Das vernetzte Auto, der Dienstwagen 2.0, kommuniziert mit dem Fahrer und seiner Umgebung, erfasst Verkehrssituationen, warnt vor Gefahren und reagiert selbstständig in Notfällen. Künftige Modelle sollen sogar völlig autonom fahren. Doch von welchen Systemen profitieren Firmenwagennutzer schon heute, welche kommen morgen hinzu – und wie bewerten Deutschlands Fuhrparkmanager diese Entwicklung?
Immer online, zunehmend autarker und künftig sogar komplett automatisiert unterwegs: Der Dienstwagen von morgen werde mehr sein als nur fahrbarer Untersatz oder Statussymbol, davon ist Volkmar Denner überzeugt. „Das Auto mausert sich zum persönlichen Assistenten, zur digitalisierten Lebens- und vor allem auch zur Arbeitsumgebung“, so der Bosch-Chef. Seine Ingenieure tüfteln mit Hochdruck an jenen Technologien, die aus Pkws nicht nur immer sicherere Transportmittel machen, sondern auch verlässlich ans Internet angebundene, rollende Büros.
Dass es hierfür einen Markt gibt, zeigt eine Kurzumfrage von Arval Deutschland: Fast 85 Prozent der rund 100 befragten Fuhrparkmanager begrüßen die zunehmende Vernetzung ihrer Flotten ausdrücklich – hauptsächlich, weil sie sich von immer intelligenteren Assistenzsystemen und letztlich von autonom fahrenden Autos mehr Sicherheit und Komfort versprechen.

Das Anfang 2016 vorgestellte Konzeptfahrzeug von Bosch zeigt, wie Auto, Fahrer und Verkehr künftig miteinander kommunizieren könnten. © Bosch
Vernetzte Autos schüren weniger Sicherheitsbedenken als erwartet
Damit Arbeiten unterwegs aber nicht zum Verkehrsrisiko wird, werden die entsprechenden Apps nur während des automatisierten Fahrens nutzbar sein: „Auf die sichere und reibungslose Übergabe dieser Verantwortung – vom Fahrer an das Auto und wieder zurück – legen unsere Entwickler besonderes Augenmerk“, betont Bosch-Chef Denner. Erst wenn dem Fahrer angezeigt wird, dass autonomes Fahren auf dem nächsten Streckenabschnitt möglich ist, darf er dem Computer die Kontrolle übergeben und sich seiner Wissensarbeit widmen. Die Rücknahme erfolgt auf die gleiche Weise – etwa, wenn der Fahrer wieder selbst fahren möchte oder sich der Wagen der richtigen Autobahnausfahrt nähert.
Datenschutzbedenken beim Einsatz intelligenter Autos dürften den Trend zum vernetzten Fahren nicht nachhaltig bremsen, das zeigt die Arval-Umfrage ebenfalls: Nicht einmal jeder dritte befragte Fuhrparkmanager befürchtet entsprechende Probleme. Selbst beim Thema E-Call nicht. Und das, obwohl dieser automatische GPS-Notruf, der von 2018 an für Neuwagen verpflichtend wird, in der breiten Öffentlichkeit durchaus kritisch betrachtet wird – aus Sorge, die gesammelten Daten könnten missbraucht werden. „Vor diesem Hintergrund überrascht unser Studienergebnis“, sagt Marcus Schulz von Arval: „Nur 27 Prozent der Befragten schätzen den GPS-Notruf negativ ein. Für 73 Prozent ist entscheidend, dass sich damit Leben retten lassen.“
Vernetzte Autos: Was sich Fuhrparkmanager davon versprechen
Abschreckender wirken die vermuteten Kosten der Vernetzung: Jeder zweite interviewte Flottenchef hält intelligente Fahrzeuge schlichtweg für zu teuer. Wobei auch die teuerste Technologie gewöhnlich schnell im Preis fällt, sobald sie den Massenmarkt erreicht. Und das wird sie, davon ist Leasingexperte Schulz überzeugt: „Mit zunehmender Vernetzung wird Fahren – so bewerten dies unsere Interviewpartner – sicherer und komfortabler. Etwaige Datenschutzprobleme werden dafür gerne in Kauf genommen. Und auch die Vision vom selbstfahrenden Auto ist keine Fantasie mehr – sie könnte schon bald Bestandteil unseres Alltags sein und damit auch die Fuhrparks von morgen verändern.“
Welche Sensoren, Assistenzsysteme, Apps und Softwarelösungen treiben diese Entwicklung bislang voran – und welche Funktionen und Einsatzmöglichkeiten kommen künftig noch hinzu?
