. Von 0 auf 100 geht es in 4,6 Sekunden. Und die insgesamt 462 PS Systemleistung katapultieren den Wagen im achten Gang bis auf Tempo 275. Für ein sicheres Gefühl, fast „wie auf Schienen“ zu fahren, sorgt dabei das perfekt arbeitende Fahrwerk in Kombination mit einem Radstand von knapp drei Metern.
Deutlicher als bei anderen Porsche-Modellen muss man beim Sport Turismo zur individuellen Probefahrt raten. Denn die Mischung ist einfach sehr speziell. Trotz Plug-In-Hybrid fühle ich mich nur wenige Kilometer wie in einem Tesla und nur auf der Langstrecke wie in einem echten Porsche.
In engen Kurven, im Parkhaus und im Stadtgewühl steht sich der große Panamera selbst im Weg. Auf dem Geschäftsführerparkplatz sieht er allerdings flotter aus als die Limousine und zieht sicher Blicke auf sich.
Frank Heide schreibt seit 15 Jahren über Autos und Motorräder. Sein Fazit zum Panamera 4 E-Hybrid Sport Turismo (© Thomas Luther):
Kann man von einem 155.000-Euro-Porsche enttäuscht sein? Ja, denn mit dem Preis eines Autos steigt auch die Erwartungshaltung. Für einen „Kombi“ passt zu wenig hinein. Als Plug-In-Hybrid hat er eine geringe E-Reichweite und wirkt im Stadtverkehr deplatziert. Sein Revier ist die Autobahn. Da glänzt er auf der linken Spur.
E-Autos müssen für mich das selbe leisten wie ein Diesel: Reichweite und Tankdauer.