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Creditreform

Warum Betriebe, Mitarbeiter und auch die Autoindustrie von Corporate Carsharing profitieren – und welche Fuhrparktrends das Autojahr 2014 sonst noch bringt.

Wird Volker Auf der Landwehr-Thümer, der Fuhrparkverantwortliche der Versicherungskammer Bayern, auf „Corporate Carsharing“ angesprochen, kann er seine Begeisterung nur schwer verhehlen. Denn: In seinem Wirkungsbereich brachte dieser neue Trend sinkende Kosten bei gleichzeitig steigendem Nutzen – und zwar für seine Firma und die Mitarbeiter gleichermaßen.

Seit er die sechs unternehmenseigenen Poolfahrzeuge durch sechs Carsharing-Pkws der BMW-Tochter Alphabet ersetzen ließ, sinken die Kosten seines Fuhrparks und steigt dessen Auslastung. Die neuen Autos lassen sich bequem im Intranet reservieren: für geschäftliche Fahrten selbstverständlich, aber auch für private Touren nach Feierabend oder am Wochenende. Sie stehen auf dem Firmengelände und lassen sich schlüssellos über einen Chip auf dem Führerschein öffnen und anschließend per Knopfdruck starten. „Früher standen unsere Poolfahrzeuge tagelang ungenutzt herum“, erzählt Auf der Landwehr-Thümer. Heute liege die Auslastungsquote bei mehr als 70 Prozent.

Kein Wunder, ist doch bei der gewählten Leasing-Lösung AlphaCity die Privatnutzung nur etwa halb so teuer wie herkömmliches Mieten. Abgerechnet wird über die Kreditkarte des Mitarbeiters, Dienstfahrten laufen transparent und von der Buchhaltung leicht zu verarbeiten über die betriebliche Kostenstelle. „Mit den Gebühren für die private Nutzung refinanzieren wir einen Teil der Fahrzeug-Leasingkosten“, nennt der Fuhrparkmanager einen wichtigen Vorteil für seinen Arbeitgeber. Doch auch die Mitarbeiter profitieren: „Jetzt sind auch die ohne Dienstwagenanspruch mobil.“

Fast die Hälfte aller deutschen Unternehmen könne sich den Einsatz des betrieblichen Carsharings inzwischen vorstellen, berichtet das Automotive Institute for Management (AIM) an der privaten European Business School. Wie so häufig machen Konzerne wie Allianz, Microsoft und Infineon vor, wovon nun auch immer mehr Mittelständler profitieren möchten: weniger Aufwand für Verwaltung, Buchung und Abrechnung, weniger Reisekosten. Taxifahrten, Bahntickets und natürlich Mietwagen werden seltener gebucht. Das Einsparpotenzial schätzt Alphabet-Chef Marco Lessacher auf „bis zu 40 Prozent“. Doch Obacht: Für Vielfahrer, die mehr als 15.000 Kilometer im Jahr zurücklegen, muss anders gerechnet werden – für sie ist Carsharing nicht gedacht (siehe Glossar auf Seite 14). Dafür vereinfacht sich das Management des Fuhrparks insgesamt und wird flexibler, wenn sich Fahrzeugkapazitäten kurzfristig aufstocken oder abbauen lassen. In unserem Praxisbeispiel sind alle Firmenwagen mit intelligenten Telematiksystemen (mehr zum Thema ab Seite 18) ausgestattet und werden über eine Fleet-Management-Plattform verwaltet. Laut Alphabet führt das zu „spürbaren Einsparungen“ bei Instandhaltung, Abschreibung, Versicherung, TÜV und Kraftstoff. Zudem werde kein Kapital gebunden, und es gibt keine Bilanzierungspflicht für die Pkws. Die Implementierung geht zügig vonstatten, bei der Versicherungskammer Bayern waren es sechs Wochen. Die Mitarbeiter sind begeistert – zumal Volker Auf der Landwehr-Thümer neben zwei BMW 1er, zwei BMW 3er und einem Mini Clubman auch ein Mini Cabrio als „Spaßmodell“ geordert hat.