Sicherer unterwegs
Vernetzte Autos heute
Vernetzung macht Fahren sicherer, davon ist die Autobranche überzeugt – und bestellt 2016 allein beim Zulieferer Bosch Assistenzsysteme im Wert von einer Millarde Euro. Sie sind es, die das Auto zum mitdenkenden Copiloten werden lassen.
So registriert etwa in Mercedes-Geschäftswagen eine frontal ausgerichtete Stereokamera im Rückspiegel nicht nur, wie weit Fußgänger, Radfahrer oder andere Autos entfernt sind. Sie erfasst auch, wohin sich das jeweilige Objekt bewegt, ob eine Kollision unausweichlich ist – und löst, wenn der Fahrer nicht reagiert, eine Vollbremsung aus. Hilfreich sind optische Assistenzsysteme auch in brenzligen Situationen wie etwa engen Baustellen: Im Zusammenspiel mit intelligenten Tempomaten und optischer Verkehrsschildererkennung manövriert zum Beispiel der von Continental konzipierte Stau- und Baustellenassistent zügig und sicher an Lastwagen und Autokolonnen vorbei. Und VW hat bei der Entwicklung des Temporary Auto Pilot unter anderem den konzentrationsraubenden Stop-and-go-Verkehr im Hinterkopf.

Im Auto 2.0 könnten statt der üblichen Konsolen großflächige Displays verbaut werden, die situationsgerecht die wichtigsten Informationen anzeigen. © Bosch
Fühlen können vernetzte Autos schon länger. Etwa, dass die Außentemperatur unter den Gefrierpunkt fällt oder dass einzelne Räder durchdrehen. Funkt das Fahrzeug eine Eiswarnung an andere vernetzte Autos, erhöht das die Sicherheit auf dem gesamten Streckenabschnitt. Künftig sollen viele Karossen herstellerübergreifend Daten austauschen – sowohl untereinander als auch mit Servern. Wichtig ist eine solche Vernetzung auch im Umgang mit Geisterfahrern: Während die Meldungen der Radiostationen erst nach Minuten über den Äther gehen, tüftelt Bosch an einer cloudbasierten Warnung, die sich in Smartphone- Apps und Infotainment-Systeme integrieren lässt und binnen zehn Sekunden auf die Gefahr aufmerksam macht.
Sicherheitsrelevant ist nicht zuletzt auch die Frage, wie sich Social Media, Mail, Video und andere Kommunikationswege, auf die heute kein Dienstwagen-Fahrer mehr verzichten möchte, ins Cockpit bringen lassen, ohne zur Gefahr zu werden. Das gelingt zum einen über Smartphone-Integration, sodass sich Apps im Fahrzeug sicher bedienen lassen. Oder indem sich Infotainment, wie bei einem BMW-Konzeptauto der Fall, einseitig auf die Beifahrerseite programmieren lässt, wo es den Fahrer nicht ablenkt. Oder über fest eingebaute Kommunikationsboxen, wie man sie etwa für den Notruf E-Call benötigt. Ein entsprechender Service von Bosch ist bereits bei mehreren Autoherstellern in Serie, sendet im Notfall unfallrelevante Daten wie beispielsweise Ort, Uhrzeit und Fahrtrichtung an die Sicherheitsleitstellen und baut zusätzlich eine Sprachverbindung auf. Um Unfallrisiken im Zusammenhang mit Alkohol zu minimieren, wartet das Auto 2.0 auch mit einem Geruchssinn auf. Manche Fahrzeugmodelle verweigern schlicht und einfach den Dienst, wenn ihre feinfühligen Sensoren Alkohol im Atem des Fahrers registrieren.
Vernetzte Autos morgen
Schon in den nächsten fünf bis zehn Jahren soll die Weiterentwicklung solcher Assistenzsysteme dem autonomen Fahren zum Durchbruch verhelfen. Wenn der Fahrer zum Passagier wird, erhöht das die Verkehrssicherheit weiter – vom Gefahrenpotenzial durch Hacker und Datenkraken an dieser Stelle einmal abgesehen (mehr Infos: creditreform-magazin.de/auto-security). Laut Bosch-Unfallforschung drückt eine Automatisierung des Straßenverkehrs die Unfallzahlen noch deutlich weiter. Schon 2020 könnte der Autopilot zumindest schon einmal auf Autobahnen die Kontrolle übernehmen, schätzt der Autozulieferer. Grundlagen dafür bilden detailliertes Kartenmaterial mit permanenten Updates sowie der Fortschritt bei Sensoren, Radar, Lasern, Kameras oder Rechenpower im Fahrzeug. Allerdings können solche Umfeldsensoren auch in Zukunft wohl nur wenige Hundert Meter vorausblicken.
