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Durchschnittlich 20 Stunden pro Monat verwenden deutsche Büroarbeiter darauf, Powerpoint-Präsentationen zu erstellen – mit oft mäßigen Ergebnissen: langweilige Vorträge voller Tabellen, Text und Bulletpoints. Doch das Geheimnis spannender Präsentationen verbirgt sich nicht hinter der genutzten Software, sondern hinter ihrer Dramaturgie.
Ein Taucher im blauen Ozean. Seine Unterwasserkamera hat er auf einen Schwarm Sardinen gerichtet. Gestochen scharf brechen Sonnenstrahlen durch die Wasseroberfläche, einzelne Luftblasen steigen auf und glitzern im Licht.
Erst beim zweiten Blick fällt das Unternehmenslogo unten rechts in der Ecke auf: „Schott – glass made of ideas“. Das Bild ist Teil einer Powerpoint-Präsentation, in der der Glashersteller aus Mainz neue Produkte vorstellt und vermitteln möchte: Glas ist ein Hightech-Material.
Der Taucher und die Sardinen etwa stehen bildlich für das Produkt Schott RealView, einen optischen Glaswafer, auf den sich Augmented-Reality-Inhalte projizieren lassen.
Um zu symbolisieren, wie pixelgenau das möglich ist, wird in der Präsentation ein kleiner Bildausschnitt des Fischschwarms bis auf wenige Schuppen herangezoomt. Darunter erklärt der Text, die Auflösung sei so hoch, dass sie sich nicht mehr von der Natur unterscheide.
„Wir haben festgestellt, dass Bilder wie diese sehr gut helfen, unsere Botschaften zu vermitteln“, sagt Jonas Spitra, Manager Corporate Communication bei Schott. „Vor allem weil sie weltweit ähnliche Assoziationen bei den Zuhörern hervorrufen.“ Schott macht 86 Prozent seines Umsatzes außerhalb von Deutschland.
Entsprechend großen Wert legt das Unternehmen darauf, dass seine Präsentationen international funktionieren. Mehr und mehr setzen Spitra und seine Kollegen dabei das sogenannte Visual Storytelling ein.
Sie versuchen statt nüchterner Fakten zu präsentieren, in einem Vortrag – oder auch in einer Folie für sich – eine kleine Geschichte mit eigenem Spannungsbogen zu erzählen. „Dabei ist Powerpoint eins der wichtigsten Arbeitsmittel für uns“, sagt Spitra.
Formatierung der Folien kostet viel Zeit
Das gilt für Tausende Unternehmen in Deutschland. Sie alle greifen zur Vorstellung von Geschäftszahlen, neuen Produkten, Strategien oder zur Unterstützung bei Meetings und Konferenzen zu Powerpoint, der Präsentationssoftware schlechthin. Sie ist seit mehr als 30 Jahren auf nahezu jedem Bürocomputer installiert und wird gleichermaßen gehasst wie geliebt.
Eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts GfK im Auftrag des Softwareentwicklers Made in Office hat ergeben, dass deutsche Büroarbeiter im Schnitt 20 Stunden pro Monat mit Powerpoint arbeiten.
Befragt wurden mehr als 1.000 Arbeitnehmer sämtlicher Branchen. Bis zu acht Stunden dieser Arbeitszeit verbrachten sie allerdings nicht mit inhaltlichen Tätigkeiten, sondern allein mit der Formatierung der Folien. Und trotz des Aufwands entspricht laut GfK-Studie weniger als ein Drittel der Präsentationen dem Corporate Design.
„Diese Erfahrung machen wir auch häufig“, sagt Tom Becker-Schweitzer. Er ist Gründer und Geschäftsführer von PresentationLoad, eine der führenden Powerpoint-Agenturen in Deutschland, die im Auftrag von Unternehmen Business-Präsentationen konzipiert oder überarbeitet, deren Mitarbeiter schult und Masterfolien erstellt.
„Bevor Kunden zu uns kommen, gehen sie so vor: Sie mischen für eine neue Präsentation das vermeintlich Beste aus drei alten Vorträgen zusammen und formatieren dann alles so einheitlich wie möglich“, sagt Becker-Schweitzer. Die Ergebnisse seien vorhersehbar mittelmäßig und ein Grund dafür, dass Powerpoint immer wieder in Verruf gerät.
