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Mit Mut und Weitblick hat Heiner Dettmer die Bremer B. Dettmer Reederei zu einem der führenden europäischen Anbieter in Familienbesitz gemacht. Nun plant der 65-Jährige die Übergabe an seine Tochter.

Als die Mauer fiel, war das für Heiner Dettmer eine schlechte Nachricht. Zumindest für den Unternehmer in ihm. 30 Schiffe des Reeders sorgten bis zur Wende dafür, dass die Westberliner ihre Kraftwerke befeuern konnten – von Hamburg aus lieferten sie Heizöl für die eingeschlossene Stadt. „Die Kanäle in der DDR waren noch auf Vorkriegsniveau. Wir haben in den 1970er-Jahren extra kleinere Tanker bauen lassen, die genau darauf abgestimmt waren“, erinnert sich Dettmer.

Nachdem die Grenzen geöffnet wurden, lohnte sich der Transport nach Westberlin auf den veralteten Wasserwegen nicht mehr. Das Problem in den alten Bundesländern: Die kleineren Schiffe waren dort nicht konkurrenzfähig. „Betriebswirtschaftlich war die Wiedervereinigung für uns eine Katastrophe“, sagt Dettmer. Denn normalerweise ist ein Binnenschiff mindestens 40 Jahre im Dienst.

Aufgeben? Für Dettmer keine Option. Stattdessen entschied er, noch einmal zu investieren – und zwar im großen Stil. Er baute in Magdeburg ein eigenes Tanklager auf, das die von Hamburg aus gesteuerte Flotte künftig beliefern sollte. „Viele haben uns für verrückt erklärt“, sagt er. Doch für den Unternehmer war es ein naheliegender Schritt. Die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts ist sowohl über den Elbe-Seitenkanal als auch über den Mittellandkanal gut angebunden. „Es war auch klar, dass nach der Wende in Ostdeutschland der Bedarf an Mineralöl stark steigen wird, weil sich viele Leute einen Pkw anschaffen.“

Heiner und Julia Dettmer führen die Reederei weiter

Erfolgreiches Duo: Seniorchef Heiner Dettmer und seine Tochter Julia. © Jörg Sarbach

Dettmer hat recht behalten. Heute setzt die Magdeburger Umschlag und Tanklager KG, kurz MUT, pro Jahr zwei Millionen Tonnen Mineralöl um. Jüngst hat das Unternehmen sein Angebot dort erneut erweitert. Die 2013 gegründete Tochtergesellschaft Dettmer Rail transportiert – unter anderem für die Chemieindustrie – nun auch auf der Schiene. Ein ganzes Managementteam, das von einem Bahn-Konkurrenten zu Dettmer stieß, führt die Geschäfte. „So haben wir Know-How gewonnen, das uns fehlte“, sagt Dettmer. „Unseren Kunden bieten wir damit eine All-in-Lösung.“

Reederei startete mit Kaffee

Ein roter Klinkerbau in der Bremer Innenstadt, direkt am Ufer der Weser. Die Firmenleitung der Dettmer Group sitzt im dritten Stock. Im Treppenhaus eine Glocke, ein Schornstein mit Firmenlogo, eine Antriebsschraube – auf jeder Etage grüßt ein Erinnerungsstück von abgewrackten Schiffen. Auch der Konferenzraum stimmt historisch ein. Dutzende Fotos dokumentieren die Geschichte der 1947 gegründeten Reederei, die bis in die 1980er Jahre von Dettmers Vater Bernhard und dessen Bruder Wilhelm geführt wurde. „Bekannt, beliebt, begehrt!“ heißt der Slogan auf einem der noch in Schwarz-Weiß abgelichteten Lieferwagen. Das damalige Produkt war Kaffee – bis 1975 gehörte eine Rösterei zum Unternehmen.

„Wir hatten auch schon mal eine Fischfangflotte und eine Kreuzfahrtgesellschaft – auch das haben wir schon lange aufgegeben“, sagt Heiner Dettmer. Den Rücken zur Fotowand gerichtet, sitzt er am Konferenztisch, neben ihm seine Tochter Julia. Die 33-jährige Betriebswirtin ist für das Marketing und die Kommunikation verantwortlich: ihr Einstieg in den Familienbetrieb. Mittelfristig soll sie den Chefposten von ihrem Vater übernehmen und die Dettmer Group in nächster Generation steuern. Ein fließender Übergang ist geplant. „So schnell will ich noch nicht aufs Altenteil“, sagt Heiner Dettmer. Auch mit 65 Jahren hat er noch viele Ideen für neue Geschäfte.

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