Technische Lösungen für die Bezahlung mit dem Smartphone gibt es viele. Doch damit Kunden Mobile Payment als Alternative zu gängigen Zahlungsmethoden akzeptieren, braucht es vor allem zusätzliche Services. Zwei erfolgreiche Praxisbeispiele zeigen, wie es funktioniert.
Handy-App öffnen, QR-Code einscannen, Rechnungssumme bestätigen. Nach wenigen Sekunden ist der Kosmetikartikel bezahlt. Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft 2014 hatte die Parfümeriekette Douglas in ihren 450 Filialen in Deutschland das mobile Bezahlsystem Yapital eingeführt. „Man merkt, dass die Kunden immer mehr daran gewöhnt sind, ihr Smartphone als digitalen Begleiter zu nutzen“, sagt Nicholas Denissen, Bereichsvorstand E-Commerce bei der Douglas Holding AG. „Und Mobile Payment gehört da einfach mit dazu.“ Mit Yapital setzt das Unternehmen auf das Bezahlsystem des Versandhändlers Otto, das unter anderem auch in Rewe-Einkaufsmärkten und Görtz-Schuhläden im Einsatz ist. Der Kunde kann sich im Internet kostenlos registrieren und die App auf dem Smartphone installieren. Yapital dient daraufhin als Prepaid-Konto, das sich via Kreditkarte oder Lastschriftverfahren aufladen lässt. Der Bezahlvorgang in der Filiale ist dann – wie anfangs beschrieben – letztendlich unkompliziert.
»Mehrwert ist beim Mobile Payment der Schlüssel zum Erfolg« Bettina Horster, Direktorin Mobile bei Eco
Das Besondere am Douglas-Bezahlsystem: „Gutscheine, die der Kunde bekommen hat, werden automatisch zur digitalen Douglas Card hinzugefügt und der Kunde kann auswählen, ob und welche Gutscheine zum Einsatz kommen“, so Denissen. Das Ziel ist klar gesteckt: „Unsere Aufgabe ist es, unseren Kunden Mehrwert zu bieten – wenn uns das gelingt, haben wir automatisch für Douglas einen Mehrwert geschaffen.“
Verwöhnte deutsche Kunden
„Mehrwert ist beim Mobile Payment der Schlüssel zum Erfolg“, sagt Bettina Horster, Direktorin Mobile bei Eco, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft – und fordert die Händler auf, verschiedeneServices miteinander zu verknüpfen. „Wenn der Kunde zum Beispiel über eine App ein Ticket mobil kauft, er es direkt aufs Smartphone erhält, ihm vor Veranstaltungsbeginn ein geeigneter freier Parkplatz angezeigt und ihm der Weg zum nächsten Eingang mit der kürzesten Schlange gewiesen wird – dann hat sich der Einkauf für ihn gelohnt“, so Horster. In Sachen Bezahloptionen sei der Kunde in Deutschland verwöhnt. „Wir verfügen bereits über ein umfangreiches Portfolio und der Mensch ist ein Gewohnheitstier“, sagt die Eco-Expertin und prophezeit: „Wenn die Bedürfnisse bereits mit funktionierenden, erprobten Lösungen einfach erfüllt werden können, hat Mobile Payment ohne neuen Zusatznutzen keine Chance.“
Klar ist aber auch: Der Verbraucher wird keine Mehrkosten akzeptieren, nur um mit dem Smartphone zu bezahlen. Deshalb müssen die Händler die Investitionen tragen und versuchen, durch den geschaffenen Mehrwert für den Kunden den Umsatz zu steigern. „Vielleicht können sie auch durch die Payment-Lösung Kundeneinkäufe analysieren, um ihr Angebot zu optimieren“, schlägt Horster als Zusatznutzen für die Unternehmer vor.
