Globalisierung, Digitalisierung, Preis- und Wettbewerbsdruck und nicht selten auch Managementfehler zwingen immer mehr Mittelständler in Veränderungsprozesse. Doch nicht verzagen: Eine flexible Firmen- und Führungskultur, bei der die nötigen Anpassungen aus der Mitte der Belegschaft heraus entstehen, nimmt selbst permanentem Veränderungsdruck seinen Schrecken – das zeigen unsere Praxisbeispiele.
Als Michael Scheuß vor drei Jahren die Führung des Maschinenbauunternehmens Teupen im westfälischen Gronau übernahm, lag das Geschäft des Spezialisten für Arbeitsbühnen am Boden. „Nach mehreren Managementwechseln und teils kriminellen Machenschaften der alten kaufmännischen Leitung vor 2011 waren die 160 Mitarbeiter völlig verunsichert – die Firma kämpfte wirtschaftlich ums Überleben“, erinnert sich Scheuß. Heute schreibt die Teupen Maschinenbau GmbH schwarze Zahlen, hat die Auftragsbücher prall gefüllt und trumpft mit Innovationen in alten, vor allem aber auch in neuen Geschäftsfeldern auf. „Und das nur, weil wir uns vom alten Hierarchiedenken verabschiedet und eine völlig neue Organisation aufgebaut haben, die es uns erlaubt, unser Produktportfolio und unsere Prozesse laufend an die Veränderungen im Markt anzupassen“, betont Scheuß.
Veränderungsdruck steigt – Change Management gewinnt an Bedeutung
Wie der Markenanbieter für Arbeitsbühnen auf Kettenfahrgestellen spüren derzeit Unternehmen quer durch die Bank – vom Großkonzern bis hin zum Mittelständler –, dass die Zeitabstände, in denen sie ihr Geschäftsmodell neu ausrichten und sich neu erfinden müssen, immer kürzer werden: Rasante Technologiesprünge, Wettbewerber, die rund um den Globus wie aus dem Nichts plötzlich mit gleichen oder ähnlichen Produkten aufploppen sowie natürlich der digitale Wandel erhöhen den Veränderungsdruck immer mehr. Gleichzeitig sind viele Belegschaften jedoch schon längst die nimmer enden wollende Flut an Change-Initiativen à la „Fit for Future“, „Drive for Excellence“ oder „Fit4change“ satt.
Nina Leffers, Professorin für internationale Unternehmensführung an der Ostbayerischen Technischen Hochschule (OTH) Regensburg und ihre Mitautoren des Buchs „Der ganz normale Change-Wahnsinn“ (Murmann) legt den Finger auf die Wunde: „Viele Change-Projekte sind schon deshalb von Anfang an zum Scheitern verurteilt, weil Unternehmer den Fehler machen, in einer Art Mischung aus Frontalunterricht und Drohgebärde, „radikale Änderungen“ oder sogar eine „Revolution“ von ihren Mitarbeitern einzufordern.“ 70 oder 80 Prozent Veränderung traut sich kaum jemand zu – geschweige denn eine 180-Grad-Wende von heute auf morgen. „Doch zehn Prozent halten die meisten durchaus für realistisch und machbar, so manche gar für erstrebenswert, wenn sie darin einen tieferen Sinn für sich selbst erkennen.“

Wozu gibt es uns? Was will der Kunde von uns? Unternehmer sollten immer wieder Grundsatzfragen wie diese stellen und bei Veränderung die zweite Führungsebene frühzeitig mit einbinden – unter anderem für eine verlässliche zweite Meinung. © Matthias Seifarth, www.mattillustration.com
Change Management von Start-ups als Vorbild
