Das Unternehmermagazin aus der Handelsblatt Media Group

Creditreform

Ob Kleidung, Autos oder Lebensmittel: Die Absatzchancen von Produkten für die Generation 50plus sind immens. Das Unternehmermgazin Creditreform verrät, wie Sie diese lukrative Zielgruppe erschließen. Beachten Sie auch unsere Checkliste zur konkreten Umsetzung am Ende dieses Beitrags.

Brigitte Bardot bringt es auf den Punkt: „Es ist traurig, alt zu werden – aber schön, zu reifen.“ Dieser Satz sagt viel aus über die Gefühlswelt der Best Ager, die bereits das fünfte Lebensjahrzehnt hinter sich gebracht haben. Während vor 100 Jahren die durchschnittliche ebenserwartung bei 55 Jahren lag und lange Zeit 50-Jährige schon zum alten Eisen gehörten, fängt heutzutage das Leben in diesem Alter erst richtig an: Die Kinder sind aus dem Haus, die Karriere ist in der Regel in sichere Bahnen gelenkt – und man weiß genau, was man will. „50 sein, wie 42 aussehen, sich wie 36 fühlen“, bringt es Hans-Georg Pompe, Autor von „Marktmacht 50plus“ und „Boom-Branchen 50plus“, auf den Punkt.

„Die Macht des Alters wird das 21. Jahrhundert regieren – es scheint aber nicht wirklich zu interessieren“, so der Marketingexperte aus Bruchsal. Dabei trifft der demografische Wandel uns schon heute mit voller Wucht: Deutschland hat mit einem Anteil von mehr als 40Prozent der Gesamtbevölkerung die meisten Menschen älter als 50 Jahre in Europa – in wenigen Jahren werden es bereits über die Hälfte sein. Damit nicht genug: „Das Haushaltseinkommen der Generation 50plus ist im Durchschnitt das höchste in der Bundesrepublik“, sagt Sven Rohde, Geschäftsführer der Wirtschaftsdienst des hessischen Einzelhandels GmbH. Zudem tritt diese Kundengruppe als sogenannterMehrgenerationenkäufer auf. Das heißt: Sie kauft nicht nur für den Eigenbedarf, sondern auch für die Enkel, für die Kinder und für die eigenen Eltern. „Dieser Trend wird sich in Zukunft weiter fortsetzen“, ist sich Rohde sicher. Auf insgesamt mehr als 720 Milliarden Euro pro Jahr schätzen Experten die Kaufkraft der Generation 50plus – ein gewaltiges Umsatzpotenzial.

Auf die alten Werte besinnen

„Dennoch hat sich nur jedes fünfte Unternehmen wirklich auf den demografischen Wandel und älter werdende Kunden eingestellt“, sagt Marketingexperte Pompe. Stattdessen stehen viele Firmenchefs ratlos vor dieser lukrativen Kundengruppe: Vielfach werden sie als „Senioren“ nur klischeehaft angesprochen oder ihre tatsächlichen Bedürfnisse werden ignoriert – und der erhoffte Umsatz bleibt aus. Dabei ist es eigentlich ganz einfach, auf ihre ganz speziellen Sehnsüchte, Träume, Erwartungen, Wertvorstellungen, Einstellungen und Lebensinteressen einzugehen: „Best Ager lieben die alten Tugenden wie Zuverlässigkeit, Wertschätzung oder auch Einfühlungsvermögen“, so Pompe.

Insbesondere die Vertriebs- und Marketingmitarbeiter sieht er in der Pflicht, diese Vorgaben zu erfüllen. Ein wichtiger Schritt dabei:Die zuständigen Verantwortlichen müssen weg vom Verhaltensmuster der reinen Produktanbieter und sich zum unabhängigen Nutzen schaffenden Lebensbegleiter entwickeln. „Konkret heißt das: Sich wirklich auf die Kunden 50plus einzustellen, sich in die Lebenswelt des Kunden einzufühlen und ihn durch den Produktdschungel – den ein Älterer extremer und belastender erlebt als ein Jüngerer – zu begleiten“, empfiehlt Pompe. Doch Vorsicht: Wer nur eine Rolle als „verständnisvoller Berater“ spielt oder sogar die Ansichten der älteren Generation als verschroben abtut, wird schnell entlarvt: Aufgrund ihrer Lebens- und Produkterfahrung sind Ältere skeptischer und sensiblerals jüngere Menschen. „Kinder vertrauen allen – die meisten Menschen über 50 niemandem“, warnt der Marketingexperte.