Coupons automatisch einlösen
Auch die Supermarkt-Kette Edeka setzt auf eine eigene App mit digitalem Coupon-System. Die Kontodaten des Kunden sind bereits hinterlegt, sodass das Smartphone die Aufgabe der EC-Karte übernimmt. Nach dem Einkauf erzeugt die App einen Barcode, der an der Kasse eingescannt wird. Mobile Coupons und Gutscheine sorgen für zusätzlichen Anreiz, diese Bezahlvariante zu nutzen. „Die wechselnden Coupons sind für den Kunden laufend sichtbar und werden automatisch beim Bezahlvorgang eingelöst“, erklärt Rolf Lange, Leiter der Edeka-Unternehmenskommunikation. Bis Ende 2015 soll das mobile Bezahlsystem bundesweit in allen Filialen zur Verfügung stehen. Nachfrage sei genug vorhanden, so Lange: „Die positive Resonanz der Kunden sowie die Download-Raten der App zeigen, dass es einen Bedarf für solche Services gibt.“
Die größte Hürde im Mobile Payment bleibt allerdings, dass keine flächendeckende Lösung existiert. „Durch die starke Fragmentierung ist die Akzeptanz bei den Endverbrauchern gering“, sagt Mirko Hüllemann, Geschäftsführer der Heidelberger Payment GmbH, die Bezahllösungen für E-Commerce-Unternehmen entwickelt. Wer etwa kein Stammkunde sei, könne sich nicht sicher sein, ob eine Zahlung mit dem Smartphone in einem Geschäft möglich sei. Außerdem gilt: „Die Anwender wägen zwischen dem Nutzen und den Sicherheitsrisiken ab und derzeit überwiegen klar die Bedenken in puncto Sicherheit“, so Hüllemann. „Hinzu kommen praktische Probleme wie Akkulaufzeiten und Netzabdeckung.“
Neuer Anbieter, neuer Schwung
Neuen Schwung hat der Markt jüngst durch die Einführung von Apple Pay bekommen. Nach dem Motto: Wenn nicht jetzt, dann wahrscheinlich nie, „kommen nun neue, aber auch viele alte Lösungen zum Vorschein“, sagt Mobile-Expertin Bettina Horster. Ihrer Einschätzung nach hat nur ein internationaler Big Player wie Amazon, Apple, Google oder die Visa- oder Mastercard-Organisation die Chance, eine durchgängige Lösung zu etablieren. Dass Marktmacht allein jedoch nicht automatisch zum Erfolg führt, musste beispielsweise Google mit seiner Mobile-Payment-Lösung Google Wallet erfahren. Und auch Apple Pay scheint in seiner Anfangskonfiguration kein Selbstläufer zu sein. „Beide Lösungen sind reine Transaktionstools und in ihrer jetzigen Form nicht geeignet, den deutschen Massenmarkt zu erobern“, so Horster. Dies zeigt auch ein Blick über den Atlantik: „Selbst in den USA regt sich der Widerstand, indem etwa große Handelsketten wie Wal Mart und Best Buy sich weigern, Apple Pay zuzulassen, um ihren eigenen mobilen Bezahldienst zu pushen“, sagt die Eco-Expertin.
SCHRITT FÜR SCHRITT ZUR AKZEPTANZ BEIM KUNDEN
Händler, die mobile Bezahlmöglichkeiten anbieten wollen, sollten sich zuvor folgende Fragen stellen:
Wann macht Mobile Payment Sinn? Lösungen bieten sich an in Geschäften mit hohem Kundenaufkommen mit überwiegend kleinen Einkäufen. Die Abfertigung an der Kasse läuft zügiger. Speziell Stammkunden sind eine ideale Zielgruppe.
Welche Voraussetzungen muss ich schaffen? Der größte Vorteil mobiler Bezahllösungen: Der Point of Sale ist praktisch überall. Außer einem PC oder dem Kartenlesegerät, das mit dem Smartphone verbunden wird, und einer Internetverbindung wird nichts benötigt.
Was kostet mich das? Eine Investition in ein mobiles Bezahlsystem macht aus Händlersicht vor allem Sinn, wenn Anschaffungskosten für EC-Kartenlesegeräte umgangen werden sollen. Hier bietet zum Beispiel das Softwarehaus Lexware eine Hardwareerweiterung an, die Kartenzahlung mit dem Smartphone möglich macht. Der Vorteil dieses Angebots: Die Anfangsinvestitionen sind gering und es fallen keine monatlichen Grundgebühren oder Mindestumsätze an. Die Transaktionskosten sind ähnlich hoch wie bei anderen Zahlungsverfahren.