Lukrativer Markt

Vielen Betrieben fällt es jedoch noch immer schwer, passende Lösungen zu finden und umzusetzen. „Der Beratungsbedarf ist hoch“, bestätigt Ludger Reffgen aus der Geschäftsführung bei GE Capital Fleet Services. Dabei hat die Autobranche selbst großes Interesse an diesem neuen Fuhrparkmodell. So sieht etwa der Chef der Daimler Financial Services, Klaus Entenmann, im Business Carsharing eine große Chance, um im hart umkämpften Fuhrparkgeschäft zu punkten – etwa über bessere Allround-Mobilitätsangebote und gefestigte Kundenbeziehungen.

Innovationen für den Fuhrpark

Neueste Modelle und Technologien kämen zudem schneller auf dem Firmenwagenmarkt an, immerhin ein Markt mit 1,7 Millionen Fuhrparks und 4,5 Millionen Fahrzeugen allein in Deutschland. Der Arbeitskreis der Autobanken spricht übrigens schon bei einem Firmenfahrzeug von einem Fuhrpark. Ein Fuhrparkmanagement werde aber erst ab drei oder mehr Fahrzeugen benötigt. Marktpotenzial genug also für BMW, das neue Elektromodell i3 in dieser „Unternehmensmobilität der anderen Art“ zu etablieren. Ende 2014 will Hyundai folgen – und zwar mit dem neuen Brennstoffzellen-SUV ix35. Über Corporate Carsharing ließe sich das Interesse hieran prima ausloten, findet Hyundai-Chef Markus Schrick: kein finanzielles Risiko für die Firmenkunden.

Entenmann sieht seinen Zuständigkeitsbereich bei Daimler nicht zuletzt durch das betriebliche Carsharing auf dem Weg zum allumfassenden Mobilitätsdienstleister. Schon heute gehören dazu sämtliche automobilbezogenen Finanzdienstleistungen, das Management von gewerblichen Fuhrparks bis hin zu Versicherungen, Bankdienstleistungen sowie innovativen Mobilitätsservices, die er künftig noch ausbauen will. Das betrifft besonders car2go: Die Carsharing-Offerte von Daimler ist derzeit in Deutschland in sieben Städten verfügbar und mit mehr als 100.000 Kunden und 6.100 Fahrzeugen einer der größten Anbieter. „Noch in diesem Jahr werden wir das Car2go-Prinzip auf den Firmenflotten-Bereich ausweiten“, verspricht der Daimler-Manager. Laut Franz Reiner, Vorstandschef der Mercedes-Benz Bank, laufen hierzu momentan Pilotprojekte. Neben dem Smart vervollständigen vor allem Modelle der A-,B- und C-Klasse das Angebot.

Viel versprechen sich die Stuttgarter Manager auch von der Mobilitäts-App Moovel, mit deren Hilfe Geschäftsreisende via Smartphone innerhalb von Sekunden den schnellsten oder kostengünstigsten Weg von A nach B finden sollen. Je nach Verkehrslage und Position werden Mobilitätsoptionen wie car2go, Taxi, Mitfahrgelegenheit oder öffentliche Verkehrsmittel berücksichtigt. Das Einbeziehen der unterschiedlichen Verkehrsträger läuft unter der Überschrift „Integrierte Mobilitätskette“. Laut Entenmann ist die App bereits für Stuttgart, Berlin, Nürnberg und München sowie für die Rhein-Ruhr-Region verfügbar und soll das Zusammenwachsen von Fuhrpark- und Geschäftsreisemanagement beschleunigen.

Das Smartphone als Schlüssel

Sein Kollege Reiner von der Mercedes-Benz Bank macht dabei das Smartphone als eine Art Kommandozentrale aus. Darüber laufen nicht nur Mobilitäts- und Navigationsdienste. Es fungiert auch als digitaler Autoschlüssel wie in unserem Praxisbeispiel sowie als Bezahllösung. Noch dazu zeigt es neben herkömmlichen Parkmöglichkeiten auch kostengünstige Parkteilflächen an – also Firmenflächen, die zeitweise auch für öffentliches Parken bereitstehen. Das Ganze könne über park2gether laufen: eine Vermittlungsplattform, die Anbieter von Parkplätzen und Parkplatzsuchende zusammenbringt, der jüngste Servicedienst der Daimler Financial Services. In Hamburg und Berlin laufen derzeit erste Pilotprojekte. Bis das neue Angebot auch im Süden der Republik verfügbar ist, müssen sich die Mitarbeiter der Versicherungskammer Bayern also wohl noch etwas gedulden.