Das Dilemma: Gerade jetzt könnten etliche Unternehmen den vollen Elan, die Ideen und Experimentierfreude ihrer Mitarbeiter gut gebrauchen. „Wir leben in einer Zeit, in der Google mit seiner Innovation des sich selbststeuernden Fahrzeugs die Konzerngiganten der Autoindustrie schon bald zum Komplettumbau ihrer Organisationsstrukturen zwingen könnte“, sagt Stephan Penning, Experte für Personal- und Change Management sowie Chef bei Penning Consulting in Köln. Doch auch die oft noch hierarchisch geführten Familienunternehmen könnten sich vielfach nicht mehr darauf verlassen, dass das bisherige Erfolgsmodell „Die Unternehmensführung denkt und lenkt, die Mitarbeiter setzen um“, noch lange funktioniere. Penning: „In Märkten, in denen Unternehmen sich mindestens einmal im Jahr die Frage stellen müssen: ‚Warum muss es uns überhaupt noch geben?’ bleibt keine Zeit, zwischen Hirn und Hand zu trennen. Je unvorhersehbarer Marktentwicklungen sind, desto wertvoller werden Firmenkulturen, die es Betrieben ermöglichen, dem Vorbild von Start-ups zu folgen und nach dem Trial-and-Error-Prinzip vorzugehen.“
Frederic Laloux, ein belgischer Experte für Organisationsentwicklung, prophezeite 2015 in seinem Buch „Reinventing Organizations“ (Vahlen) den Anbruch einer neuen Ära in der Unternehmensführung. Der Grund: Nicht nur viele Mitarbeiter, sondern auch Topmanager seien frustriert und ausgebrannt – von der Vielzahl an ergebnislosen Sitzungen, dem politischen Gezerre innerhalb der verschiedenen Abteilungen und Hierarchien um Budget und Macht sowie von der Seelenlosigkeit der Unternehmen, die nur noch als reine Maschinen wahrgenommen würden. Statt an der Idee festzuhalten, dass Führungsspitzen so weise sind, dass sie durch detaillierte Finanzplanungen, Zielvorgaben und Roadmaps und deren ständige Kontrolle den Unternehmenstanker auf Kurs halten können, plädiert Laloux für den Aufbau neuer Unternehmensorganisationen, in denen Strategien organisch aus der kollektiven Intelligenz der sich selbst führenden Mitarbeiter entstehen.
Change Management: Glaube an Selbstheilungskräfte der Belegschaft
Statt nur punktuell auf Partizipation und Empowerment in der bisherigen Pyramidenhierarchie zu setzen, drückte beispielsweise Manager Michael Scheuß bei Teupen deshalb auf die Reset- Taste. Ihm war klar: So schlecht es vor drei Jahren noch um Teupen bestellt war – sein Unternehmen bewegte sich in einem wachsenden Markt. „Noch nie zuvor gab es so viele Gebäude, die von ihrer Architektur her wegen Schrägen oder auch regelmäßig zu pflegenden Glasfassaden auf Spezialfahrzeuge angewiesen sind, mit denen sich in allen denkbaren Schräglagen und Höhen sicher arbeiten lässt.“ Sein Fazit: Die Schieflage bei Teupen war allein durch hausgemachte Managementfehler verursacht worden. Das Unternehmen verfügte nach wie vor über erstklassige Produkte – es hatte sich lediglich zu lange auf seinem guten Namen ausgeruht.
Um den Innovationsgeist der Firma wieder zu wecken, tauschte Scheuß zunächst die komplette zweite Führungsebene aus und ersetzte sie durch Mitarbeiter aus den eigenen Reihen. Diese Manager waren zuvor jahrelang vergeblich mit ihren Innovationsvorschlägen gegen die Dickhäutigkeit und Unbelehrbarkeit des alten Managements angerannt und daher für einen Neuanfang umso motivierter. Scheuß größter Coup aber war es, die Selbstheilungskräfte seiner Mitarbeiter zu wecken, indem er ihnen klarmachte, dass es künftig keine Topmanagementebene mehr geben würde, die ihnen sagt, wo es langgeht, sondern, dass er und sie gemeinsam sich fortan laufend Grundsatzfragen wie „Was wollen wir in die Welt bringen?“ und „Was will die Welt von uns?“ stellen müssten.
„Warum sollte ich mehr wissen als die Experten?“ Michael Scheuss, Teupen Maschinenbau GmbH
Wer kann am meisten zum Change Management beitragen?
