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Wer auf dem Weihnachtsmarkt Glühwein bestellt, bekommt ihn höchstwahrscheinlich in einem Becher aus Fernost überreicht. Und damit ist nicht mehr zwingend China gemeint: Das Reich der Mitte gilt bei vielen deutschen Importeuren inzwischen als zu teuer. 

Fünf Aspekte, auf die deutsche Einkäufer bei der Auswahl ihres Lieferanten achten sollten – damit die Qualität stimmt, die Ware sozialverträglich produziert wurde und vor allem termingerecht eintrifft.

1. Auf Qualität achten

„Wie seriös, flexibel und verlässlich ein Lieferant arbeitet, ist nicht leicht festzustellen“, sagt Karin Neuhaus, Beschaffungsexpertin aus Hongkong. Allein in der Schuhindustrie Chinas gebe es mehr als 16.000 Hersteller und Zulieferer – systematisches Auswählen sei da Pflicht: Produktionskapazitäten und Geschäftsvolumen analysieren, Kundenstamm prüfen sowie auf Qualitätssicherungssysteme und Zertifizierungen achten. „Je mehr Zertifikate ein Lieferant vorweisen kann, desto besser“, bestätigt Einkaufsberater Marc Kloepfel.

Als Beispiele für namhafte Prüfungsinstitute nennt der Chef der Kloepfel Consulting GmbH den TÜV Rheinland sowie die SGS Germany GmbH. Allerdings können Zertifikate nur bei der Vorauswahl helfen: „Überprüfen Sie den Lieferanten im Rahmen eines Audits vor Ort“, rät er, „und lassen Sie sich seine Referenzen zeigen.“ Zudem sollte man nicht nur Muster prüfen, sondern direkt eine kleine Serie produzieren lassen. Bei komplizierten Gussteilen zum Beispiel gebe es schnell Qualitätsunterschiede zwischen Muster- und Serienproduktion.

Umgesetzt wird dieser Rat auch vom Koblenzer Automobilzulieferer Stabilus, der sich von der ersten Kontaktaufnahme bis zur Serienlieferung mindestens ein Jahr Zeit lässt, um neue Partner intensiv vor Ort zu prüfen, sie individuelle Qualifizierungsprogramme durchlaufen zu lassen und immer erst eine kleine Serie zur Probe bestellt. „Autohersteller haben mit die höchsten Qualitätsanforderungen überhaupt – daher müssen auch wir bei unseren Lieferanten auf höchste Qualität achten“, begründet Chefeinkäufer Christian Satzek diese Vorsichtsmaßnahmen.

2. Preise sind relativ

„Gute Einkäufer wenden professionelle Verhandlungsstrategien an: Zielkostenanalysen, Auktionen mit mehreren Lieferanten und vor allem transparente Preiskalkulationen“, so Neuhaus. Doch Obacht: Kostenvorteile werden schnell zum Bumerang, wenn die Qualität nicht stimmt. Dann drohen Nachforderungen oder gar Stornos. Der Chef eines Werbeartikelanbieters weiß, wie entscheidend absolute Zuverlässigkeit insbesondere für den deutschen Markt ist:

„Wir lassen jährlich Hunderttausende Glühweintassen in Asien für deutsche Weihnachtsmärkte produzieren – ein zeitlich sehr begrenztes Saisongeschäft. Sollte dabei fehlerhafte Ware geliefert werden, wäre das eine Katastrophe.“ Zu den reinen Produktkosten kommt noch eine Reihe zusätzlicher Aufwendungen, beispielsweise für Logistik, Produkttests, Verpackung und Zoll, die sich schnell auf bis zu 15 Prozent des ursprünglichen Warenwerts summieren.

3. Kulturelle Besonderheiten beachten

Manche technische Anforderungen können die asiatischen Lieferanten nicht erfüllen – aber trotzdem antworten sie in der Regel mit „Ja, das machen wir auch“. Daher ist es wichtig, dass man sich mit den Herausforderungen der Produktion auskennt und darüber mit dem Lieferanten spricht, um ihn in die Pflicht zu nehmen. Um Missverständnisse zu vermeiden, empfiehlt Stabilus-Chefeinkäufer Satzek das Anheuern lokaler Mitarbeiter, die mit den Zulieferern „direkter kommunizieren“ könnten.

In China sei es darüber hinaus wichtig, alles schriftlich dokumentieren und gegenzeichnen zu lassen. Einkaufsberater Kloepfel rät seinen Mandanten prinzipiell zu Geheimhaltungsvereinbarungen, was Fernost-Neulinge aber nicht abschrecken sollte: „Ist die Geschäftsbeziehung erfolgreich aufgebaut, sind die meisten asiatischen Lieferanten vertragstreu.“

4. Genug Zeit einplanen

Sei es durch streikende Hafenarbeiter, Fahrverbote oder Zollprobleme: Die Einkaufstour in Asien unterliegt vielen Unwägbarkeiten. „Besonders für die erste Serienproduktion sollte man daher genug Zeitpuffer einplanen“, rät Satzek. Aber auch ohne Verzögerungen dauert der Transport aus Fernost per Seefracht gerne einmal sechs bis acht Wochen.

„Sitzt der Hersteller im Hinterland, kommen mehrtägige Lkw-Transporte dazu“, weiß Beschaffungsexpertin Neuhaus – das sei gefährlich bei schnelldrehenden Produkten und kurzfristigen Nachbestellungen. Daher sollte der gewählte Logistikpartner sowohl Erfahrung haben als auch flexibel sein. „Erstellen Sie gerade in der Anfangsphase einen Notplan“, rät Kloepfel, „für den Fall, dass die Produkte nicht rechtzeitig eintreffen oder es doch an der Qualität hapert.“ Hier habe sich „duales Sourcing“ bewährt – also redundant zu bestellen.

5. Wechselkurse managen

Die chinesische Währung Renminbi ist an den US-Dollar gebunden, daher rechnen Importeure am besten nicht in ihrer Heimatwährung, sondern im Greenback ab: So brauchen sie nur das Wechselkursrisiko zwischen Euro und Dollar im Griff zu behalten. Aktuelles Beispiel: Durch die jüngste Euro-Schwäche wurde Einkaufen in China um rund 20 Prozent teurer – auf Euro-Abrechnungen erhöhten sich die Preise. Abrechnungen in US-Dollar hingegen blieben konstant und waren einfacher zu verarbeiten.