CORPORATE CARSHARING VON A BIS Z

Den wichtigsten Tipp zuerst: Lassen Sie sich ausführlich beraten. Wie bei den meisten komplexen Lösungen gibt es kein Standardangebot, das sich für alle Betriebe gleichermaßen eignet. Corporate-Carsharing-Firmen bieten daher meist von sich aus ein umfassendes Informationsgespräch an, um die Anforderungen und Gegebenheiten des Firmenkunden kennenzulernen: Welche Mobilitätsbedürfnisse hat er? Kann Carsharing in seinem Fall Dienstwagen ersetzen? Lassen sich Leasingkosten sparen? Die folgenden Hintergrundinfos helfen bei der Entscheidung:

Akzeptanz: In Ballungsräumen verzichten immer mehr Menschen auf eigene Autos. Bei ihnen kommt Carsharing gut an. Vor allem jüngere Autofahrer können sich mit dem Mobilitätsangebot anfreunden.

Dienstwagen: Dieser steht einem Mitarbeiter permanent zur Verfügung und muss nicht mit Kollegen geteilt werden. Das sowie das jeweilige Fahrzeugmodell und dessen Ausstattung sind ein Incentive für den Dienstwagenberechtigten. Dessen Motivation und Firmenbindung werden gefördert. Mit Fahrzeugen zum Teilen ist das nicht möglich.

Fuhrpark: Nur wenige Firmenfuhrparks sollten komplett auf Carsharing umgestellt werden. Vor allem Poolfahrzeuge, die von vornherein für gelegentliche Einsätze von verschiedenen Mitarbeitern vorgesehen sind, eignen sich aber bestens für das neue Fahrzeug-Nutzungsverfahren, die Auslastung steigt. Die private Inanspruchnahme generiert Einnahmen und drückt die Fahrzeugkosten.

Kostenersparnis: Betriebliches Carsharing ist im Vergleich zu gekauften, finanzierten, gemieteten oder geleasten Firmenfahrzeugen und deren Verwaltung um bis zu 40 Prozent günstiger – bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze zumindest.

Modellvielfalt: Eine abwechslungsreiche Mischung des Modellangebots steigert die Attraktivität von Corporate Carsharing. Bei Freizeitmobilen im Fahrzeugpool, wie zum Beispiel Cabrios oder Pick-ups, greifen Mitarbeiter ohne und mit Dienstwagen gern zu.

Pilotprojekt: Ordern Sie mindestens ein Fahrzeug für eine definierte Zeit und sammeln Sie praktische Erfahrung. Bei der Auswertung der Ergebnisse hilft Ihnen der Carsharing-Partner. Er erledigt für Sie die detaillierte Analyse, unter anderem hinsichtlich Akzeptanz, Nutzungsdauer, Fahrzeugumgang – und das meist kostenfrei.

Reservierung: Ihre Mitarbeiter buchen über das Intranet oder über die Website des Corporate-Carsharing-Partners das gewünschte Fahrzeug. Buchungen sollten rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche möglich sein.

Standort: Ein fester Standort für die Fahrzeuge auf dem Firmengelände oder auf einer Parkfläche unmittelbar davor ist ideal: Kurze Wege erhöhen die Akzeptanz bei den Angestellten und erleichtern die Fahrzeugübernahme und -rückgabe.

Verwaltung: Der Mitarbeiter gibt den Anlass der Fahrt ein – geschäftlich oder privat -, die Verbuchung der Kosten über die geschäftliche Kontenstelle oder das Privatkonto erfolgt automatisch, ebenso wie das Führen des elektronischen Fahrtenbuchs.

Wirtschaftlichkeitsgrenze: Gespart wird nur nur bis circa 15.000 Kilometer jährliche Fahrleistung. Danach kippt die Rechnung etwa zugunsten einer Leasingfinanzierung, sodass Carsharing sich für Außendienstler und andere Vielfahrer weniger eignet.

Zugang: Per Chip auf dem Führerschein oder klassisch mit dem Schlüssel lässt sich das Fahrzeug öffnen und nutzen. Beim Chip-Verfahren ist im Auto ein Lesegerät installiert. Der gute Nebeneffekt: Das Verfahren funktioniert nur, wenn der Nutzer im Besitz seines Führerscheins ist. Soll es der Autoschlüssel sein, ist ein Schlüsseldepot einzurichten.