Der Autopilot muss aber wissen, was ihn auch jenseits dieser Scanreichweite erwartet – und das lässt sich auf exakt kartografierten Autobahnen am besten sicherstellen. Damit das Fahrzeug auch um Kurven blickt und mögliche Gefahrenstellen erkennt, bezieht es während der Fahrt eine ständig aktualisierte Vorausschau zum Beispiel auf Baustellen und sogar auf plötzlich entstandene Unfälle oder Stauenden. So verdichten sich exakte 3-D-Karten und Echtzeit-Updates zu einem elektronischen Horizont, der den Autopiloten vorausschauender und sicherer steuern lässt, als es der Mensch jemals geschafft hätte.
Weniger Unfälle durch Assistenzsysteme
(Reise-)Zeit nutzen
Vernetzte Autos heute
Bereits im Hollywood-Streifen „Kill the Boss“ von 2011 hilft ein zugeschalteter Servicetechniker dabei, einen Mord aufzuklären, indem er mit den Cockpitmikrofonen des internetfähigen VW Jetta kurzerhand das Geständnis des Mörders aufzeichnet. Sicherlich kein Beispiel für Alltagsnutzen – doch wenn sich bestimmte Funktionen des Autos auf Wunsch aus der Ferne steuern lassen, ist das auch für den normalen Dienstwagen-Fahrer durchaus praktisch: Falls er seinen Schlüssel einschließt, zum Beispiel, oder wenn der Wagen gestohlen wird beziehungsweise in einen Unfall verwickelt ist. Während der regulären Fahrt versorgt ihn ein Servicecenter mit Verkehrshinweisen und Streckenupdates, bucht für ihn das Hotel am Zielort oder recherchiert zu ihm passende Ausgehmöglichkeiten.
Arbeiten lässt sich mit den Händen am Steuer zwar nur bedingt – aber immerhin lassen sich E-Mails, Memos, Kurznachrichten Kurznachrichten oder Notizen heute bereits zuverlässig diktieren und in Echtzeit verschicken. Und am Firmensitz hat der Fuhrparkleiter dank im Fahrzeug integrierter Kontrollgeräte Zugriff auf alle Fahr- und Servicedaten in Echtzeit, die er für das intelligente Management seiner Flotte benötigt. So kann er die Kosten pro Fahrzeug senken, Inspektionen und Reparaturen planen und einfacher die Auslastung steuern.
Ein Drittel des innerstädtischen Verkehrs besteht Studien zufolge aus Parkplatzsuchenden. Diese Verschwendung von Zeit und Sprit lässt sich demnächst minimieren. Etwa mit Onlineparken, bei dem vernetzte Autos zu Sensoren werden und während einer normalen Innenstadtfahrt nach Lücken suchen. Entdecken sie einen freien Stellplatz, tragen sie diesen auf einer Echtzeit- Parkkarte ein, sodass andere vernetzte Autos ihn gezielt ansteuern und sich dort abstellen können.
Vernetzte Autos morgen
Bis 2018 wollen Bosch-Ingenieure einen komplett automatisierten Parkservice zur Marktreife bringen. Dann soll es genügen, das Auto auf einem Übergabeplatz abzustellen – und es fährt automatisch zum nächsten als frei verzeichneten Stellplatz.
Ist der Wagen erst einmal selbstständig unterwegs, kann der Geschäftsreisende die moderne Technik seines mobilen Büros voll ausnutzen. Beim Bosch-Konzeptauto 2016 wurden exemplarisch die heute noch üblichen Front- und Mittelkonsolen durch großflächige Displays ersetzt. Videokonferenzen oder Textdokumente lassen sich mit einfachen Wischgesten nahtlos zwischen den verschiedenen Displays hin- und herschieben, wobei lernfähige Algorithmen die Inhalte an die Gewohnheiten des Mitarbeiters und die aktuelle Situation anpassen. Präferenzen wie Sitz- und Spiegeleinstellungen oder individuelle Radiosender lassen sich ebenfalls speichern. Startet der Fahrer den Wagen per Fingerabdruck, werden seine persönlichen Einstellungen automatisch aus dem Speicher übernommen – bequemer kann man gar nicht starten.
Dass mit zunehmender Vernetzung das Auto zu einem weiteren Bestandteil im Internet der Dinge wird, lässt sich künftig auch für vielerlei andere, komfortsteigernde Anwendungen nutzen. Ein Beispiel: Klingelt ein Kurier am Firmensitz des Reisenden, schaltet sich das Auto in die Gegensprechanlage des Hauses ein. Per Fingerabdrucksensor kann ihm von unterwegs die Tür geöffnet werden, sodass er in einen Schleusenbereich vorgelassen wird. Der Empfang des Pakets lässt sich ebenfalls per Fingerabdruck bestätigen. Ist schließlich das Büro erreicht und der Mitarbeiter ausgestiegen, fährt das Auto ganz allein in die Garage – bereit zur nächsten Fahrt.