Scheuß brach das Schachteldenken zwischen operativ und strategisch auf. Keine Entscheidung sollte mehr von oben gefällt werden und danach erst durch aufeinander folgende Managementebenen nach unten zur Umsetzung weitergereicht werden. Stattdessen führen heute bei Teupen immer diejenigen Entscheidungen herbei, die am stärksten von Veränderungen betroffen sind und das größte Know-how in dem jeweiligen Feld mitbringen. „Große Gesprächsrunden über viele Abteilungen hinweg bringen nichts“, so Scheuß. „Am sinnvollsten ist es, in der Organisation jeweils die zwei bis drei Köpfe zu identifizieren, die am meisten zur Sache beitragen können, und ihnen freie Bahn zu lassen, um in aller Ruhe in Vieraugengesprächen Lösungen zu entwickeln.“ So vertraute der Ingenieur darauf, dass Vertrieb und Marketing mit ihrem Wissen um Marktentwicklungen und Kundenbedürfnisse im Dialog mit der Entwicklungsabteilung aus eigener Kraft heraus eine tragfähige Produktroadmap erarbeiten. „Warum sollte ich mehr als die Experten wissen?“, sagt der Firmenchef uneitel.
Innerhalb eines Jahres entstand so die wichtigste Lebensader des Produktionsbetriebs. „Unsere Produktroadmap war die Basis für eine Fünfjahresplanung, die wir nun jedes Jahr auf den Prüfstand stellen“, erklärt Scheuß. In diesem Frühjahr präsentierte Teupen den Puma, die weltweit erste Arbeitsbühne, die auf einem Schreitbagger installiert ist und auf unwegsamem Gelände, selbst noch in Bächen und kleinen Flüssen, Brückeninspektionen und Reparaturen an Stromtrassen ermöglicht. „Früher blieb uns gar keine Zeit für solche Neuentwicklungen, weil wir voll damit ausgelastet waren, die von der alten Geschäftsführung per ordere du mufti verordneten Facelifts unserer Produkte umzusetzen“, erinnert sich Teupen-Entwicklungschef Tobias Ritzenhöfer.
Mitarbeiter sind die besten Spezialisten
„Zu viele Managementtools haben in vielen Unternehmen den Blick aufs Wesentliche verstellt“, so das Credo von Michael Scheuß. „Die eigenen Mitarbeiter sind die besten Spezialisten, wenn es darum geht, Arbeit neu zu organisieren.“ Und so setzte der Firmenchef ganz auf die Erfahrung und das systematische Denken der langjährigen Leiterin der Arbeitsvorbereitung bei Teupen, Marcella Krumnow. Ihre Aufgabe: Sie sollte in einem neu zu gestaltenden Auftragszentrum das Zusammenspiel von Außendienst, Vertriebsinnendienst, Arbeitsvorbereitung, Produktion, Controlling und Einkauf neu justieren. Mit Erfolg: Heute trumpft Teupens Außendienst bei Kunden damit auf, in kürzester Zeit verlässliche Informationen darüber abgeben zu können, bis wann und zu welchen genauen Kosten Spezialanfertigungen lieferbar sind.
„Veränderung geht oft mit Angst einher. Unternehmen tun deshalb gut daran, ihren Mitarbeitern diese Angst zu nehmen und jeden Einzelnen bei der Entwicklung neuer Arbeitsprozesse aktiv zu unterstützen“, sagt Stephan Penning. Am besten definiert jeder Einzelne den neuen Weg zum Ziel selbst. So läuten Unternehmen den Wandel zu einer Firmenkultur ein, die von Eigenverantwortung geprägt ist und es der Organisation ermöglicht, sich in vielen kleinen Schritten nach und nach auf neue Gegebenheiten einzustellen.