Im Frühjahr 2018 teilte etwa Amazon-CEO Jeff Bezos Aktionären und Mitarbeitern in einem Brief per Nebensatz mit, dass er in seinem Unternehmen künftig keine Powerpoint-Präsentationen mehr sehen möchte.
Sein Argument: Eine bulletpoint-getriebene Darstellung sei weniger eingängig und bleibe schlechter in Erinnerung als eine erzählerische Struktur. „Das ist natürlich sehr plakativ“, sagt Becker-Schweitzer, „aber es ist nicht das Programm, das schlechte Präsentationen hervorbringt, es ist die Art und Weise, wie es genutzt wird.“
Spannung erzeugen und halten
Seine Mission und die seiner 20 Mitarbeiter ist es, das zu ändern. Textwüsten, lange Listen und Tabellen sind dabei tabu. Stattdessen versuchen die Powerpoint-Profis, ähnlich wie Bezos es wünscht, jede Präsentation zu einer Story zu machen.
„Der Begriff Storytelling schreckt viele zunächst mal ab. Aber es geht gar nicht um eine große epische Heldengeschichte“, sagt Becker-Schweitzer. „Früher hätte man es einfach den roten Faden genannt.“
Wer ist die Zielgruppe? Wie kann sie angesprochen werden? Welche Botschaft und welche Kernaussagen sollen rüberkommen? Fragen wie diese helfen dabei, einen guten Einstieg zu finden.
Die Vorstellung des Vortragenden mit Foto, Telefonnummer und Mailadresse wird kaum überraschen. Ein ästhetisches oder rätselhaftes Bild, eine unerwartete Zahl oder Aussage hingegen können den Spannungsbogen der Präsentation clever eröffnen.
Weil Menschen sich Bilder besser einprägen als Worte, sollten auch die folgenden Folien optisch überzeugen und textlich kurz und knackig gefasst sein. „Eine Folie steht etwa drei bis vier Minuten an der Wand“, erklärt Becker-Schweitzer.
„Wenn die Zuhörer parallel viel lesen müssen, kann ich ihre Aufmerksamkeit kaum steuern. Wenn ich aber nur wenige Elemente auf der Folie habe und diese nacheinander einblende, komme ich viel eher in einen Dialog und überfordere meine Zuhörer nicht mit zu viel Input auf einmal.“
Beim bewussten Weglassen kann auch die 10-20-30-Regel von Guy Kawasaki helfen. Der US-amerikanische Marketingexperte war ab 1984 unter anderem für die Vermarktung von Apples Macintosh verantwortlich und ist inzwischen Risikokapitalgeber für Technologieunternehmen im Silicon Valley.
Auf seinem Blog guykawasaki.com schreibt er: „Eine gute Powerpoint-Präsentation sollte 10 Folien haben, nicht länger als 20 Minuten dauern und keine Schriftgröße sollte kleiner sein als 30 Punkt.“
Ganz so konsequent befolgen Jonas Spitra und Schott diese Regel zwar nicht. Aber das Grundprinzip „Weniger ist mehr“ findet bei dem Technologieunternehmen durchaus Anklang.
Inzwischen kursieren dort viele Präsentationen, die statt langer Romane in Arial 8 ganz bewusst mit vollformatigen Fotos, ausgewählten Zahlen, Icons und reduzierten Infografiken überzeugen.
Zur Bilanzpressekonferenz ließ Spitra sogar eine Präsentation bauen, die dank hinterlegter Musik sowie Zoom-, Morph- und Übergangseffekten anmutete wie ein kurzer Film. Oder wie der Kommunikationsmanager sagt: „Unser Ziel ist es, dass die Zuhörer gar nicht merken, dass sie einer Powerpoint-Präsentation lauschen.“
Profi-Tipps für packende Powerpoint-Präsentationen
- Die Kraft der Bilder: Gute Fotos sprechen Zuhörer emotional an und stützen die vorgetragenen Inhalte. „Der Trend geht eindeutig dahin, Fotos nicht mehr nur als Beiwerk auf die Seite zu stellen, sondern sie gezielt als Hintergründe zu nutzen“, sagt Becker-Schweitzer.
