Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wurden deutsche Aufsichtsräte überdurchschnittlich entlohnt, wie eine aktuelle europäische Studie der Unternehmensberatung Hay Group festgestellt hat. Europäische Unternehmen zahlten ihren Aufsichtsratsvorsitzenden im Jahr 2012 im Durchschnitt 214.800 Euro. Im Jahr 2011 waren es noch 237.900 Euro. Die Gesamtvergütung von Aufsichtsratsmitgliedern in Europa stieg hingegen von 71.500 Euro im Jahr 2011 auf 75.200 Euro. In die Studie eingeflossen sind Daten von 390 Unternehmen aus zwölf Ländern, die in den großen europäischen Indexen vertreten sind.
Viel Geld für Schweizer Vorsitzende
Die höchste Vergütung in Europa erhielten Verwaltungsratsvorsitzende in der Schweiz mit 1.077.100 Euro. Auch Verwaltungsratsmitglieder konnten sich dort im vergangenen Jahr durchschnittlich über 251.200 Euro freuen. Ganz anders sieht es hingegen im Nachbarland Österreich aus. Dort bekam ein Aufsichtsratsvorsitzender im vergangenen Jahr im Mittel lediglich 51.600 Euro und das Aufsichtsratsmitglied erhielt nur 20.500 Euro. Damit zahlen österreichische Unternehmen die geringsten Vergütungen der zwölf untersuchten europäischen Länder.
„Die erhöhte Aufmerksamkeit der Aktionäre, Aufsichtsbehörden und Öffentlichkeit in Europa liegt weiterhin auf der Vergütungspraxis für das Top-Management. Das gilt nicht nur für Vorstände, sondern beeinflusst auch die Vergütungspraxis für den Aufsichtsrat“, sagt William Eggers, Senior Vice President der Hay Group.
Frauen hinken in puncto Gehalt hinterher
Die Studie zeigt auch, dass die Aufsichtsräte in Deutschland weiterhin von Männern dominiert werden. So sind nur 13 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder in Deutschland Frauen. Dieser Prozentsatz ist im europäischen Vergleich unterdurchschnittlich. Insgesamt hat sich die Situation in Europa jedoch seit dem Vorjahr verbessert. Auch wenn in Europa 83 Prozent der Aufsichtsratsmandate von Männern besetzt sind, zeigt sich eine Verbesserung für Frauen im Aufsichtsrat. Lediglich in einem der zwölf Länder – Italien – sind mehr als 90 Prozent der Aufsichtsräte männlich. 2011 war dies noch in sieben der zwölf untersuchten Länder der Fall.
Trotz dieser Verbesserung hat sich die Gehaltssituation für Frauen in Aufsichtsräten verschlechtert, da weiterhin die strategisch wichtigen und zusätzlich vergüteten Positionen in den Ausschüssen mit Männern besetzt werden. So besteht ein Vergütungsunterschied von neun Prozent zwischen Männern und Frauen bei den tatsächlichen Bezügen. „Obwohl wir mehr Frauen in den Aufsichtsräten sehen, werden ihnen eher selten die attraktiven Positionen angeboten“, sagt Hay-Group-Experte Eggers. So könne die Frauenquote nicht die Lösung sein, betont Eggers. „Um Aufsichtsratspositionen mit den besten Talenten zu besetzen, müssen Unternehmen in Europa ihre Bemühungen erhöhen, starke Führungspersönlichkeiten mit möglichst breit gefächertem Hintergrund und Fähigkeiten zu entwickeln.“ (al)