Wandel in guten Zeiten – ohne Not
Teupen handelte aus Existenznot. Das Hamburger Familienunternehmen Ter Hell dagegen reorganisierte in guten Zeiten seine Vertriebsstruktur, um seine Kunden europaweit noch umfänglicher versorgen zu können. 1908 gegründet, bedient sich die Ter Group heute als Distributions- und Handelshaus aus einem Kundenpool von rund 20.000. Die Produktpalette reicht von Naturharzen, Kunstharzen, Wachsen aller Art über Pigmente, Additive bis hin zu Lebensmittelzusatzstoffen.
Allein im Chemiegeschäft beschäftigt Ter Hell 325 Mitarbeiter, die im Auftrag von Großherstellern wie Exxon oder Clariant den Verkauf, Kundenservice und die Logistik von zigtausend unterschiedlichen Produkten für die verschiedensten Branchen, Anwendungsgebiete und Unternehmensgrößen managen. Das Problem: Ter Hell verzeichnete zwar auch in den letzten Jahren stetig Wachstum. Doch immer häufiger erwies sich die Art, wie das Unternehmen sein Produkt- und Vertriebsmanagement organisiert hatte, als Wachstumsbremse. „Unsere Mitarbeiter waren bis vor kurzem noch als Spezialisten für bestimmte Produktfelder Einkäufer und Vertriebler in einer Person – dies erhalten wir uns heute nur im Trading Segment“, sagt Oliver Zimmermann, CEO der TER Chemicals Distribution Group. „Sie unterhielten also auf der einen Seite enge Beziehungen zu ausgewählten Lieferanten und waren gleichzeitig der Servicepartner für die Kunden.“ Das führte im Geschäftsalltag jedoch dazu, dass in seltenen Fällen gleich mehrere Ter-Chemicals-Mitarbeiter – ohne voneinander zu wissen – an ein und demselben Tag beim selben Kunden aufliefen. 2014 entschied sich Ter Hell daher, einen Cut zu machen.
Change Management: Know-how ist zum Teilen da
Innerhalb der Distribution bei Ter Chemicals sind Produkt- und Vertriebsmanagement heute strikt voneinander getrennt und die Organisation ist in vier Industriesparten aufgeteilt. „Die Produktmanager haben einen reinen Produktfokus. Sie sind dafür verantwortlich, bestehende Lieferantenbeziehungen zu pflegen, neue Lieferantenbeziehungen aufzubauen, das Produktportfolio zu verbessern und zu erweitern und neue Bezugsquellen ausfindig zu machen“, sagt Henrik Meyer-Hoeven, Change Management-Spezialist bei Pawlik Consultants, einem Beratungsunternehmen aus Hamburg, das Ter Chemicals bei seiner Reorganisation begleitet hat.
„Die Vertriebsmanager auf der anderen Seite haben einen Industriefokus. Sie allein pflegen die Kundenbeziehungen zu den Unternehmen, die ihrer jeweiligen Industriegruppe zugeordnet sind“, so Henrik Meyer-Hoeven weiter. „Die stärkere Fokussierung der Vertriebsleute auf bestimmte Kunden verschafft ihnen mittlerweile den Spielraum, sich intensiver mit deren ganz spezifischen Anwendungsgebieten und Bedürfnissen vertraut zu machen – und sie über das bisherige Angebot hinaus auch mit weiteren Produkten zu versorgen“, ergänzt der Hamburger Unternehmensberater.
Motiviert für den Wandel? Wie Unternehmer ihre Mitarbeiter für notwendige Veränderungen begeistern.
Change Management verträgt keine Einzelkämpfer
Ein entscheidender Schritt im Change-Prozess war es, die Mitarbeiter dabei zu begleiten, ihr Wissen mit den Kollegen der jetzt getrennt operierenden Produktmanagement- und Vertriebsabteilungen sowie der unterschiedlichen Industriesparten und Landesorganisationen zu teilen. „Wer früher als Einzelkämpfer unterwegs war, musste lernen, sich mit anderen gegenseitig Pässe zuzuspielen“, so CEO Oliver Zimmermann.
