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Creditreform

Arbeitsverträge auf Zeit sind für Unternehmen unverzichtbar. Dennoch will die Politik ihren Abschluss erschweren. Worauf sich Arbeitgeber einstellen müssen. 

Das Schicksal der arbeitsrechtlichen Befristung ist besiegelt. Die wiedervereinten Koalitionspartner haben einen Kompromiss gefunden. Statt, wie ursprünglich angedacht, Zeitverträge zu verbieten, für die es keinen Sachgrund gibt, beschlossen CDU, CSU und SPD, deren maximale Laufzeit zu beschneiden. Ab einer gewissen Unternehmensgröße sollen zudem Höchstquoten für die Zahl der Befristungen gelten. Das freut nicht jeden. „Als Unternehmer muss man bei der Personalarbeit flexibel agieren können“, sagt David Zülow, Vorstand der Zülow AG, einem Elektrohandwerksunternehmen in Neuss. „Die Befristung war eines der letzten Instrumente, diese Flexibilität zu erreichen. Ohne sie werden Arbeitgeber bei Neueinstellungen vorsichtiger agieren als bisher.“
Ganz ohne Zeitverträge muss die Arbeitswelt zwar auch künftig nicht auskommen. Doch die neuen Regelungen machen es Unternehmen nicht leichter. Was wichtig ist, um Befristungen rechtssicher zu vereinbaren:

Absichtserklärungen mit Auslegungsbedarf

Grundsätzlich unterscheidet der Gesetzgeber zwischen zwei Arten von Zeitverträgen. Bei jenen mit Sachgrund gibt es ein klares Motiv, warum der neue Mitarbeiter einen befristeten Vertrag erhält, etwa, weil eine Elternzeitvertretung ansteht oder während der Hochsaison besonders viel zu tun ist. Bei der sachgrundlosen Befristung fehlt ein solches Motiv. Der Arbeitgeber will sich einfach nicht dauerhaft festlegen. Das empfinden Kritiker als unlauter.

Geplant ist daher, dass Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten nur noch maximal 2,5 Prozent der Belegschaft grundlos befristen dürfen. „Wird diese Quote überschritten, gilt jedes weitere sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet zustande gekommen“, warnt Till Hoffmann-Remy, Fachanwalt für Arbeitsrecht bei Kliemt in Frankfurt am Main. Unklar ist, wie genau diese Grenze in der Praxis zu interpretieren ist. Der Koalitionsvertrag sagt nicht, ob sie sich auf die Zahl der Vollzeitstellen bezieht oder ob die schiere Zahl der Arbeitsverträge entscheidet. „Letzteres hätte zur Folge, dass zwei Teilzeitstellen genauso viel zählen wie zwei Vollzeitverträge. Je nach Ausgestaltung des Gesetzesentwurfs könnte es daher zu einer noch stärkeren Beschränkung befristeter Tätigkeiten kommen“, warnt Hoffmann-Remy. Offen ist zudem, wer die Unternehmensgröße und die Zahl der Zeitverträge überwachen und dokumentieren muss. „Vermutlich wird diese Aufgabe den Arbeitgebern zufallen und zusätzlichen bürokratischen Aufwand verursachen“, meint der Jurist.

Nicht eindeutig geregelt haben die Koalitionspartner überdies, ob die Quote betriebsbezogen gilt, also jede Zweigstelle einzeln betrachtet wird, oder ob das Unternehmen als Ganzes maßgeblich ist. „Da das Teilzeit- und Befristungsgesetz ansonsten pauschal auf ‚Arbeitgeber‘ abstellt, ist eine unternehmensbezogene Auslegung wahrscheinlicher“, so Hoffmann-Remy.

Klare Obergrenze

Anders als bisher sollen sachgrundlose Befristungen künftig nicht mehr für bis zu zwei Jahre, sondern nur noch für maximal 18 Monate zulässig sein. Wer die Höchstdauer nicht von Anfang an ausschöpft, kann den Vertrag nur noch einmal, statt wie bisher dreimal, verlängern.
Immerhin: Die Sonderregeln für die Einstellung älterer Arbeitnehmer scheinen ebenso erhalten zu bleiben wie die Privilegien für Startups: Derzeit dürfen Arbeitgeber Neuzugänge, die 52 Jahre oder älter sind und vor ihrer Einstellung mindestens vier Monate lang Arbeitslosengeld bezogen haben, bis zu fünf Jahre lang sachgrundlos befristen. Auch wer sein Unternehmen gerade erst gegründet hat, profitiert von Sonderregeln: Frisch­gebackene Arbeitgeber können in den ersten vier Jahren befristete Arbeitsverträge ohne Sachgrund für bis zu vier Jahre abschließen. Bei kürzeren Laufzeiten lässt sich der Vertrag so oft verlängern, bis die vier Jahre ausgeschöpft sind. „Da der Koalitionsvertrag hierzu schweigt, ist davon auszugehen, dass in diesem Punkt alles beim Alten bleibt“, sagt Anwalt Hoffmann-Remy.

