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Wirkliche „Omni-Channel“-Strategien machen nicht einfach den dritten und vierten Einkaufskanal auf, sondern integrieren alle so, dass sich die Stärken von Mobile und E-Commerce auch im Ladengeschäft entfalten. BORIS – Buy online, return in Store – und BOPIS – Buy online and pick up in Store – sind dafür interessante Ansätze. Vorausgesetzt, die Softwarelösungen sind optimal aufeinander abgestimmt und die Entwicklung bleibt nicht bei diesen Konzepten stehen, sondern sorgt dafür, dass Webshop-Vorteile und die Kompetenzen des Ladenpersonals optimal verbunden werden.

Fürs optimale neue Heimwerkerprojekt fehlt noch der Bohrhammer? Online das beste Angebot rausgesucht und bezahlt, in den Baumarkt gefahren und dort abgeholt – Schrauben, Dachlatten, Holzpaneele und den passenden Montage-Kleber dann an Ort und Stelle gleich auch noch mitgenommen. Weil das viele Kunden bei ähnlichen Vorhaben ganz ähnlich machen, konnte der große US-Do-it-yourself-Anbieter The Home Depot seinen Online-Umsatz massiv ausbauen. Buy online and pick up in store, BOPIS, ist hier das Zauberwort, das sich inzwischen auch deutsche Heimwerker-Zentren abgeschaut haben. Der US-Konzern, der gerade erst das dritte reine Lieferzentrum aufgemacht hat, um seine Onlinepräsenz weiter voranzutreiben, nutzt das Zusammenspiel zwischen Läden und Webshop außerdem, um Retouren optimal und kostengünstig abzuarbeiten. Sie können einfach im Laden abgegeben werden (BORIS, buy online and return in store).

The Home Depot folgt damit schlichtem Kundenwunsch, denn laut einer US-Studie wollen über 80 Prozent aller Onlinekäufer ihre Rückgaben auf diesem Weg erledigen. Das hat viele Vorteile für die Händler, denn oft wird dann sogar noch im Laden etwas anderes eingekauft. Kein Wunder also, dass die Finanzanalysten von Market Realist im Juni 2015 dem Baumarktkonzern bescheinigten, BORIS und BOPIS als Umsatz-„Schlüsselfaktoren“ fürs Gesamtgeschäft genutzt zu haben.

Die Zukunft gehört der Webshop-gestützten Beratung im Store

Solche Konzepte erfordern natürlich eine integrierte Software-Landschaft. „Insbesondere parallele Warenwirtschaftssysteme für Onlineshop und die Filialen, wie sie selbst heute immer noch sogar bei großen Einzelhandelsketten anzutreffen sind, machen schon die Integration dieser Komponenten zu einer Herkulesaufgabe“, sagt Dominic Veit, Direktor e-Commerce beim Ismaninger Beratungshaus maihiro.

Für ihn muss die Zusammenarbeit zwischen Online- und Offline-Welt aber noch viel weiter gehen, wenn die Stärken des Ladengeschäfts mit den Stärken der Webshops miteinander verschmolzen werden sollen: hier persönliche Kommunikation und Beratung sowie handfestes Anfassen und Prüfen der Ware, dort nahezu unbegrenzte Auswahl und Verfügbarkeit. „Was bringt es denn, wenn die Verkäufer mit ihrer Beratungskompetenz hinter der Registrierkasse eingesperrt sind und auch oft gar keine Möglichkeit haben, die Features von Webshops und deren Daten zu nutzen?“, fragt Veit.

In einem Showcase auf der dmexco 2015 hat maihiro daher die Potenziale gezeigt, wenn das Ladenpersonal mit mobilen Kassensystemen ausgestattet ist, auf denen POS-Lösungen und Webshop miteinander verzahnt sind. Dort war es maiEnergy, ein fiktiver Hersteller und Händler von Solarenergiekomponenten von der Photovoltaik-Zelle über Garagenladestationen bis zum Outdoor-Equipment wie Solarrucksäcken oder drahtlosen Smarthome-Ladeelementen für zuhause. In den maiEnergy-Läden gibt es keine klassischen Kassen mehr, sondern nur noch Tablets, mobile Registrierkassen sozusagen. Im Tresen ist nur noch die Kassenlade mit dem Bargeld, das Kassensystem und die zentrale Peripherie wie Barcodescanner oder Kartenleser sind ans Tablet des Ladenpersonals angebaut. Veit: „Das schafft ganz neue Beratungsmöglichkeiten. Ich kann dem Kunden, der ja selbst mit einem Smartphone unterwegs ist, nicht nur auf Augenhöhe begegnen, sondern ihm sogar Mehrwerte bieten, direkt aus dem eigenen Webshop heraus.“

Neben dem Abruf der bereits online ausgesuchten und bezahlten Ware (BOPIS) kann der Verkäufer auch vorbestellte Waren oder Wunschlisten des Kunden aufrufen und gegebenenfalls sofort vor Ort ergänzen, wenn zum ausgesuchten Solarrucksack vielleicht auch gleich noch weitere Produkte hinzu kommen sollen.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie sich mit der mobilen Kasse gleich im Ladengeschäft die Online-Wunschliste abrechnen und dem Kunden nach Hause liefern lassen