„Veränderung braucht Zeit“, sagt Joachim Pawlik von Pawlik Consultants (siehe Interview weiter unten). Das weiß auch Zimmermann und räumt sie den Mitarbeitern ein. Seit Anfang 2015 ist Ter Hell mit der neuen Organisation unterwegs. 2016 steht ganz im Zeichen der Prozessaufnahme und Vorauswahl der neuen integrierten IT-Systeme und der Wissensdatenbank. Die Ter-Chemicals-Belegschaft hat verstanden: Die Mühe lohnt sich. Die neue Organisation wird ihr als Gruppe helfen, ein Ergebnis zu erreichen, das sie allein nie geschafft hätten. Ter Chemicals wird Lieferanten und Kunden europaweit effizienter aus einer Hand bedienen.

In einer lernenden Organisation schenkt der Chef denen Gehör, die für ein Projekt die meiste Kompetenz aufweisen, weil sie am dichtesten dran sind an Kunden und Produkten. Damit verbunden ist die Frage: Wie viel Hierachie ist nötig? © Matthias Seifarth, www.mattillustration.com
Interview: „Veränderung braucht Zeit“
Joachim Pawlik von Pawlik Consultants über die größten Hürden bei Change-Projekten – und wie sich Enttäuschungen vermeiden lassen.
Was ist die größte Hürde bei Change-Projekten?
Der Faktor Zeit wird unterschätzt. Manager glauben, wenn sie selbst die Notwendigkeit von Veränderungen erkannt haben, dass diese Erkenntnis bei ihren Mitarbeitern genauso schnell reift. Doch so kompetent und veränderungswillig Mitarbeiter auch sein mögen: Solche Prozesse brauchen Zeit. Und die muss man Mitarbeitern geben, sonst droht Frust.
Wie lassen sich Widerstände vermeiden?
Die Kommunikation muss so klar und offen wie möglich sein. Wenn es dann auch noch gelingt, gemeinsame Ziele zu schaffen, sind die meisten Mitarbeiter bereit, eigene Ideen beizusteuern und ihren Teil zum Gelingen des Ganzen beizutragen. Besonders schwierig wird es allerdings, wenn die Firmenkultur schon vor dem Change-Projekt von gefühlter Unehrlichkeit geprägt ist – und Mitarbeiter per se davon ausgehen, dass ehrliche Rückmeldungen ohnehin beim Management nicht gefragt sind.
Wie lassen sich Change-Projekte trotzdem noch zum Erfolg führen?
Man muss sich immer wieder bewusst machen, dass die informelle Kultur von ganz anderen Personen getragen wird als den Verantwortlichen, die im Organigramm erkennbar sind. Change Manager dürfen nicht aufhören, Gespräche zu führen! Und zwar nicht mit den Chefs, sondern mit denen, die von der Veränderung tatsächlich betroffen sind. Ihnen gilt es zu signalisieren, dass sie tatsächlich gehört werden und mitmischen können.
In acht Schritten zum flexiblen Change-Management
Um sich als Mittelständler fit für den permanenten Wandel zu machen, empfiehlt der Change Management-Berater Stephan Penning die folgenden grundlegenden Schritte:
1. Sinnfrage stellen
Selbst Weltmarktführer mit hochwertigen Qualitätsprodukten und langer Tradition sind vor abrupten und bedrohlichen Veränderungen nicht gefeit. Um den Anschluss an die Kunden, an wichtige Trends und vor allem an den Wettbewerb nicht zu verlieren, sollte das Management mindestens einmal im Jahr den Sinn des eigenen Unternehmens grundsätzlich hinterfragen: Warum gibt es uns? Was ist unser Zweck?
2. Initiativen gemeinsam entwickeln
Hohe Veränderungsgeschwindigkeit und Vernetzung der Märkte machen langfristigstatische Planungen hinfällig. Strategie bedeutet darum, unterschiedliche Projekte mit strategischen Zielen zu initiieren – und im Laufe des Jahres zu überprüfen, welche davon funktionieren. Dabei gilt es, die zweite Führungsebene bereits in der Planungsphase mit ins Boot zu holen, um eine effektive und effiziente Umsetzung zu garantieren. Und eine verlässliche zweite Meinung zu haben. Denn auch Geschäftsführer können die hohe Komplexität heute nicht mehr allein überschauen.