Neue Höchstgrenze für Kettenbefristungen

Bedeutsame Änderungen stehen dafür bei der Befristung mit Sachgrund an. Aktuell dürfen Arbeitgeber, von krassen Ausnahmefällen abgesehen, mehrere befristete Arbeitsverhältnisse hintereinanderschalten. Es ist also denkbar, dass derselbe Arbeitnehmer erst für drei Jahre eingestellt wird, um eine Kollegin in Elternzeit zu vertreten. Freut sich ebenjene Kollegin zwei weitere Male über Nachwuchs, sind für die beiden jetzt anstehenden Babypausen zwei weitere Dreijahresverträge erlaubt. Noch.

Denn künftig sollen mit Sachgrund befristete Verträge verboten sein, wenn der Arbeitnehmer zuvor schon einen oder mehrere Einsätze beim selben Arbeitgeber hatte und deren Gesamtlaufzeit fünf oder mehr Jahre betrug. „Ob die Vorbeschäftigung im Rahmen eines befristeten oder unbefristeten Vertrags erfolgte, ist dabei egal“, sagt Isabella Simon, Arbeitsrechtlerin bei der Kanzlei Vangard in München. „Selbst Einsätze als Leiharbeitnehmer werden bei der Ermittlung der Höchstdauer eingerechnet.“ Auf diese Weise werde Arbeitgebern ein wichtiges Flexibilisierungsinstrument genommen.

Auch aus Arbeitnehmersicht ist die Regelung nicht glücklich. „Der in der freien Wirtschaft häufigste Fall, bei dem mehrere Befristungen hintereinandergeschaltet werden, sind Vertretungen – etwa während der Elternzeit“, sagt Anwältin Simon. „Wenn ein Arbeitnehmer, wie im genannten Beispiel, zwei Mal hintereinander eine dreijährige Auszeit nimmt, darf der Arbeitgeber die gut eingearbeitete Vertretung künftig nur fünf Jahre lang befristet beschäftigen – obwohl er ihr ein weiteres Jahr einen sicheren Job bieten könnte.“

Auf der sicheren Seite
Das sollten Unternehmen im Umgang mit befristeten Arbeitsverträgen beachten:

Richtig befristen. Um einen Arbeitsvertrag wirksam zu befristen, muss die Vereinbarung schriftlich erfolgen. Den Befristungsgrund (so vorhanden) müssen Arbeitgeber im Vertrag hingegen nicht nennen. Auch bedarf es keiner Klarstellung, dass eine Befristung „ohne Sachgrund“ erfolgt. Doch um eine Dokumentation, welcher Zeitvertrag auf einem Sachgrund beruht und welcher nicht, werden Arbeitgeber künftig wohl nicht herumkommen. „Es empfiehlt sich schon aus Compliance-Gründen, ein solches Register intern zu führen, um auf Streitigkeiten vorbereitet zu sein“, sagt Fachanwalt Hoffmann-Remy.

Richtig verlängern. Wer eine sachgrundlose Befristung verlängern will, hat vor allem zwei Dinge zu beachten. Erstens: Die Verlängerung bedarf der Schriftform, beide Seiten müssen sie also unterschreiben. Zweitens: Sie sollte neben dem neuen Beendigungsdatum keinerlei Änderungen enthalten. Anwältin Isabella Simon empfiehlt: „Ändert der Arbeitgeber nur einen weiteren ­Parameter, liegt keine Verlängerung vor, sondern – das Fehlen eines Sachgrunds unterstellt – ein unbefristeter Neuvertrag.“

Richtig beenden. Erscheint ein befristet Angestellter zur Arbeit, obwohl sein Vertrag ausgelaufen ist, muss der Arbeitgeber unverzüglich und unmissverständlich widersprechen. Nimmt er die Dienste des Betreffenden weiter in Anspruch, entsteht ein unbefristeter Vertrag.

LINKS:
Zülow > www.zuelow.de
Kanzlei Kliemt > www.kliemt.de
Kanzlei Vangard > www.vangard.de