Hinzu kommt, dass die persönlichen, gesundheitlichen und ökonomischen Ängste im Alter zunehmen. Auch die Sehnsucht nach Sicherheit und Verlässlichkeit gewinnt an Bedeutung. Hormonelle Veränderungen, nachlassendes Sehvermögen und die rasante technologische Entwicklung verschärfen den Trend weiter. Doch nicht nur die Mitarbeiter, auch die Firma selbst muss 50plus-fit sein – vom Parkplatz über die Ausstellungsfläche bis zu den Verwaltungs- und Sozialräumen. „Schon mit kleinen Veränderungen können Unternehmer ein Mehr an Komfort schaffen“, sagt Einzelhandels-Fachmann Rohde. So lassen sich etwa Sitzmöglichkeiten aufstellen, die Preisauszeichnung in einer gut lesbaren Schriftgröße vornehmen oder die Gänge verbreitern, damit gegebenenfalls auch Kunden mit Gehhilfen ausreichend Platz haben. Auf diese und viele weitere Kriterien achtet zum Beispiel der Handelsverband Deutschland – HDE e.V. im Rahmen seiner Qualitätsprüfung „Generationenfreundliches Einkaufen“ (www.generationenfreundliches-einkaufen.de). Mehr als 7.000 Einzelhändler, vorwiegend aus der Lebensmittel- und Textilbranche, haben das Gütesiegel inzwischen erhalten – leicht erkennbar am orangefarbenen Aufkleber an der Ladentür.

Checkliste: Ihr Projekt „Best Ager“

„Unternehmen müssen sich neu ausrichten – auf den Megamarkt 50plus“, sagt Hans-Georg Pompe. Hier die Tipps des Marketingexperten, mit denen Unternehmer für einen höheren Wohlfühlfaktor unter den Best Agern sorgen:

• Bauen Sie eine persönliche Beziehung zu Ihren Kunden auf und pflegen Sie diese unbedingt.

• Es kommt auf die persönliche Wertschätzung an – vorgelebt nicht nur in den Beziehungen zu den Kunden, sondern auch zwischen den Mitarbeitern und den Geschäftspartnern.

• Emotionalisieren Sie Ihr Geschäft, das Ambiente, das Schaufenster, die Produktpräsentation. Zum Beispiel mit attraktiven Themen- und Erlebniswelten rund um Ihre Produkte, mit einer Wohnzimmeratmosphäre oder mit einer persönlichen Note,die nicht jeder vorweisen kann. Seien Sie mehr Gastgeber und weniger Produktanbieter.

• Trainieren Sie die Verkäufer und die Berater auf sensibles Verkaufen mit weichen Faktoren. Dazu gehört etwa, dass sie sich Zeit fürs Zuhören nehmen und auf die Wünsche, Fragen und Anregungen der Best Ager eingehen.

• Es gilt die Devise: kaufen helfen statt verkaufen. Setzen Sie die persönlichen Referenzen begeisterter Kunden gezielt im Beratungsgespräch ein – das ist Ihre wirkungsvollste Werbung.

• Konzentrieren Sie das Produktangebot auf das Wesentliche und präsentieren Sie Offerten dafür umso ansprechender.

• Stellen Sie nicht den Gebrauchswert, sondern den Komfort- und Erlebniswert der Produkte in den Mittelpunkt.

• Nehmen Sie Ihren Mitarbeitern den Verkaufsdruck. Schaffen Sie stattdessen einen Verkaufssog und erzählen Sie Geschichten zum Nutzen Ihrer Produkte.