- Geht das nicht, weil der Text sonst zum Beispiel nicht lesbar ist, empfiehlt der Experte den Rasterlook. Dieses Design aus mehreren Kacheln erlaubt es, verschiedene Text- und Bildelemente stimmig zu kombinieren.
- So viel wie nötig, so wenig wie möglich: Im besten Fall reichen einzelne Bilder, kombiniert mit einem oder zwei Wörtern aus, um die Kernaussage einer Folie zu vermitteln.
- Minimalistische Slides bieten den Vorteil, dass das Publikum gezwungen ist, zuzuhören, weil es die Informationen nicht parallel nachlesen kann. Sie erlauben auch eine dynamischere Präsentation und können in schnellerer Abfolge vorgetragen werden. „Aber Vorsicht“, warnt Becker-Schweitzer.
- Wenn Folien auch als Handout herausgegeben werden sollen, macht der Minimalismus natürlich wenig Sinn.“ In solchen Fällen rät er dazu, eigens eine zweite Präsentationsvariante mit mehr Text zu entwickeln.
- 16:9 ausnutzen: Bulletpoints sind das am schnellsten und einfachsten zu erstellende Design – und gleichzeitig das am wenigsten wirksame.
- Einprägsamer ist eine Darstellung in Leserichtung von links nach rechts. Da mehr und mehr auf Breitbildschirmen präsentiert wird, ist seitlich genügend Platz vorhanden, etwa für aufeinander folgende Pfeile, Kästen, Zahlen oder Icons. Werden die einzelnen Stationen nacheinander eingeblendet, lässt sich auch so bereits ein kleiner Spannungsbogen erzeugen.
- Morph-Effekt: Noch mehr Aufmerksamkeit als statische Bilder erzeugen bewegte Bilder. Der seit 2016 mögliche Übergangseffekt „Morph“ erlaubt es Powerpoint-Nutzern, ohne große technische Vorkenntnisse einfache Animationen zu erstellen und so die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu lenken. Powerpoint-Profis sind mithilfe dieses Effekts in der Lage, von selbst ablaufende Präsentationen zu bauen, die fast wie Videos anmuten.
- Zoom-Effekt: Bisher galt: Die Folien einer Powerpoint-Präsentation folgen linear aufeinander. Vortragende sind also stark an diese Abfolge gebunden.
- Per Zoom-Effekt können sie nun die starre Abfolge umgehen und ihren Vortrag spontan an die Situation anpassen. Dafür bietet es sich etwa an, eine Übersichtsseite zu erstellen und Miniaturen einzelner Folien darauf zu platzieren. Bei Bedarf können diese dann angeklickt und herangezoomt werden.
Im Heft-Artikel gibt es einen „netzwert“-Tipp, der auf zwei Video-Tutorials unter http://www.creditreform-magazin.de/ppt-effekte“ verweist.
Leider ist mit dem Link aber keine Seite mit den Videos abrufbar. Gibt es einen alternativen link zu den Videos?
Hallo Herr Steinhoff,
leider konnten wir keine Tutorials von Presentationload zur Verfügung stellen. Vielleicht hilft Ihnen dieses Youtube-Video.
https://www.youtube.com/watch?v=QcaVHv7fDdM
Viele Grüße,
Christian Raschke
Hallo,
das mag ja für Marketing-Schaubilder, Vertriebsschaubilder oder meinetwegen Unternehmenspräsentationen stimmen.
Ich möchte bei Ergebnispräsentationen wo es z.T. um sehr viel Geld geht Costcutting oder Restrukturierung, weder bewegte Bildchen, noch Zoom-Effekte oder dergleichen sehen. Da interessieren schlichtweg Fakten und zwar Management-tauglich.
Wenn es um den Inhalt geht also wirklich qualitativ hochwertige Ergebnisse präsentiert werden sollen empfehle ich immer das Pyramiden Prinzip.