3. Lernende Organisation aufbauen
Eine lernende Organisation akzeptiert permanente Veränderung als Normalität und orientiert sich dauerhaft an immer neuen Kundenbedürfnissen und Marktansprüchen. Entscheidungen werden in einer solchen Organisation von denjenigen getroffen, die für die jeweilige Fragestellung die größtmögliche Kompetenz aufweisen. Darum muss eine lernende Organisation stets ihre Strukturen hinterfragen: Wie viel Hierarchie ist nötig? Auf welcher Ebene sind die Entscheidungsbefugnisse zu verorten? Welche Struktur ermöglicht das höchste Maß an Selbstorganisation – ohne in unproduktives Chaos abzudriften?
4. Mitarbeiter befähigen
Schneller und besser zu lernen als die Konkurrenz, ist ein häufig unterschätzter Wettbewerbsvorteil. Die Lernkultur eines Unternehmens ist die Basis für die Befähigung der Mitarbeiter und definiert sich über die Qualität der Organisation von Lernprozessen. Wichtige Kriterien hierfür sind der Grad der Individualität, Prozessorientierung und Selbststeuerung sowie das emotionale Lernen – im Sinne von echter Relevanz der Lerninhalte für den eigenen Arbeitsplatz.
5. Prozessverständnis etablieren
Vorhandenes Silo-Denken muss einem gesamtunternehmerischen Prozessverständnis weichen. Denn nur wenn Führungskräfte und Mitarbeiter die jeweiligen Prozesse verstehen und auch tatsächlich leben, sind Innovationsfähigkeit, Flexibilität und die erforderliche Schnelligkeit überhaupt möglich. Dazu müssen Prozesse End-to-End designt sein und allen Beteiligten – Individuen ebenso wie ganzen Abteilungen – klare Rollen zugewiesen werden, welche die jeweiligen Kompetenzen und Informationspflichten festlegen.
6. Die IT positionieren
Der IT-Bereich spielt in allen Fragen der Neuorganisation eine Schlüsselrolle, denn beinahe alle Prozesse werden heute in IT-Systemen abgebildet. Dementsprechend muss es künftig nicht nur Aufgabe der IT-Abteilung sein, diese zu implementieren – sondern vor allem den Anwendern den Zusammenhang zwischen IT-Applikation und jeweiligem Prozessschritt zu verdeutlichen. Damit einher geht die Chance, IT künftig als das zu positionieren, was sie eigentlich ist: Die „Speerspitze“ in der Organisationsentwicklung. Hierfür sollten die IT-Chefs bei allen Projekten vom ersten Tag an mit am Planungstisch sitzen.
7. Führungsstil ändern
Führung kann nicht mehr nach dem „Meisterprinzip“ und damit nach der Vorgabe eines besten – und einzigen – Weges handeln. Vielmehr gilt es, Mitarbeitern den Sinn für ihre Aktivitäten zu vermitteln, die Werte und Einstellungen innerhalb der Teams zu synchronisieren, die Beiträge der Mitarbeiter querzudenken und mit Impulsen aus der Helikopter-Perspektive zu versehen. Potenziale der Mitarbeiter gilt es zu identifizieren und sie darin wachsen zu lassen. Damit ist die Führungskraft heute stärker als Personalentwickler, der Mitarbeiter selbst mehr als eigener „Steuermann“ gefordert.
8. Kultur prägen
Die Kultur in einem modernen Unternehmen darf nicht beliebig sein, sondern muss den strategischen Initiativen und Markterfordernissen folgen. Welche Einstellungen, Interaktionsmuster und Verhaltensweisen braucht es, um den strategischen Erfordernissen gerecht zu werden? Dabei können neue kulturelle Merkmale nur etabliert werden, wenn Führungs- und HR-Instrumente das Zielverhalten positiv und negativ sanktionieren. Fehlerkultur, Feedbackgespräche etc. sind Eckpunkte für die Entwicklung einer strategieunterstützenden Kultur.